Café, Kaffee und“Kaffee“
Jetzt, wo die andere Nellie da ist, wird mir erst so richtig klar, wie viele meiner „deutschen“ Werte und Angewohnheiten ich hier entweder abgelegt oder relativiert habe. So etwas wird einem gar nicht bewusst, wenn man ausschließlich von Menschen umgeben ist, die andere Wertvorstellungen haben als man selbst. Und die Schotten sind in vielerlei Hinsicht ganz anders als wir Deutschen. Das sind oft gar keine großen Dinge, mehr die kleinen, die Feinheiten, die es in einem neuen Land zu begreifen und anzunehmen gilt.

Sich in den Highlands mit einer Freundin auf einen Kaffee treffen, ist eine dieser Kulturfallen. Nellie macht das alles nach höchstem deutschen Standard: Wenn sie einlädt, stehen Blumen und das beste Geschirr auf dem Tisch, es gibt Selbstgebackenes und Kaffee aus der besonderen Maschine samt schöner Servietten. Schön! Aber es fühlt sich fremd an. Hier, wo man gerne unangekündigt bei Leuten in die Küche schlappt, wird einfach der Wasserkocher angeworfen und Instant in einen Becher gelöffelt. Kekse hat man immer im Schrank.
Ich habe früher auch viel Wert auf eine schöne Kaffeetafel gelegt. Aber jetzt und hier genieße ich das Unkomplizierte, das Einfache. In den Highlands ist es viel weniger Verpflichtung, wenn man sagt, man kommt auf einen Kaffee vorbei. Allerdings kann es durchaus auch ausarten. Zumindest, wenn zwei Nellies aufeinandertreffen.

Inzwischen haben wir drei Sorten von Kaffee-Verabredungen. Bei der einen treffen wir uns entweder bei ihr oder bei mir und trinken Kaffee. Die „Kaffee“-Treffen sind jedenfalls immer sehr lustig. Das gilt auch für die Kaffee-Verabredungen, bei denen wir Kaffee in einem Café trinken. Das ist in den Highlands von März bis April möglich. Danach belegt die Touristen die Tische, davor haben die Cafés Winterpause. Rauszukommen ist vor allem in den Wintermonaten ein echtes Bedürfnis, man ist so oft zu Hause und froh, mal wieder unter Menschen zu kommen. Verabreden wir uns aber auf einen „Kaffee“, dann trinken wir Prosecco. Das kann mit einem Kaffee beginnen, muss aber nicht. Am Ende steht aber immer mindestens eine leere Flasche im Glasmüll.
Barista kommt doch von Bar, oder?