Nachrichten

Hier im Hochland geht man nicht einkaufen, einholen oder Besorgungen machen. Hier geht man Nachrichten holen.

I am going to get messages. Ich gehe einkaufen.

Man besorgt Essen aber nicht ohne sich dabei über alles Wichtige vor Ort zu informieren. Deshalb ist einkaufen im Hochland auch eine zeitintensive Angelegenheit.

In Deutschland kauft man taktisch ein, vermeidet man Aldi wenn es geht montags und donnerstags, es sei denn man will was aus dem Angebot, dand ist man besser schon um 8 Uhr da. Man versucht sich nicht in die Kasse mit den älteren Frauen einzureihen, die nach Kleingeld suchen und es nie finden.  Man sammelt die Einkäufe so schnell es geht im Wagen, man legt sie schnell auf, man macht eben überhaupt alles schnell. Und effizient. Man hat Kühltaschen mit, andere Taschen und Körbe. Nur keine Plastiktüten. Alles schnell einpacken und los.

Das ist hier oben aber ganz undenkbar.

Der Supermarkt ist eine Dreiviertelstunde Fahrt entfernt. Mit einem Boot kann man es in einer halben Stunde schaffen. Je nach Wetter. Landschaftlich traumhaft hat ein Einkaufstrip im Hochland so gar nichts gemein mit den Fahrten zu Ali, LIDL oder real, den diversen Industriegebieten und Neubauflächen, in denen man in Deutschland seinen Wagen voll lädt.

Die meisten, die hier im Hochland einkaufen, haben eine lange Anfahrt hinter sich. Manche kommen sogar mit der Fähre von einer der kleinen Hebrideninseln. Auch sie brauchen natürlich Nachrichten. Geben und nehmen.

In meinen ersten Wochen hatte ich eine junge Frau vorgelassen, die nur ein paar Sachen besorgen wollte, nicht mehr, als sie in Händen halten konnte. Die ältere Dame an der Kasse war hocherfreut sie zu sehen und berichtete ausführlich über die Krankheiten ihres Mannes.

Ob der wohl wusste, was da so alles über ihn gesagt wurde?

Ich stand geduldig hinten dran, fragte mich aber schon, warum ich sie denn um alles in der Welt vorgelassen hatte.

Die junge Frau, wohl gerade frisch verheiratet, zählte fröhlich ihre Weihnachtsgeschenke auf. Von ihrem Mann hatte sie ein Halskettchen bekommen, das hatte sich aber mit dem Schal verheddert, den ihr ihre Mutter gestrickt hatte. Sie musste Jacke, Mütze und Schal abnehmen, um endlich das kleine Kettchen zeigen zu können. Es wurde gebührend bewundert, dann wurde die Kleidung wieder in den ursprünglichen Zustand zurück versetzt.

Ohne dass auch nur ein einziges Nahrungsmittel über den elektronischen Scanner gezogen worden wäre.

Nun packte die Kassiererin die zwei eingeschweißten Fleischwaren, die die junge Frau ihrer Familie zum Mittagessen zu servieren gedachte, liebevoll in ein weiteres Plastiktütchen ein. Dann wurde der Gesundheitszustand des Babys besprochen.

Ich begann mir nun um meinen Gesundheitszustand ernsthafte Sorgen zu machen. Würde ich vor Mitternacht wieder nach Hause kommen. Wie lange konnte ich noch stehen? Wie lange Geduld haben bevor ich mit einem gezielten Tritt gegen das Schienbein der jungen Frau mein Recht auf Kassenbeachtung einfordern würde?

Wie lange noch würden sie Nachrichten austauschen?

Gute 10 Minuten später war ich dann dran mit meiner Kühltasche, meinen Jutetaschen und der Klappbox. Und finsterer Miene.

Enjoying your holiday? Genießen sie ihren Urlaub?

Ich sah wohl nicht aus wie jemand, der Nachrichten auszutauschen hatte.

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