Job–Problem

Bereits Ende des Jahres kündigen sich die ersten Schatten im Himmel der glückseligen Homeoffice-Arbeiter an. Erst braucht einen Homeoffice-Pass, dann gibt es eine Sicherheitsunterweisung und zu guter Letzt eine Einigung mit den Gewerkschaften und dann steht im Manteltarifvertrag, der mein ganze Konstrukt zum Einsturz bringt: Die Arbeit aus dem Ausland ist nicht mehr möglich. 

Ich bin geschockt und suche das Gespräch mit meinem Vorgesetzten und der Personalabteilung. Der Chef des Projekts, an das ich ausgeliehen bin, unterstützt mich voll und ganz. Leider ist die Personalabteilung aber nicht bereit, eine Ausnahme zu machen. Ich argumentiere, dass ich ja nicht in Schottland bin, weil es sich im Liegestuhl am Strand so viel angenehmer arbeiten lässt. Sie verstehen mein Problem, können mir aber nur eine Lösung anbieten: Mein Vertrag muss für die 183 Tage Schottland ruhen. Ich mache dann so eine Art Brexit Sabbatical. Für ein halbes Jahr bin ich komplett raus und erhalte keine Zahlungen: 2023, 2024 und 2025. Bis ich meinen settled status habe.

Applecross Sands April 2023 @nme Abenteuer Highlands

Okay, denke ich. Da muss es doch eine Lösung geben. Was ist zum Beispiel mit Arbeitslosengeld? Ich habe schließlich rund 25 Jahre einbezahlt und immer gearbeitet. Ich melde mich beim Amt und schildere meine Lage.

„Oh“, sagt die Mitarbeiterin am andere Ende der Leitung. „Das ist aber ein Sonderfall. Da muss sich eine Kollegin darum kümmern. Wir rufen sie an.“

Ja, ich bin ein Sonderfall und mein Leben wird gerade nochmal eine Umdrehung komplizierter. Als mich die Mitarbeiterin für schwierige Fälle anruft, was sie übrigens schon am Tag darauf tut, hat sie keine guten Nachrichten. Hätte ich die Unterstützung vor dem faktischen Brexit beantragt, dann hätte ich meine Ansprüche mit ins Ausland nehmen können und damit dort auch Geld bekommen. Seitdem Schottland nicht mehr zur EU gehört, geht das nicht mehr. Da ich aber nicht im Land sein werde, kann ich auch kein Geld beziehen. Ich soll mich an die Kollegen in Schottland wenden.

Habe ich schon gesagt, dass ich den Satz Seitdem-Schottland-nicht-mehr-zur-EU-gehört-geht-das-nicht-mehr nicht mehr hören kann?

Ich telefoniere mich also durch die Ansprechpartner auf der schottischen Seite und da ist die Lage ganz einfach. Ich habe Anspruch, aber nur, wenn ich selbst keine Ersparnisse habe und mein Partner, mit dem ich zusammenlebe, kein Wohneigentum besitzt und weniger als £26.000 im Jahr verdient.

Dann also kein Arbeitslosengeld. Ich muss also an laufenden Kosten alles streichen, was ich streichen kann. Ich kündige Zeitungsabos, Streamingdienste und verabschiede mich von Versicherungen und meinem Auto. Eigentlich ganz spannend, zu sehen, was man wirklich braucht.

Als nächstes steht die Frage im Raum, welche Auswirkungen es auf die Rente hat, wenn ich die nächsten der Jahren immer noch für sechs Monate arbeite und einzahle. Ich mache einen Termin mit dem Rentenberater und lasse es durchrechnen. Vielleicht kann ich mir ja einen kleinen Nebenjob in Schottland suchen. Dann könnte ich die Zahlungen weiter leisten.

Die viel größere Baustelle aber ist die Krankenversicherung. Ich bin Privatpatient und meine monatlichen Zahlungen sind hoch. Ich habe noch ein paar Monate die Möglichkeit, zu einer gesetzlichen zu wechseln, bevor die Tür für immer zugeht. Auch hier lasse ich mich beraten und stoße erst mal auf Unwissen aber auch auf einen fantastischen Mitarbeiter, der sich innerhalb von drei Tagen alles Wissen aneignet, was man zu meinem Fall nur haben kann. Es ist lang und kompliziert, weil die Frage, in welchem Land man nach dem Berufsleben wohnen will, eine große Rolle spielt. Am Ende bleibe ich privat und nehme ein Anwartschaft. Ich habe ja Anspruch auf Krankenversorgung, während ich in Schottland bin. Was sich hier in einem Absatz zusammenfassen lässt, zieht sich über Monate hin.

Habe ich schon gesagt, dass ich den Satz Seitdem-Schottland-nicht-mehr-zur-EU-gehört-geht-das-nicht-mehr WIRKLICH nicht mehr hören kann?

Ich habe durch meine Bücher zwar Einnahmen, aber auch Ausgaben und es ist nicht so, dass ich davon leben könnte. Ich denke über einen Nebenjob nach, ein paar Stunden die Woche wären gut. Ich will nicht zu viel von meiner Schreibzeit opfern.

Das Problem ist die Bezahlung. Der Mindestlohn (minimum wage) beträgt £9,50 die Stunde, ein Großteil der Arbeitgeber hat sich dazu bereit erklärt, freiwillig £10,90 die Stunde zu bezahlen. Das nennt sich dann real living wage. Macht es aber auch nicht besser, zumal ich ja mit der vorläufigen Doppelbesteuerung davon so gut wie nichts sehen würde. Und mein Steuersatz ist dank des Einkommens in Deutschland viel höher, als es ein Mindestlohn verkraften könnte. Jobs gäbe es vor allem in der Saison ohne Probleme: putzen, im Service, Hospitality, Nachhilfe. Ich hätte sogar die Qualifikation, bis zur Mittelstufe Englisch zu unterrichten, wenn ich noch ein paar Zusatzqualifikationen erwerbe. Aber ich bin ja nur 183 Tage da. Lehrer geht also nicht. Und so richtig viel andere Jobs gibt es hier nicht in den Highlands.

Ja hört das denn nie auf?

Ich lebe seit Dezember 2020 ein neues Leben in zwei Ländern. Schottland – einst Sehnsuchtsland, dann zweite Heimat und nun ist es so eine Art Langzeiturlaubsland geworden. Brexit hat viel angerichtet in meinem Leben. Aber ich habe auch viel gelernt. Es war sehr teuer und sehr, sehr aufwändig. Doch mit dem Ergebnis bin ich zufrieden. Sehr sogar. Kenn ihr das Sprichwort: Be happy while you’re living, for you’re a long time dead? Das ist die schottische Version des lateinischen Carpe diem. Ich nutze den Tag und bin glücklich.

Ruhe und Entspannung am Strand @nme Abenteuer Highlands

Witzigerweise ist es überhaupt nicht so, dass ich nun ständig bis in die Puppen schlafen, um dann den ganzen Tag rumzuhängen oder aufs Meer zu starren. Ich schreibe, viel konzentrierter als in all den Jahren zuvor. Und es macht Mörder viel Spaß. Ganz besonders, seitdem ich mit der Krimi Reihe begonnen habe. Irgendwie arbeite ich also doch, obwohl es sich nicht so anfühlt, denn überall stoße ich auf Dinge, die mich inspirieren und motivieren, weiterzumachen. Weniger Arbeit ist mehr Schreibzeit.

Und natürlich genießen wir das mehr Zeit für die Beziehung. Zumindest habe ich an dem Man noch keine Anzeichen dafür entdeckt, dass ich zu oft oder zu lange da bin. Er genießt, dass jemand da ist, der kocht und mit ihm einen Kaffee trinkt und zuhört, wenn er von der Arbeit kommt.

Das ist das gruslige an der Situation. Ich bin ein Heimchen am Herd geworden. Fünfziger Jahre in Reinkultur. Sogar mit Küchenschürze. Da hilft es auch nicht, dass ein Motorrad drauf abgebildet ist. Schürze ist Schürze. Es sei denn beim Fassanstich. Eigentlich profitiert der Mann am meisten von meinem Sabbatical und vom Brexit. Aber das sage ich lieber nicht laut. Das Wort ist für ihn ein rotes Tuch.

Highland Crime Band 2: Im Dunkel von Skye

Ich habe ein Leben lang leidenschaftlich gerne Krimis gelesen und 2021 meinen ersten geschrieben: Schatten über Skiary, Band 1 der Highland Crime Serie um DI Robert Campbell und die deutschen Übersetzerin Isabel Hartmann. Der Krimi spielt in Glenelg und an einem der abgelegensten Orte Lochabers – Skiary.

In Band 2 finden die Ermittlungen auf der Isle of Skye statt.

DI Robert Campbell genießt seinen Motorrad-Urlaub an der schottischen Westküste. Übersetzerin Isabel, Issy, Hartmann ist auf der Insel Skye, um Gälisch zu lernen. Am Sabhal Mòr Ostaig College stößt sie unvermittelt auf einen ungeklärten Todesfall.

Starb die Studentin wirklich eines natürlichen Todes? Issy hat ihre Zweifel und stellt Nachforschungen an. Wer im Sprachkurs könnte ein Motiv gehabt haben? Und wie war es gelungen, die Tat zu verschleiern?

Weil Isabel Hartmann ihn um Hilfe bittet, nimmt sich DI Robert Hartmann inoffiziell des Falls an. Doch dann gibt es einen weiteren Toten, der offensichtlich mit den ursprünglichen Ermittlungen in Verbindung steht. Unvermittelt wird Isabel von der Hobbydetektivin zu einer Verdächtigen.

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