Schottland Foto Challenge – Isle of Skye von Britta Dicken
Schottland und das Wetter
Jeder, der sich länger als fünf Minuten mit Schottland beschäftigt hört oder liest den Spruch: Gefällt Dir das Wetter nicht, warte ein paar Minuten. Oder alternativ: Nur in Schottland gibt es alle vier Jahreszeiten an einem Tag!
Bisher haben wir immer darüber gelächelt. Ja, ab und an hat uns auch mal ein Regenschauer überrascht, sogar Hagel haben wir schon abbekommen und danach direkt wieder Sonnenschein. Aber nichts, wirklich nichts hat uns auf die paar Tage im April 2017 auf der Isle of Skye vorbereitet. Ja, ich weiß auch, April ist jetzt nicht die bevorzugte Reisezeit für Schottland. Aber wir hatten ein Ziel vor Augen: Eine Woche auf der Isle of Skye und zwei Tage davon mit einem Fotoworkshop zur Langzeitbelichtung mit einem preisgekrönten Fotografen. Der Workshop war toll, das Wetter war halt typisch schottisch durchwachsen. Angenehme 10 Grad, konstant ein leicht eisiger Wind und ab und an Sonne. Es hätte schlimmer kommen können, haben wir uns gedacht! An den Fairy Pools hingen die Wolken schön tief und gaben eine grandiose Kulisse für unsere Versuche der Langzeitbelichtung. Die Ergebnisse sind nicht perfekt, aber ich bin damit sehr zufrieden!
Nach dem Workshop wollten wir die Insel auf eigene Faust erkunden. Der Himmel war bedeckt (wann ist er das mal nicht auf Skye), aber bis auf ein paar verirrte Regentropfen, war alles in bester Ordnung. Ein leichter Graupelschauer überraschte uns auf der Columba’s Isle, einer kleinen Friedhofsinsel mit einigen außergewöhnlichen Grabsteinen. Mehr im Gedächtnis geblieben sind uns allerdings eher die Wachgänse auf der Straße zur Insel, die lautstark jeden unserer Schritte kommentiert haben und versucht haben, uns durch den Zaun zu beißen. Wer braucht Hunde, wenn er Gänse hat!
Von dort aus sind wir ins wunderschöne Fairy Glen gefahren. Eine verwunschene Landschaft … schöner, als sie jedes Bild wiedergeben kann! Überrascht hat uns allerdings die Schneekuppe auf der Trotternish Ridge. Unser Host hatte uns zwar erzählt, dass es in der vergangenen Nacht geschneit hätte, aber bisher hatten wir davon nichts gesehen. Uns erwartete ein ausgedehnter Spaziergang bei strahlendem Sonnenschein und einem eisigen und starken Wind! Aber der Kampf gegen die Sturmböen hat sich gelohnt. Ich weiß nun auf jeden Fall, warum dies das Tal der Feen ist!
Doch wir wollten an diesem Tag noch weiter. Duntulm Castle, die Ruine auf dem Felsen ganz am nördlichen Ende der Insel ist nicht so sehenswert. Aber die kleine Bucht ist ein Traum. Wir waren bereits vor Jahren dort und wollten uns unbedingt nochmals in Ruhe umschauen. Doch je weiter wir nach Norden fuhren, auf der einzigen Straße dort oben im Nirgendwo, desto kälter wurde es. Gefühlt mit jedem Kilometer sank die Temperatur um ein weiteres Grad und plötzlich wurde aus dem leichten Nieselregel ein leichter Graupelschauer und aus dem Graupelschauer wurde Schnee. Erst nur kleine Flöckchen, dann immer größere und im Nu war die Straße kaum mehr zu erkennen. Ohne Begrenzungen, wofür auch, fahren hier wahrscheinlich am Tag keine drei Autos lang, war das gar nicht so ungefährlich. Schlimmer jedoch waren die Schafe. Schafe? Schlimm? Ja, spätestens dann, wenn sie so zugeschneit sind, das man sie kaum sehen kann, was sie natürlich dennoch nicht davon abhält mal eben über die Straße zu laufen.
Gesehen haben wir Duntulm Castle im dichten Schneetreiben nicht und sind gaaaaaanz langsam weitergefahren. Ab Portree war der Spuk übrigens wieder zu Ende. Der Schnee hielt sich noch ungefähr eine Stunde auf der Straße, dann war auch schon wieder geschmolzen und die Temperatur pendelte sich wieder auf schnuckelige 10 Grad ein. So im Nachhinein hört sich das ganz witzig an, aber selbst mit Winterreifen haben wir Blut und Wasser geschwitzt! Wenn wir es nicht selbst erlebt hätten, würden wir es wahrscheinlich heute noch nicht glauben.
Doch schon der nächste Morgen war außergewöhnlich! Strahlend blauer Himmel, Sonne satt und schneebedeckte Bergkuppen! Ein Traum-Wetter zum Fotografieren. Ich glaube, an keinem anderen Tag haben wir so schnell gefrühstückt wie an diesem Morgen! Wir wollten einfach nur raus und es war einfach gigantisch. Wir sind den ganzen Tag über die Insel gefahren. Haben mal hier gehalten, mal dort eine Pause gemacht und uns so langsam unserem Wunsch-Ziel des Tages genähert: Elgol.
Elgol ist ein verschlafenes Nest an einem kleinen Hafen. Alleine die Anfahrt ist schon außergewöhnlich. Die Straße ist so eng und so steil, dass selbst mein Alpenerfahrener Mann mit sehr viel Bedacht gefahren ist. Die Aussicht vom Hafen lohnt die Mühe aber auf jeden Fall! Ein Traum! In einer leichten Jacke haben wir den Strand erkundet und einen Adler verfolgt. Leider ist der so hoch geflogen, dass selbst mit dem großen Tele auf dem Bild nur ein Umriss zu sehen ist. Erst als wir ihn aus den Augen verloren haben, haben wir entdeckt, was da plötzlich auf uns zukommt. Dicke, dunkle, bedrohliche Wolken hatten sich am Sgùrr Alasdair aufgetürmt und kamen in einer rasenden Geschwindigkeit über die Bucht auf uns zu. Wir haben es mit Mühe und Not so gerade ins Auto geschafft, bevor einen kleines Unwetter über uns hereinbrach. Zwischen den beiden Fotos liegen übrigens knapp 30 Minuten! So viel dann zu dem schnell wechselnden Wetter in Schottland. Schneller geht es nirgendwo
Die Woche auf Skye war auf jeden Fall ein echtes Erlebnis und das Wetter zum Fotografieren ein Traum und Albtraum zugleich. Ach ja, das Unwetter war übrigens nach gut 10 Minuten wieder vorbei und die Sonne strahlte wieder vom Himmel. Ganz nach dem Motto: Warte ein paar Minuten, dann gefällt Dir das Wetter wieder.
Einmal mehr wunderbare Fotos. Vielen Dank dafür und dass du dir die Mühe gemacht hast, uns diese Geschichte zu schreiben. Natürlich gebe ich die völlig recht, die Isle of Skye ist auch im Winter wunderschön. 😊 LGN
Schottland Foto Challenge – Andys Liebe zu Schottland
Liebe Leser,
hier kommt Andys zweiter Teil, ihr habt bestimmt schon darauf gewartet. Viel Spaß damit!
LGN
Die folgenden Jahre bin ich dann auf verschiedene Art und Weise nach – und durch Schottland gereist, mal mit Wohnmobil (9 m lang und 4,20 hoch ist definitv nichts für die Highlands, mal mit Wohnwagen (auch zu groß mit 10 m Länge zzgl. 5 m Auto – da findet man ja zum Teil keinen Campingplatz – „Oh my god, what is this?? Are you kidding me?“) und dann lieber mit gemieteten Ferienhäusern, von wo ich aus die jeweilige Gegend erforscht habe.
Eine Reihe dieser Bilder sind hier sehen, oft natürlich bekannte Plätze, aber trotzdem immer wieder wunderschön.
Ich habe Schottland die folgenden Jahre zu allen Monaten und Jahreszeiten bereist und sogar das schottische Wetter lieben gelernt. Das Essen in den Restaurants und Pubs hat sich über die Jahre deutlich verbessert, man hat gelernt, dass man mit erstklassigen Lebensmitteln auch gutes Essen machen kann.
Sogar das Bier hat sich verbessert, aus dem faden, spülwasser-ähnlichen Gebräu – sowohl vom Geschmack als auch vom Alkoholgehalt her – haben sich wahre Kunstwerke entwickelt.
Und vor 6 Jahren habe ich sogar meine Leidenschaft für Whisky entdeckt.
Mit Spontanität nach Schottland – von April bis September – zu schönen Plätzen war allerdings die letzten Jahre nicht mehr möglich, man musste zum Teil ein Jahr im Voraus buchen, was allerdings nicht immer so einfach ist. Immer mehr Menschen haben dieses Land für sich entdeckt und alles belegt…
Vor zwei Jahre habe ich – nachdem ein gemietetes Feriencottage mal wieder fototechnisch zwar sehr gut angeboten wurde, aber in der Realität blanker Horror war – spontan ein älteres Cottage zwischen Lochgilphead und Oban fest angemietet. Ich war eh 2-3 mal im Jahr dort und durch das gemietete Haus war ich jederzeit in der Lage mit Handgepäck (voll mit deutschem Brot – da hat sich nichts verbessert) ein paar Tage zu verschwinden.
Auch wenn es – trotz Ofen und Heizlüfter – draussen wärmer als drinnen war und ich dank eines undichten Daches im Bad auch ohne den Wasserhahn abzudrehen duschen konnte – so hatte ich endlich meinen eigenen Platz in meiner Herzensheimat.
Letztes Jahr hat mir dann mein damaliger Vermieter mitgeteilt, dass er das Cottage und seine Wohnung in Glasgow verkaufen würde um nach Irland zu ziehen (Wie kann man nur? Mal dort Urlaub zu machen ist ja ok, aber von Schottland weg??).
Da ich nicht wusste, ob ich dort dann weiter wohnen können würde, war das der Anlass mir etwas neues zu suchen. Und – nach anfänglichen Problemen – fand ich dann tatsächlich meinen Traum in dieser Gegend, nur 8 km weit weg bei Crinan, modern, warm und mit Blick aufs Meer. Und mit Glasfaserinternet!!! in der Nähe eines Dorfes mit 74 Einwohnern (75 – wenn ich dort bin).
Die Pandemie der letzten Wochen hat ja gezeigt, dass man – wenn man Glück hat – auch vom Homeoffice gut arbeiten kann und das ist halt dann 2000 km weit weg vom Büro….
gut und böse
Es ist die Zeit der Corona Krise und Schottland zum Zufluchtsort vieler geworden, die Angst haben sich da, wo sie leben, mit dem Virus anzustecken. Nicht jeder lebt so sicher wie wir hier in den Highlands, die jedem die Möglichkeit geben, Raum zu schaffen zwischen sich selbst und anderen Menschen.
An der Westküste und im Inneren der Highlands empfinde ich die Zahl derer, die sich hierher zurückziehen als sehr groß. Weil die meisten Campingplätze geschlossen haben, campen die Corona-Flüchtlinge wild und hinterlassen manchmal leider auch eine Verwüstung auf den Ausweichbuchten der Single Track Roads und an den anderen Stellplätzen. In Gegenden, in denen man tatsächlich auch auf etwas Grün sein Zelt aufschlagen kann, riecht es inzwischen oft unangenehm. Es gibt so gut wie keine öffentlichen Toiletten und die wilden Camper erledigen offensichtlich ihre Geschäfte direkt vor Ort.
Ganz besonders ist mir das am Loch Loch Duntelchaig aufgefallen, wo normalerweise viele Angler den Tag verbringen. Nun sind die Camper da und man riecht sie. Ich kam an einem dieser aufgemotzten Opel Corsa mit auswärtigem Kennzeichen vorbei, da räkelte sich gerade ein junger Kerl im Versuch aufzuwachen. Um das Auto herum lagen ein halbes Dutzend Plastiktüten voll mit Müll. Prima dachte ich. Wenigstens nehmen sie ihren Müll mit. Als ich am Nachmittag nochmals vorbei komme sehen ich einen großen verbeulten Camper mit Kanu auf dem Dach an der Stelle parken. Im Cockpit hat der Fahrer eine Reihe knöcherne Tierschädel gelegt, die hat er wohl gefunden. Am Beifahrersitz lehnt eine große Schaufel. Wahrscheinlich seine mobile Toilette. Sieht alles in allem mehr nach Aussteiger als nach Camper aus.
Ein groß gewachsener Endzwanziger mit langen Rasta Haaren klaubt die Tüten zusammen, die die jugendlichen Engländer zurückgelassen haben. Sie hatten wohl keinen Bock mehr auf Entsorgung.
„Räumst du anderer Leute Müll weg?“ frage ich den Rastamann.
Er nickt: „Dieses Land ist viel zu schön, um es so zu verschandeln. Ich muss sowieso noch zum Supermarkt. Da werfe ich es ein.“
„Du willst gar nicht hier campen?“
„Nein, ich wollte nur sauber machen,“ sagt er und sein australischer Akzent ist unüberhörbar.
Als ich ein paar Minuten später mit dem Auto nochmal an derselben Stelle vorbei komme, spielen drei Kinder da, wo eben noch der Müll lag. Ihre Eltern schauen zufrieden hinaus aufs Wasser.
Schottland Foto Challenge – Edinburgh und Inchcolm von Britta Dicken
Edinburgh und Inchcolm im Herbst
Die bevorzugte Reisezeit für Städtereisen ist sicherlich der Frühling. Aber wir waren von unserem ersten Schottland-Besuch so begeistert, dass wir direkt im gleichen Jahr noch ein verlängertes Wochenende in Edinburgh drangehangen haben.
Im Oktober ist Edinburgh sehr schön. Es ist nicht so voll, das Wetter ist … schottisch und die Leute sind entspannt, denn die Festivalsaison liegt hinter ihnen. Wir haben die drei Tage in vollen Zügen ausgenutzt und haben die Stadt zu Fuß erkundet.
Das absolute Highlight war jedoch ein spontaner Ausflug zur Isle of Inchcolm. Mit dem Bus geht es von Edinburgh aus nach South Queensferry und dann mit einem kleinen Boot weiter. Das Wetter ist für einen Bootsausflug eigentlich nicht geeignet, aber drinnen sieht man so wenig. Also, Kapuze auf, Taschentuch zum Reinigen der Linse griffbereit in die Tasche und Zähne zusammenbeißen.
Die Isle of Inchcolm ist heute unbewohnt und liegt mitten im Firth of Forth, der Meeresarm, der sich bis weit ins Landesinnere erstreckt. Sie soll angeblich schon von den Römern genutzt worden sein, aber das für uns Interessante ist die Ruine des Klosters. Ihr sichtbare Geschichte beginnt um 560 herum, als der irische Mönch Columba von Iona die Insel besuchte. Aus dieser Zeit soll auch das steinerne kleine Gebäude stammen. In dieser Einsiedelei lebte um 1123 ein Mönch, der Alexander I. und seinen Begleitern nach einem Sturm Obdach gewährte. Alexander I. versprach ein Kloster zu gründen, doch erst ein Jahr später konnte sein Bruder und Nachfolger, David I., dieses Versprechen erfüllen.
Erst bestand die Kirche nur aus einem kleinen Schiff mit einem kurzen Chor. Bereits um 1200 wurde der Chor mit einem Turm gekrönt und ein neuer Chor angebaut. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde dann das achteckige Kapitelhaus mit zwei Stockwerken erbaut. Die Abtei wurde immer wieder erweitert, so dass schließlich das gesamte Erdgeschoss als Kreuzgang genutzt werden konnte. Erst zu Zeiten der Reformation wurde die Abtei aufgelöst.
Dank ihrer abgeschiedenen Lage ereilte sie jedoch nicht das Schicksal vieler anderer aufgelöster Abteien. Sie wurde nicht als Steinbruch genutzt, so dass die Ruine in einem sehr guten Erhaltungszustand ist.
Erst zu Zeiten des Ersten und zweiten Weltkrieges wurde die taktische Lage der Insel wiederentdeckt und einige Geschützstände zur Verteidigung der Küste auf ihr montiert. Auch diese Überreste sind heute noch zu sehen, doch für uns waren sie nicht so interessant.
Viel interessanter ist jedoch, dass sich auf der Insel auch Brutkolonien von Möwen und Eissturmvögeln befinden. Daher ist ein Großteil der Insel für Besucher nicht zugänglich, um die Vögel nicht bei der Brut zu stören. Zudem tummeln sich, so wie gefühlt auf jedem Felsen im Firth of Forth, auch einige Robben rund um die Insel. Einige davon haben uns die Wartezeit bis zur Ankunft unseres Bootes versüßt. Leider hatte ich damals nur eine kleine Kompaktkamera ohne nennenswerten Zoom, aber erfreut habe ich mich dennoch an ihnen und ihren Spielen im Wasser!
Wer also in der Ecke ist und einfach mal dem Großstadttrubel entfliehen möchte, der sollte sich überlegen, ob die Isle of Inchcolm nicht ein Besuch wert ist Ich würde sagen: Auf jeden Fall!
Und wir auch liebe Britta. Vielen Dank für die großartigen Fotos! Auch wenn du viel mehr geschickt hast, als die 5 für den Wettbewerb erforderlichen. 😉 Dafür perfekt mit Text und Recherche. Das gibt von mir ein extra Like. 👍 LG Nellie
Teppich-Matrosen aus dem Fachhandel
Neulich nachts musste ich mal und machte mich auf dem Weg ins Badezimmer.
„Komisches Geräusch.“ denke ich und öffne die Tür, um Sekunden später plötzlich hellwach und völlig durchnässt vor einer großen Frage zu stehen.
„Was zum Neptun ist hier los?!“
Wir haben einen Wasserrohrbruch und das eiskalte Wasser schwappt schon in den Flur. Ich wecke den Mann, der dreht das Wasser ab, setzt sich die Kopflampe auf und sucht Werkzeug im Schuppen. Ich wische derweil eimerweise Wasser auf. Am nächsten Morgen kommt ein befreundeter Installateur und bringt uns Abklemmschrauben, die neuen Leitungen kommen tags drauf von Amazon.
Nachdem alles getrocknet ist, ist klar, der Linoleumboden muss erneuert werden. Wir fahren also am Wochenende nach Inverness zum Fachbetrieb für Bodenbeläge und finden schnell, was wir suchen. Weil ich mir nicht sicher bin, ob die Rolle in den kleinen Panda passt, frage ich vorsichtshalber nach, ob sie auch liefern?
„Klar.“ sagt der Verkäufer und stellt eine kleine Frage, die bei mir große Wirkung erzielt.
By boat?
Ich sehe ihn vor mir, den schwimmenden Teppich Händler, das stolze, weiße, Boot, das majestätisch in den Meeresarm vor unserem Haus gleitet. Die Möwen rufen und der Mann rudert hinaus durch türkisblaue Wellen und lädt kostbare Seidenteppiche und duftendes Echtholzparkett in sein Boot. Teppich-Matrosen winken mir von Deck aus zu. Ich stehe an der Mole, den Wind im Haar und die Kreditkarte in der Hand.
Ja, so muss er sein, der Teppichkauf. Ob der Kapitän zum Kassieren kommt?
No, we live on the mainland. antwortet der Mann, nichtsahnend von meinem Bootsfantasien. Nein, wir leben auf dem Festland.
Puff!
Der Traum ist futsch.
„Ah gut, das macht es billiger,“ erwidert der Teppichverkäufer, der auch nicht ahnt, was ich gerade für ein Kopfkino hatte.
Natürlich liefern die Bodenbeläge per Boot nur auf die Inseln. Zu uns käme ein schnöder Transporter. Da zwänge ich mich doch lieber neben die Linoleumrolle auf den Beifahrersitz. Wenn ich das Fenster aufmache und die Augen schließe, kann ich das Meer riechen. Immerhin!
Schottland Foto Challenge – „On The Road“ von Antje Babendererde
bodenständig wandern in Schottland
Ich liebe ja diese Wanderbeschreibungen in denen ein (meist männlicher) Held alleine oder in Begleitung seiner treuen Hunde (selten mit Partnerin, was möglicherweise bereits Aussagekraft besitzt) die schottische Wildnis mühelos bezwingt und sich Karten deutend und Kompass schwenkend durch die Gefahren der Highlands navigiert, während er mit freundlicher Herablassung auch gerne den weniger berufenen Wanderern zu Seite steht und sich als vertrauenerweckende Führungsperson erweist, hinter dem es sich unwissend aber sicher hertrotteln lässt.
Das ist mir zuviel Expertentum!
Ich will einfach nur die Bewegung in der schönen Natur genießen, deshalb wandere ich in den Sommermonaten auch nie auf den ausgewiesenen Wanderrouten, folge keinem Wanderführer, lasse meine kleinen Büchlein mit den Tipps stecken, und suche auch nicht im Netz nach Wanderanleitungen, denn überall da, wo Menschen gerne von ihren Erlebnissen berichten, sind eben Menschen, die alle auch genau diese Erlebnisse haben wollen, meist ziemlich viele und dann ist es mit dem Natur genießen für mich eben nicht mehr so schön, wie ohne sie. Ich mag die Highlands am liebsten still und verlassen.
Ich möchte auch keine Gipfel erklimmen, von denen ich dann erzählen und die ich zählen kann. Damit könnte ich mich mit anderen erfolgreichen Wanderern messen, aber das würde mir so gar keinen Spaß machen. Das ist was für Gipfelzähler, die haben ihre Errungenschaften gut dokumentiert. Ich habe allenfalls einen Ordner für die Fotos, die ich gemacht habe. Mir geht es um die Zeit in der Natur, nicht um Kilometer, Gipfel oder andere Elemente mit deren Hilfe man sich mit anderen messen kann.
Gipfelzähler und Dosenspaghetti
Ich möchte auch nicht tosende Gebirgsbäche durchqueren oder über Felsgrate balancieren oder vor lauter Matsch auf dem Weg nicht mehr sehen, wo ich eigentlich hinlaufe. Ich möchte auch nicht wie die Fernwanderer tagelang unterwegs sein, mich in Seen waschen und Dosenspaghetti essen.
Ich bin ein Flachwanderer, ein Straßenwanderer, ein Alleinwanderer, der die Sonne auf dem Gesicht mag, gerne Sandwiches auf einem Stein sitzend isst und sich mit Schafen unterhält. Ich rieche an Blüten, höre den Wildgänsen beim schnattern zu oder grusle mich über Knochenfunde, die irgendein Jäger hinterlassen hat.
Mein Ziel, ist der Weg.
Schottland Foto Challenge – Coast-to-Coast im September von Britta Dicken
Das unwiderstehliche Schottland
Was macht man, wenn man schon länger als ein Jahr nicht in Schottland war und furchtbare Sehnsucht hat? Genau, man kratzt seine letzten Urlaubstage zusammen und plant mal eben einen kleinen Urlaub. 10 Tage, davon je ein einer der für An- und Abreise mit der Fähre draufgeht. Nun, da bleibt einem der weite Weg in die Highlands versperrt, wenn man nicht den ganzen Tag nur im Auto sitzen möchte. Also haben wir Ziele gesucht, die in halbwegs erreichbarer Nähe liegen und haben eine Coast-to-Coast-Tour gemacht. Im September!
Was soll ich sagen! So einen schönen und entspannten Urlaub hatten wir bis dahin in Schottland noch nicht gemacht. Wir hatten kurze Tagesstrecken zu bewältigen und haben Plätze gesehen, von denen man in der Regel nur recht selten hört. Häufig waren wir alleine unterwegs. Manchmal gar die ersten und einzigen Besucher an einem Tag. Wie immer haben wir dabei nette Menschen getroffen und viel erlebt.
Besonders schön war der Besuch von Dirleton Castle and Gardens. Die Pracht der Gärten kann ein Fot nicht wiedergeben, aber dieses Bollwerk an Burg, das konnten wir auf die Speicherkarte bannen. Für mich immer noch eines meiner persönlichen Highlight- und Best-of-Fotos, obwohl ich damals nur eine kleine Kompaktknipse dabei hatte. Aber an diesem Foto sieht man, auch mit kleinem Werkzeug kann man schöne Fotos machen. Die ganze Anlage ist übrigens sehr sehenswert! Der Garten ist toll und wirkt das Castle von dieser Seite so bedrohlich, sie sieht es mit der Zugbrücke von der anderen Seite ganz anders aus. Auf jeden Fall ist dieses Kleinod einen Abstecher wert!
So auch die kleinen Kirche in Abercorn. Ganz versteckt liegt sie und ist jedoch mit ihrem Portal ein echter Hingucker. Die Fahrt dorthin hat recht lange gedauert, denn alle paar Meter mussten wir warten bis die Straße frei war. Nein, keine Schafe, auch keine Highland Cattles, sondern Fasane. Dutzende Fasane bevölkerten die Straße, den Straßenrand, die Felder, die Büsche … sie waren einfach überall! Wenn es in Schottland ein Tier gibt, das eindeutig Suizid gefährdet ist, das ist es der Fasan. Oder sind die wirklich so dumm?
Nur ein Stückchen weiter liegt Blackness Castle, natürlich den Outlander-Fans bekannt. Wir haben uns dort schon versucht im Innenhof die Knochen zu brechen, da dachte noch niemand an die Verfilmung der Bücher Für mich ist dies ein typisches Schottland-Bild, alt und neu, Landschaft und Gemäuer und über allem weht die Saltire.
Vom Firth of Forth ging es quer durchs Land. Mal hier ein Abstecher, mal dort ein Abstecher. An einem schönen lauen Abend haben wir Portpatrick besucht. Nach einem leckeren Abendessen im Pub haben wir dieses Foto beim Spaziergang an der Kaimauer gemacht. Ich mag diese kleinen Fischerdörfer. Und wenn ich irgendwann mal ganz viel Zeit habe, dann fahre ich sie alle ab. Jedes einzelne kleine Dorf, das direkt an der Küste liegt. Könnt ihr die frische Luft riechen, das leise Plätschern der Wellen hören? Das sind Abende, um die ganze Welt zu vergessen und das ist etwas, das ich nur in Schottland so gut kann!
Auch wenn diese Seite der Küste selten besucht wird, so gibt es dort so viele Highlights. Dort habe ich den leckersten Lachs meines Lebens gegessen. Wir durften ein Castle besichtigen, obwohl wir eigentlich zu spät dran waren und der nette Mann von Historic Scotland für uns beide Augen zugedrückt hat und seinen Feierabend verschoben hat. Dort durften wir in einer kleinen Abbey die Angestelltentoilette benutzen, weil es keine für Besucher gab.
Doch eines der einprägsamsten Erlebnisse dieses Urlaubs war der Besuch von Cairnholy. Ich habe eine Schwäche für Friedhöfe, alte Abbeys und Steinkreise. Wir waren alleine dort und haben die Standing Stones bewundert. Plötzlich springt ein älterer Mann in einer zerissenen Jeans und in Gummistiefeln über den Zaun der angrenzenden Weide und macht ein Foto mach dem anderen von den Steinen. Ein wenig wirr erschien er uns schon, also haben wir nur freundlich gegrüßt und wollten weitergehen. Nix da, Pustekuchen. Joseph, so stellte er sich vor, ist der selbsternannte Experte von Cairnholy. Meinen Mann hatte er ganz schnell am Wickel und hat ihn ausgequetscht. Was er denn glauben würde, welche Bedeutung die Steine haben und ob er diese Einkerbung sehen würde und dort das Loch. Während mein Mann mit seinen, damals noch, nicht so tollen Englisch-Kenntnissen versuchte die Fragen nach dem Sinn des Lebens und der Standing Stones von Cairnholy zu beantworten, habe ich mich lieber bedeckt gehalten. Die Sonne näherte sich dem Horizont und es wurde immer voller. Bald waren mehr als 20 Personen an diesem winzigen Steinkreis versammelt. Und dann erzählte Joseph es uns. Es war der Tag der Herbsttagundnachtgleiche UND das erste mal seit Menschengedenken (So hat er sich ungefähr ausgedrückt), dass die Sonne genau zwischen den beiden Hauptsteinen untergehen würde. Denn, erst Anfang des Jahres wären die Bäume am Horizont, auf diesem kleinen Hügel, gerodet worden. Wir versammelten uns also alle vor den beiden Kopfsteinen und je tiefer die Sonne in Richtung Horizont sank, desto ruhiger wurde die ganze Meute. Bis dahin, haben wir übrigens einen wunderschönen Tag gehabt. Blauer Himmel, leichte Brise und die Wolken hatten sich verzogen. Der Himmel nahm diese außergewöhnliche sanfte Farbe an und kurz, kurz bevor die Sonne den Horizont berührte, da war sie. Die Wolke, diese böse, riesige Wolke, die sich vor die Sonne schob. Ein enttäuschtes Raunen ging durch die Schar der Jospeh-Jünger und Joseph sagte nur „Verdammte Scheiße!“ Nein, ich habe es nicht übersetzt. Denn war Joseph uns unterschlagen hatte, er war jahrelang in Deutschland stationiert und sprach deutlich besser Deutsch als wir Englisch. Aber Spaß hatten wir dennoch alle miteinander und haben herzlich darüber gelacht!
Als hätte diese Wolke das Ende des Sommers eingeläutet, fing es am nächsten Tag an zu regnen und hörte nicht mehr auf. Vielleicht lag es auch daran, das wir die Grenze zu England überquert hatten? Wir wissen es nicht. Die letzten drei Tage waren auf jeden Fall geprägt von überfluteten Straßen, reizenden Flüssen und gesperrten Straßen. Wir hätten Schottland nie verlassen sollen!
Ich finde auch dieses Mal hat sich Britta wieder einen extra Applaus verdient, von mir und uns allen für die ausführliche Recherche und die wunderbaren Bilder.
Du bist eine echte Inspiration. Danke für deinen Beitrag. LG Nellie
Fleischkäse und Fleischgetränke
Der Mann glaubt zu wissen, was der deutsche Fußball braucht. nein, er ist nicht unter die Trainer gegangen und ja, natürlich braucht der deutsche Fußball nach der Corona-Sperre vor allem wieder Zuschauer in den Stadien. Ist das erst wieder erreicht, da ist sich der Mann ganz sicher, dann braucht der deutsche Fußball unbedingt „Fleischkäse und Fleischgetränke“.
Das sagt er mir so eines Morgens wenige Sekunden nachdem der Wecker geklingelt hat und ich frage mich, was in aller Welt er denn geträumt hat. Bei dem Mann bekommt das Wort „Fleischeslust“ eine gänzlich andere Dimension.
Ich habe bereits bei unserem Besuch in einem schottischen Fußballstadium vor ein paar Jahren anklingen lassen, dass der Mann die 90 Minuten kaum durchhält, ohne pie and bovril also ohne Fleischpastete und dieses schreckliche Heißgetränk, das so eine Art Mischung zwischen brauner Soße und Fleischbrühe ist. Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke.
Der Mann aber denkt, die armen Deutschen, die Fußball sehen müssen, ohne diese unersetzlichen Grundnahrungsmittel genießen zu können. Er findet aber auch, dass die Deutschen mit dem Fleischkäse eine gute Alternative zum pie entwickelt haben und deshalb nur noch Brovril brauchen zu ihrem Glück, Und weil der Mann ja Deutsch lernt, hat er das auch gleich übersetzt: „Fleischgetränke“ also braucht der deutsche Fußballfan. Er hält das für eine großartige Business-Idee.
Ich schüttle mich und merke an, dass der Deutsche an sich vielmehr Bier braucht, um 90 Minuten durchstehen zu können. Bier dürfen die Schotten ja nicht im Stadion, da herrscht Alkoholverbot. Das wiederum erscheint mir nur schwer aushaltbar angesichts einiger Spiele, die ich gesehen habe, allerdings im alkoholsicheren Wohnzimmer und nicht im fleischlastigen Stadion.
Ich lasse den Mann an seiner Geschäftsidee feilen und beschäftige mich mit der
näheren Zukunft. Am Sonntag ist das Champions League Finale. Ich werde Chips und Bier für mich bereitstellen. Der Mann bekommt Burger mit Chips und wenn er will, dann werfe ich auch den Wasserkocher an und löse ihm einen Brühwürfel auf. Da kann er sich sogar aussuchen, ob er Rind, Huhn oder Schwein haben will. Ich kann nämlich Fleischgetränke mit verschiedenen Geschmacksrichtungen.
Prost!

















