Hogmanay im Dorf

Die letzten Jahre war Hogmanay, das schottische Silvester, sehr ruhig gewesen hier am Loch. Die meisten sind für sich geblieben oder haben im kleinen Kreis mit der Familie gefeiert. Ich erinnere mich gerne an das erste, das der Mann und ich gemeinsam begangen haben. Im Nachbarort, der im Westen von uns liegt, wurde eine Strandparty gefeiert und wir waren mittendrin. So viel ist passiert seit diesen Tagen.

2022 auf 2023 war es dann wieder soweit beach party zu Hogmanay, dieses Mal in einem anderen kleinen Dorf in unserer Nähe. Leider war die andere Nellie über die Feiertage zurück nach Deutschland gefahren, wir hätten gerne gemeinsam gefeiert. Aber es werden auch so jede Menge Menschen da sein, die man kennt.

Der Silvestertag bricht an und es ist furchtbar kalt. In der Nacht sollen die Temperaturen auf bis zu minus fünf Grad fallen. Nur falls hier gerade jemand an Hawaii-Hemden und Flip-Flops gedacht hat. Nicht mal Caipirinhas scheinen sonderlich erstrebenswert bei solchen Temperaturen – zu viel Eis!

Winterlandschaft im schottischen Hochland @nme Abenteuer Highlands

Ich mache Glühwein und fülle ihn in die Thermoskanne. Außerdem packen wir noch unsere Thermo-Tassen in den Rucksack. Dazu ein paar Knabbersachen und Taschenlampen. Wir müssen eine halbe Stunde hinlaufen, gibt kein Licht unterwegs. Dann hole ich die Skiunterwäsche aus dem Schrank und ziehe die dicke Hose samt Strickpulli an. Drüber ein langer Daunenmantel, Handschuhe, Mütze. Ich sehe aus wie der Yeti, aber mir ist warm. Der Mann reicht mir eine Kopflampe. Ich bin bereit. Der Yeti kann im Dunkeln sehen.

Wenigstens liegt kein Schnee, denke ich, als der Mann und ich mit unseren schweren Boots durch die Nacht stapfen. Er hält die große Taschenlampe und leuchtet den Weg. Ich komme mir vor wie auf einer Höhlenexpedition. Es ist stockdunkel, wegen der geschlossenen Wolkendecke ist kein Stern zu sehen, nur von der anderen Seite des Lochs glitzern die Lichter der vereinzelten Häuser herüber. Die letzten Stunden des Tages sind kalt und still. Ich bin nachdenklich und rede nicht viel, sortiere das Jahr in meinem Kopf, das so viel Neues gebracht hat. Der Man redet auch nicht viel und so schweigen wir gemeinsam.

Das ändert sich schnell, als wie das Dorf erreichen. Schon von weitem sieht man die Flammen in den Himmel lodern. WOW, was ein bonfire, ein wirklich beeindruckendes Lagerfeuer. DieMänner haben die ganze Woche Holz gesammelt und gestapelt. Nun werfen sie ganze Äste in die Flammen. Aus Lautsprechern dröhnt Partymusik. Wir stehen oberhalb der Flutmarke, direkt an der Straße, dahinter die Häuser. Ich beobachten den Funkenflug. Mutig, denke ich. Und auf der Straße kann auch keiner mehr fahren, so nah am Feuer. Aber fahren wird hier ohnehin keiner mehr. Wir gießen uns Glühwein ein und mischen uns unter die Leute.

Direkt um das Feuer, da wo es am heißesten ist, stehen viele, die ich nicht kenne. Alle so Ende Zwanzig, Anfang dreißig, die Männer im T-Shirt, die Frauen haben die Haare gemacht und tragen Glitzer auf den Wangen. Ich rücke meine Wollmütze zurecht und plaudere mit Harriet. Sie ist zweiundachtzig und Billy hat extra für sie einen Gartenstuhl mit Tisch hingestellt. Da sitzt sie wie auf einem Thron und blickt auf das Treiben. Harriet ist vor vielen Jahren aus England hierhergekommen und hat lange ein B&B betrieben. Nun lebt sie allein in ihrem großen Haus und genießt den Blick. Obwohl, den hat man ihr genommen, seit Sue und Jim aus Somerset auf dem Grundstück vor ihr gebaut haben. Das war jahrzehntelang einfach nur weine Wiese gewesen. Nun steht ein holzverkleidetes Haus darauf und Harriet hat keine Aussicht mehr.

„Und? Wie sind die?“ frage ich neugierig.

„Nett“, sagt Harriet und lächelt schelmisch. „Leider.“

„Du meinst, du kannst ihnen deshalb nicht böse sein?“

„Genau“, sagt Harriet und sieht ins Feuer.

Das muss frustrierend sein, schließlich hatte Harriet einen großartigen Blick auf Meer und Berge von ihrem Wintergarten. Der ist nun futsch. Der Blick, nicht der Wintergarten.Sie hat nur noch einen kleinen Spalt zwischen den Häusern, durch den sie das Wasser sieht. Wenige Tage nach Hogmanay werden die neuen Nachbarn dort eine Gartenhütte hinstellen und dann ist der auch futsch.

Harriet trägt es mit all der Fassung ihrer Jahre. Sie ist trotz allen froh, hier zu sein. Wer weiß, wie lange sie das noch kann. Der Sohn lebt im Süden und hat wenig Lust, immer wieder den weiten Weg zu seiner Mutter zu machen. Mit der Schwiegertochter versteht sie sich nicht. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum sie nicht zu ihrem Sohn ziehen will. Harriet will nicht weg und liebt den Gemeinschaftssinn im Dorf.

So schaut zum Beispiel der pensionierte Schwabe jeden Morgen bei ihr auf einen Kaffee vorbei und schaut, ob sie etwas braucht. Er ist ebenfalls alleinstehend und freut sich über Gesellschaft. Und die Musiklehrerin, die mit ihrem Mann hergezogen ist, hat sie neulich auf einen Kaffee ausgeführt. Ganz spontan. Die andere Nellie bringt sie sogar zum Arzt und kontrolliert ihren Blutdruck.

Diese Nähe und Gemeinschaft hat viel für sich. Hier stürzt keiner und wird tagelang nicht gefunden. Aber es ist eben auch nicht möglich, ein Privatleben zu haben. Jeder weiß alles über die anderen. Geheimnisse gibt es nicht und Privatsphäre wird vernachlässigt.

Von der Kälte spüre ich nichts. Ich bin ja wirklich sehr warm eingepackt und der Glühwein tut sein Übriges. Vom Feuer strömen Wärme und vor allem Rauch in unsere Richtung. Die ersten überlegen schon, ob sie über das Feuer springen sollen. Ich hoffe der Verstand siegt über die Promille.

Die Tochter der Künstlerin verteilt Glitzeraufkleber an die Frauen, ihr Vater fischt im Loch.

Muscheln am Strand @nme Abenteuer Highlands

„Mögt ihr Muscheln?“ fragt er.

Der Mann nickt eifrig. Ich halte mich lächelnd zurück, weil mir klar ist, was frische gefangene Muscheln für eine Arbeit machen, wenn man sie putzen muss. Aber natürlich ist das total nett von ihm und sehr großzügig. Wenige Tage später bringt er auch tatsächlich welche vorbei, Mit einem kleinen Stückchen Schiefer, auf dem steht: Enjoy!

„Hab ich dich nicht heute Morgen hier am Wasser stehen sehen?“ frage ich ihn.

„Ja, wir waren schwimmen. Es war großartig.“

Ich nehme noch einen Schluck Glühwein und schüttle mich. Aber nur innerlich. Aus mir wird keine Wildwasserschwimmerin mehr werden.

Kurz darauf lerne ich einen jungen Dänen kennen. Er ist in die dreißig Minuten entfernte Kleinstadt gezogen und sucht nach einem Job. Irgendwas mit Computern sagt er. Ich halte nach dem Mann Ausschau, der ist dafür der richtige Ansprechpartner. Doch den kann ich im Getümmel nirgendwo finden. Ich lasse mir die Nummer des Dänen geben und verspreche, dass sich der Mann mit ihm in Verbindung setzt. Wir trinken gemeinsam jeder eine Dose Martini mit Passionsfrucht, was nach all dem Glühwein jetzt auch egal ist.

Es ist ein tolles Silvester und um Mitternacht wird geherzt und geküsst. Dann ertönen die bewegenden Klänge eines Dudelsacks aus dem Lautsprechern. Wie schön wäre es, wenn wir einen hätten, der live spielt. Aber auch aus der Konserve ist es ergreifend und ich gehe mit einer kleinen Träne im Auge ins neue Jahr. Es ist so schön.

Und was wünscht man sich so in Schottland at the bells, also wenn die Glocken läuten, um Mitternacht?

Lang may yer lum reek!

Möge dein Kamin lange rauchen. Das bedeutet im Grunde „Mögest du ein langes Leben in Wohlstand führen“, wahrscheinlich ist der Spruch der Grund, warum die Schotten an Silvester traditionell ein Stück Kohle zu den Nachbarhäusern mitnehmen. Damit dort die Kamine lange rauchen können.

Schatten über Skiary, patrone und Wisky @nme Abenteuer Highlands

Zwei Tage danach treffe ich Harriet bei einem Spaziergang. Sie sieht ein wenig blass um die Nase aus und ich bitte sie, sich bei mir einzuhaken, damit ich sie die paar Meter nach Hause bringen kann. Es liegt Schnee auf der Straße und dem Stück Gehweg vor ihrem Haus und ich habe Sorge, dass sie ausrutscht. Harriet dagegen treiben ganz andere Gedanken um.

„Mit so frischem Schnee haben wir früher immer eine Schneeballschlacht gemacht“, sagt sie wehmütig.

Ich schaue sie an und nicke. Dann gehe ich in die Knie und forme mit dem Schnee, den ich greifen kann einen wunderschönen Schneeball.

„Hier, bitte schön, Harriet. Den kannst du sehr gerne nach mir werfen.“

Sekunden später haben ich den Schneeball im Gesicht.

Und so eröffnet eine wilde Schneeballschlacht mit einer Zweiundachtzigjährigen das Jahr 2023.

Brückentage

Skye Bridge from Kyle of Lochalsh @nme Abenteuer Highlands

Es gibt durchaus einige Konzepte, die ich dem Mann nicht so wirklich vermitteln kann. Da gehört zum Beispiel auch der Brückentag dazu, denn so etwas gibt es in Schottland schlicht und einfach nicht.

Für mich gibt es Brückentage ebenfalls nicht, weil ich oft an Feiertagen und den Wochenenden arbeiten muss. Aber nun, an Fronleichnam, habe ich auch mal einen Brückentag gemacht und damit vier wunderbare kleine Urlaubstage geschaffen. Wieso habe ich das nicht früher schon mal versucht? Einfach mal frei machen! Herrlich!

Gerade im Mai und Juni fallen ja so einige Feiertage auf Donnerstag und dann gibt es eben Freitag den Brückentag. Das ist ein Konzept, das dem Mann völlig fremd ist. Er hat so gut wie keine klassischen Feiertage und wenn er mal welche hat, dann verstecken sie sich meist in den Wochenenden. Aber da gibt es im Vereinigten Königreich ja die wunderbare Variante des Ersatzfeiertags, auch Bank Holdiday Day genannt, weil da die Banken geschlossen haben.

Fällt ein Feiertag auf ein Wochenende, dann schauen die Deutschen blöd aus der Freizeitwäsche, während die Schotten sich verlässlich auf einen freien Montag freuen können. Damit haben sie immer ein verlängertes Feiertags-Wochenende?

Seit die Regierung 1871 mit dem Bank Holiday Act den Banken erlaubte, an einem Montag zu schließen, hat der Mann seine Feiertage gesetzlich zugesichert. Außerdem sind die Feiertage oft nicht mehr christlich, sondern haben einen anderen Anlass. Oft wurden in den wirtschaftlichen Zentren wie Glasgow oder Lanark Feiertage geschaffen, die man dann auf die christlichen legte, zum Beispiel der Glasgow Fair, der Glasgower Messe bzw. dem Glasgower Markt, den es seit dem 12. Jahrhundert gibt und bei dem die Schüler in Glasgow frei bekommen.

Schottland hat viele andere Feiertag als England, zu anderen Zeiten und mit anderem Gewicht. So ist Weihnachten hier von untergeordneter Bedeutung, das hatte schließlich Queen Victoria durch ihren Ehemann von Deutschland nach England importiert. Für die Schotten ist Hogmanay, also Silvester, ein viel bedeutenderer Feiertag als Weihnachten und der 2. Januar ist hier ebenfalls frei und damit so eine Art verlängerter Ausnüchterungstag für die Schotten, die die Neujahrsfeierlichkeiten damit auf drei Tage ausweiten können.

Und den letzten Montag im Mai haben sie auch frei, während wir uns am 1. Mai mit Leiterwägen belustigen.

Betrachtet man aber die Brückentage, dann wir Deutschen im Vorteil, denn wir haben nicht nur einen Tag länger frei, wir können uns durch einen Urlaubstag ganze vier freie Tage erkaufen. Dumm nur, dass diese Tage niemals mit den schottischen synchronisierbar sind.

Es sei denn, ein Deutscher oder eine Deutsche heiratet ins Königshaus ein, so wie einstmals Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha. Der brachte der Insel Weihnachten, der oder die nächste Deutsche vielleicht Feiertage an Donnerstagen. Wär das nichts? Also mehr Brücken kann ich den deutschen Adelshäusern nun wirklich nicht bauen!

Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf!

Nach den ersten Erfahrungen mit den Highlands habe ich das erste Buch geschrieben: Abenteuer Highlands – mein etwas anderes Leben im schottischen Hochland. Damals noch ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es vielleicht mehrere geben könnte. 

Die Jahre gingen ins Land und die Abenteuer wurden nicht weniger. Deshalb, und weil ich immer wieder gefragt wurde, ob es nicht bald einen zweiten Teil von Abenteuer Highlands gäbe, habe ich ihn geschrieben. Abenteuer Highlands 2.0 – zwischen Schwarzwald und Schottland – alles, was ein Doppelleben in zwei Ländern aufregend und erzählenswert macht. 

Nun ist Abenteuer Highlands offiziell eine Serie und der nächste Band Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf! seit Oktober 2023 als Taschenbuch und eBook bei Amazon verfügbar. 

Nellie Merthe Erkenbach

Frohe Weihnachten und ein gesundes und glückliches 2020

Liebe Leser,

ich möchte mich nicht in die Feiertage verabschieden ohne euch allen ein herzliches Dankeschön zu sagen: Ihr seid toll und euer Feedback ist die beste Motivation, die man haben kann, um zu schreiben!

Gras vereist

 

Habt ein wunderbares Weihnachtsfest und entspannte Feiertage, lasst es krachen an Hogmanay und behaltet Schottland im Herzen. Genau so, wie es Robert Burns geschrieben hat in dem traditionelle Lied Auld Lang Syne (Der alten Zeiten wegen), das alle Schotten zur Jahresende anstimmen, der alten Zeiten wegen.

Should auld acquaintance be forgot,
and never brought to mind?
Should auld acquaintance be forgot,
and auld lang syne?

For auld lang syne, my jo
For auld lang syne
We’ll tak’ a cup o’ kindness yet
For auld lang syne

Loch Long

Ich wünsche euch allen viel Gesundheit und dass die Sehnsucht nach Schottland nicht unerfüllt bleibt. Passt auf euch auf und denkt daran, hinter jedem Schatten scheint die Sonne!

Nellie

 

 

Frohes Neues Jahr!

Ich wünsche Euch ein gesundes, glückliches und abenteuerliches 2019.

Vielen Dank für Eure Zeit, das Feedback und die vielen guten Rezensionen zu „Abenteuer Highlands“.

Nellie Merthe Erkenbach Abenteuer Highlands

Ich habe 2018 zwei Bücher veröffentlicht und gerade mit dem nächsten angefangen.

Bliadhna Mhath Ùr!

Ich freue mich auf ein weiteres Jahr mit Euch.

Nellie

Hogmanay

Hogmanay ist kein Spass. Schliesslich ist Hogmanay der höchste Feiertag, den die Schotten zu bieten haben. Die Bedeutung auf der nationalen Feiertage-Wichtigkeitsskala war immer schon am höchsten. Da kann Weihnachten nicht mal ansatzweise mithalten. Denn ist der Geschenke- und Weihnachtskartenwahn erst mal überstanden und die Papierkronen wieder weggepackt, dann kann man sich umgehend auf die wahrhaft wichtigen Tage im Jahr vorbereiten: auf Hogmanay.

Silvester oder Neujahr, wie man will. Drei Tage Ausnahmezustand im Land und vor allem auf dem Land. In grossen Städten wie Edinburgh, Glasgow oder Stirling krachen wie überall viel Feuerwerk und Böller, dröhnt Entertainment von gigantischen Bühnen mit große Menschenansammlungen davor.

Davon ist man im Hochland weit entfernt. Grosse Menschenansammlungen sind hier schlichtweg auch viel schwerer zu bewerkstelligen. Man findet sich im kleinen Kreis zusammen.

Und die Bräuche sind ganz anders, als i Deutschland.

Keiner stösst hier stilvoll mit Champagner an. Ist teuer, schwer zu bekommen und außerdem – wer hat schon die Gläser für so was im Schrank. Ich streiche also das perlende Festgetränk von einer mentalen Silvesterliste und arrangiere mich mit Bier, Wein und Whisky. Das „was“, ist in diesen drei Tagen nicht so wichtig. Das wieviel ist eher eine Frage, die diskutiert werden will. Im besten Fall heißt die Antwort immer „Viel.“.

Statt Feuerwerk wird an trockenen Jahreswechseln, also solchen mit mäßigem Niederschlag, böigem Wind und leichten Schneeschauern, gerne mal ein Lagerfeuer entfacht. Das ist überall am Strand erlaubt. In Jahren mit feuchten Jahren, also solchen mit Platzregen, Orkanböen und Blitzeis lässt man es meist ausfallen.

bonfire

bonfire

Das Feuer knistert und wärmt in der stockdunklen Winternacht, die viel schwärzer ist, als in der Stadt. In der Romantik des Festgeschehens vergisst man gerne, dass der eine Nachbar einen Kanister Diesel über dem alten und feuchten Holz ausgekippt hat, um es zu entzünden und daß der andere Nachbar zwei Altreifen auf dem Silvesterfeuer entsorgt hat. Bedenken über giftige Gase werden mit einer Handbewegung lächelnd weggewischt. Bald ist ohnehin jeder so betrunken, daß er das brennende Gummi gar nicht mehr riecht.

Fällt die Neujahrsnacht im Freien flach, dann ist mit dem Glockenschlag („at the bells)“ die Sunde des grossen, gutaussehenden und gehemnisvollen Fremden gekommen. Er sollte die erste Person sein, die im neuen Jahr die heimische Schwelle überschreitet (“first footing“). Man darf da natürlich auch schummeln und kurz vor zwölf jemand Dunkelhaariges aus der Familie in die Kälte schicken, der dann nach Mitternacht wieder reinkommen darf. Allerdings muß er dann ein paar Kohlen in der Hand haben und die im Haus ins Feuer werfen, das soll Glück und Reichtum bringen. Die Frage, wie das in Haushalten ohne Kaminofen oder Kamin gehandhabt wird, konnte bislang noch nicht zu meiner Zufriedenheit beantwortet werden. Vermutlich werden in den Städten am 1. Januar die Fenstersimse voller Kohlen liegen.

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Und zu essen? Unsere Nachbrarin macht eine Art süßen Knödel, den „clootie dumpling“, der unfassbar süß ist und den ganzen Tag in ein Tuch (“clootie“ kommt von „cloth“ also Tuch) eingewickelt im Topf vor sich hinköchelt. Rosinen, Butter und Zucker im Überfluß, gefühlte 5.000 Kalorien das Stück. Danach braucht der Magen dringend einen Whisky womit wir wieder bei dem „viel“ und der Frage sind, was Hogmanay denn nun wirklich ausmacht. Es gibt letstlich nur eine Antwort: viel trinken.

Die Tatsache, dass die Schotten nicht nur vom 31. auf den 1. feiern, sondern bis zum 2. den Jahreswechsel auskosten, die sagt doch alles.

Slainte! (Prost!) Whisky