Der Goatfell-Mord: Schottland’s dunkles Geheimnis

Die Isle of Arran ist berühmt für ihre landschaftliche Vielfalt. Die Mischung aus zerklüfteten Granitbergen im Norden und sanften grünen Tälern im Süden zieht Touristen aus der ganzen Welt an. Doch neben dieser natürlichen Schönheit birgt Arran auch dunklere Kapitel. Eines davon ist der berüchtigte Goatfell-Mord, ein Ereignis, das 1889 das friedliche Leben der Insel bis ins Mark erschütterte. Nicht zuletzt, weil die Ermordung eines englischen Touristen eine Bedrohung für die Wirtschaft der schottischen Urlaubsinsel hätte darstellen können. Doch es kam anders und anstatt dass die Besucher die Insel mieden, kamen sie in Strömen, um den Tatort mit eigenen Augen zusehen.

Goatfell von High Corrie aus

Der Goatfell-Mord und die Welt des Verbrechens im späten 19. Jahrhundert

In London senkte sich zur gleichen Zeit der Nebel über Whitechapel und die Stadt hielt den Atem an, denn die Polizei jagte dort einen Mörder, der sich selbst „Jack the Ripper“ nannte. Seine grausamen Taten hatten das öffentliche Interesse an Kriminalfällen entfacht wie nie zuvor – und die Medien begannen, Täter nicht nur zu jagen, sondern sie fast wie düstere Berühmtheiten zu inszenieren. Jack the Ripper trug selbst dazu bei, indem er (oder jemand unter seinem Namen) Briefe an die Polizei und die Presse schrieb – ein Versuch, sich in die Geschichte einzugraben.

Diese Zeit war geprägt von einem Wandel in der Kriminalistik. 1887, zwei Jahre vor dem Mord auf Goatfell, erschien A Study in Scarlet und mit ihm Sherlock Holmes, der erste Detektiv, der systematisch forensische Spuren auswertete. Holmes‘ Methoden waren revolutionär, und obwohl sie in der Literatur entstanden, begannen sie, das Denken der realen Ermittler zu beeinflussen.

Indizien am Tatort (@ChatGPT)

In dieser Zeit entstanden auch die ersten weiblichen Detektive – sowohl in der Realität als auch in der Literatur. Bereits in den 1860er-Jahren waren erste Romane über „Lady Detectives“ erschienen, fiktive Ermittlerinnen, die sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten mussten. Ein Konzept, das mutig und visionär war, wenn man bedenkt, dass es in der realen Welt kaum weibliche Polizistinnen oder Ermittlerinnen gab.

Während die Goatfell-Ermittlungen 1889 noch von traditioneller Polizeiarbeit geprägt waren, wurde der Fall doch von einer Welt beeinflusst, die sich rasant veränderte. Die wachsende Faszination für wahre Verbrechen – sei es durch Zeitungen oder Penny Dreadfuls – führte dazu, dass Mörder wie Jack the Ripper oder William Palmer als regelrechte Berühmtheiten in die Annalen des Verbrechens eingingen. Manche Täter suchten diesen zweifelhaften Ruhm, andere versanken in Vergessenheit.

Der Goatfell-Mord war vielleicht nicht so berüchtigt wie die Taten in Whitechapel, doch ist er nicht nur Teil der lokalen Folklore, sondern auch ein faszinierender Fall für Krimiautoren – mich eingeschlossen.

Ein harmloser Aufstieg?

An einem heißen Julitag (15.7.1889) traf Edwin Robert Rose, ein 32-jähriger Tourist aus London, in Brodick ein. Rose, ein Handelsreisender mit einem Faible für Abenteuer, war mit dem Dampfschiff „Ivanhoe“ angereist. Er wollte gemeinsam mit John Laurie, einen schottischen Musterhersteller aus Glasgow, den er auf der Insel Bute kennengelernt hatte, Arran erkuunden. Laurie, der als Einzelgänger und manchmal ruppig beschrieben wurde, hatte eine etwas undurchsichtige Vergangenheit.

Rose quartierte sich bei Laurie ein und sie beschlossen, gemeinsam den Goatfell zu erklimmen, ein beliebtes Ziel für Touristen und Einheimische. Die beiden wurden von anderen Wanderern beobachtet, wie sie Richtung Gipfel gingen.

Als die Sonne langsam über dem Goatfell unterging, wurde Laurie gesehen, wie er allein zurückkam. seine Kleidung wies keine Blutspuren auf. Er wirkte erschöpft. Laurie verließ die gemeinsame Unterkunft und die Insel mit der ersten Fähre des darauffolgenden Tages. Er trug die Kleidung des Mordopfers und prellte die Zeche. Von Rose keine Spur. Er war verschwunden.

Die schockierende Entdeckung

Am 25. Juli, zehn Tage nach der Wanderung, wurde Rose’ Leiche unter einem großen Felsbrocken im abgelegenen Glen Sannox gefunden. Er war schwer misshandelt worden – die tödlichen Verletzungen stammten offenbar von Schlägen mit einem schweren Gegenstand.
Ein wenig abseits des Steinhaufens, der ihre Leiche bedeckte, fanden die Ermittler weitere Gegenstände, die Fragen aufwarfen. Ein Messer, ein einzelner Knopf, ein Stift – alles scheinbar zufällig verstreut, aber seltsam präsent. Besonders auffällig war jedoch eine Tweed-Kappe, die ordentlich und in vier Teile gefaltet und unter einem Stein platziert worden war. Man hatte Edwin Rose auf dem Bauch liegend begraben.

Als wäre das nicht genug, stieß man einige Tage später in der Nähe auch auf eine Flasche Laudanum. Laudanum – ein starkes Opiumpräparat, damals weit verbreitet, aber nicht unbedingt etwas, das man bei einer Wanderung mit sich führte.
Roses Körper war nicht hastig verscharrt worden, wie man es vielleicht von jemandem erwarten würde, der in Panik handelte oder auf der Flucht war. Stattdessen hatte jemand 40 Steine um den schweren Steinblock herum sortiert, die den Körper letztendlich versteckten. Es schien sorgfältig und respektvoll arrangiert, eine bewusste, methodische Handlung, nicht die eines Menschen unter Zeitdruck.

John Laurie war der letzte war, der Rose lebend gesehen hatte. Er erklärte vor Gericht, er habe Edwin Rose lebend am Gipfel des Goatfell zurückgelassen und ihn danach nicht mehr gesehen. Doch Fragen blieben: Warum trug Laurie Roses Kleidung? Warum floh er nach Glasgow? Wenn es ein Unfall war, warum meldete er ihn nicht?

Die Verhandlung in Glasgow

Am 15. November 1889, nur vier Monate nach der Tat, endete der Prozess um den Goatfell-Mord mit einem Urteil, das Schottland erschütterte: Laurie wurde zum Tode verurteilt.

Die Theorie, dass Rose gestürzt war, blieb umstritten. Es gab keine Risse in seiner Kleidung, keine klaren Spuren an seinen genagelten Schuhen, die einen Sturz hätten bewiesen können. Gleichzeitig konnte die Anklage nicht nachweisen, dass Rose ermordet worden war. Es fehlten Zeugen, eine Mordwaffe oder Blutspuren an Lauries Kleidung. Es gab keine eindeutigen Beweise, die Laurie am Tatort verorteten.  Die Verteidigung argumentierte, dass Laurie Rose lebend am Gipfel zurückgelassen hatte. Doch die Jury war gespalten. Acht Mitglieder stimmten für „schuldig“, sieben für „not proven“. Nach schottischem Recht kann ein Strafprozess mit einem von drei möglichen Urteilen enden: einer Verurteilung („guilty“) oder einem von zwei Freisprüchen („not proven“ und „not guilty“). Das war ein klares Zeichen für die Unsicherheit im Fall. Trotzdem fiel das Urteil: Tod durch den Strang, angesetzt für den Morgen des 30. Novembers. Wegen einer Stimme. 

Laurie nahm das Urteil mit unerwarteter Ruhe und fast schon teilnahmslos auf. Er stand auf, blickte ins Publikum und erklärte: „Meine Damen und Herren, ich bin unschuldig.“ Später beschrieb er, wie er sich von der Situation losgelöst fühlte, als würde all das jemand anderem widerfahren.

In den Tagen nach dem Urteil zeigte er kaum Anzeichen von Angst. Er aß und trank wie gewohnt, achtete auf seine Kleidung und blieb gefasst. Viele störten sich an seiner Gelassenheit, doch Laurie vertraute darauf, dass bei einem so knappen Jury-Urteil keine Hinrichtung stattfinden würde. Er hatte keinen Grund, derart optimistisch zu sein. Die Öffentlichkeit war gespalten: Einige hielten ihn für schuldig, andere glaubten an seine Unschuld.

Edwin Rose und John Laurie (@ChatGPT)

Hoffnung trotz lebenslanger Haft

Zwei Tage vor seiner geplanten Hinrichtung erfuhr John Watson Laurie, dass sein Todesurteil in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt wurde, weil eine Kommision beschied, dass er wahnsinnig war. Eine Nachricht, die für ihn sowohl Erleichterung als auch Schock bedeutete – nur 48 Stunden vor der Vollstreckung erhielt er eine unerwartete zweite Chance. Doch was auf den ersten Blick wie ein Hoffnungsschimmer erschien, entwickelte sich zu einer jahrzehntelangen Odyssee hinter Gittern.

Lebenslange Haft bedeutete damals nicht zwangsläufig eine Haft bis zum Lebensende. Viele Gefangene wurden mit guter Führung vorzeitig entlassen, und Laurie hoffte, dass auch er von diesem System profitieren könnte. 1901, nach zwölf Jahren in Haft, versuchte er, durch eine Serie von Geständnissen und späteren Widerrufen seine Freilassung zu erreichen. Er bekannte sich des Mordes schuldig, nahm dieses Geständnis jedoch wieder zurück – eine verzweifelte Strategie, um Aufmerksamkeit zu erlangen und sein Schicksal zu beeinflussen.

Laurie glaubte, dass sein anhaltendes Bestehen auf seine Unschuld seine Situation verschlimmert hatte. Vielleicht, so hoffte er, könnte ein Geständnis eine Begnadigung nach sich ziehen. Doch als sich zeigte, dass seine Taktik keinen Erfolg brachte, zog er seine Aussagen zurück. Später behauptete er, er habe lediglich gesagt, was die Behörden hören wollten.

Ein Justizsystem ohne Erbarmen

Sein Verhalten machte ihn in den Augen der Öffentlichkeit jedoch nur noch unglaubwürdiger. Die Behörden schienen ihn als abschreckendes Beispiel nutzen zu wollen – während andere Straftäter, darunter der fünffache Mörder Joseph Calabrese, nach nur zehn Jahren entlassen wurden, blieb Laurie hinter Gittern.

Calabrese, ein Mann, der seine Frau und vier Kinder brutal mit einer Axt erschlagen hatte, wurde als jemand angesehen, der in einer tragischen Situation versagt hatte, während Laurie das Stigma des Wahnsinns anhaftete – trotz fehlender medizinischer Beweise. Dieser Unterschied in der Wahrnehmung führte dazu, dass Laurie nie die Gnade erfuhr, die anderen zuteil wurde.

Der längste Gefangene seiner Zeit

Laurie wurde damit zum Symbol für die Härte und Widersprüchlichkeit des damaligen Justizsystems. Kein anderer Insasse verbrachte so viele Jahre hinter Gittern wie er. Seine Briefe aus dem Jahr 1901 zeigen seine zunehmende Verzweiflung – unter anderem behauptete er, Edwin Rose habe ihn zuerst angegriffen und er habe sich lediglich verteidigt. Doch auch diese Version seiner Geschichte wurde nicht anerkannt.

Trotz wiederholter Bitten und verschiedener Strategien blieb Laurie bis zu seinem Tod im Gefängnis. 1930 erlitt er einen Schlaganfall, nach einem weiteren im März desselben Jahres war er bettlägerig, bis er am 4.

Ein ewiges Rätsel

Was Laurie zu seiner Tat trieb, bleibt bis heute Gegenstand von Spekulationen. War es pure Gier? Ein plötzlicher Streit, der außer Kontrolle geriet? Oder eine tiefere psychologische Zerrissenheit? Der Fall hat bis heute nichts von seiner Faszination verloren, und die Mischung aus einem Mord, einer fragwürdigen Verhandlung und der dramatischen Kulisse der Insel Arran bietet Stoff für endlose Diskussionen – und Inspiration für Autoren.

Für mich ist der Goatfell-Mord nicht nur ein Stück schottischer Kriminalgeschichte, sondern auch ein Fenster in die Abgründe menschlicher Emotionen und Entscheidungen. Deshalb habe ich darüber geschrieben. Soll DI Robert Campbell den Fall lösen.

Highland Crime Band 4 Das Grab am Meer greift den Goatfell-Mord auf und löst das ewige Rätsel – Hat John Watson Laurie Edwin Robert Rose wirklich getötet? Erhältlich als eBook und Taschenbuch auf Amazon.

Das Grab am Meer: Geheimnisse der Isle of Arran

Ein ungelöster Mord. Ein düsteres Familiengeheimnis. Ein Sommer auf der Isle of Arran.

Ich freue mich sehr, euch heute mein neues Buch vorzustellen:
„Das Grab am Meer“ – Highland Crime Band 4 – ist ab sofort erhältlich! 📚🌊

Eine Insel zwischen Nebel, Meer und Vergangenheit

Die Isle of Arran ist nicht nur Schauplatz dieser Geschichte, sie ist ein eigener Charakter – geheimnisvoll, eindrucksvoll und voller Schatten. Hier, inmitten von Bergen und Küsten, wird die Vergangenheit lebendig.

In „Das Grab am Meer“ treffen zwei Spuren aufeinander:

  • Ein echter historischer Mordfall, der nie vollständig aufgeklärt wurde.
  • Und das Verschwinden einer jungen Frau, das eine Familie über Jahrzehnte hinweg geprägt hat.

Worum geht’s im Buch?

DI Robert Campbell reist auf die Insel, um für eine True-Crime-Dokumentation den Goatfell-Mord von 1889 neu zu untersuchen – ein Fall, den kaum jemand außerhalb Schottlands kennt, der aber viele offene Fragen hinterließ.

Isabel Hartmann, deren Schwester vor dreißig Jahren auf Arran verschwand, kehrt zur gleichen Zeit zurück. Ihre Suche nach der Wahrheit wird zu einer gefährlichen Reise in alte, verdrängte Familiengeheimnisse.

Zwei Zeitebenen – eine Wahrheit

Das Grab am Meer“ verwebt wahre Begebenheiten mit fiktiver Spannung.
Der Roman bewegt sich zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Schuld, Erinnerung und dem menschlichen Bedürfnis nach Klarheit.

Atmosphärisch dicht, emotional vielschichtig – und immer wieder überraschend.

Jetzt erhältlich – als eBook und Taschenbuch

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Wenn ihr düstere Inselkrimis liebt, gerne tief in Geschichten eintaucht und True Crime euch fasziniert – dann könnte dieses Buch genau das Richtige für euch sein.

Nächste Woche auf dem Blog: True Crime Spezial

🔍 In der kommenden Woche geht es hier um den wahren Mordfall, der dem Roman zugrunde liegt:
Der Goatfell-Mord von 1889 – ein ungelöstes Verbrechen mit spektakulären Wendungen.

Ich erzähle euch, was wirklich geschah, was die Presse damals schrieb – und warum dieser Fall bis heute nicht abgeschlossen ist.

Ich freue mich auf euer Feedback!

Wenn ihr das Buch lest, freue ich mich über jede Rückmeldung:
Ob Rezension, Kommentar oder Nachricht – euer Feedback macht meine Arbeit lebendig.
Lasst mich wissen, wie euch der neue Fall von Campbell & Hartmann gefallen hat!

„Das Grab am Meer“ gibt es hier

Behind the Crime Scene Tape – Forensik hautnah erleben

Krimis ziehen uns in ihren Bann – wir raten mit, fiebern mit und versuchen, die Täter zu entlarven. Aber wie sieht die Realität hinter der gelben Absperrung wirklich aus? Granite Noir bot mit der Veranstaltung Behind the Crime Scene Tape – Interactive Forensic Science Experiment die perfekte Gelegenheit, genau das herauszufinden. Zusammen mit Kriminologie-Studierenden der Universität Aberdeen konnten wir in die Welt der Spurensicherung eintauchen – inklusive Beweisanalyse und realitätsnaher Fallbearbeitung. Das Ganze fand in den Anatomy Rooms in Aberdeen statt, einem ehemaligen Seziersaal, in dem einst Leichen obduziert wurden. Heute ist es ein kreatives Zentrum für Kunst, Vorträge und Bildungsangebote – aber die Atmosphäre hat immer noch einen leicht morbiden Charme.

Wendy Deegan – Eine Forensikerin mit Witz und Erfahrung

Unsere Gastgeberin war Wendy Deegan, eine Forensikerin mit jahrzehntelanger Erfahrung bei der Polizei. Klein, drahtig, mit grau melierten Haaren und einer Hornbrille, die sie immer wieder auf der Nase zurechtrückte. Sie hatte eine beeindruckende Präsenz – selbstbewusst, schlagfertig und mit einem trockenen Humor, der den Raum füllte. Sie war die perfekte Frau für harte Realität der Forensik jenseits der glamourösen Hollywood-Version.

Drei Dinge, die du garantiert nicht aus Krimiserien weißt

  1. Tatorte sind Teamwork – einsame Ermittler gibt es nur im Fernsehen.
    • Jeder Schritt wird dokumentiert, nichts wird dem Zufall überlassen. Und wer glaubt, er könne nachts heimlich in einen Tatort schleichen und Beweise sichern, hat zu viele Krimis gesehen.
  2. Luminol ist keine Zauberei.
    • Klar, im Fernsehen leuchtet es blau und enthüllt perfekte Blutspuren. In der Realität? Nur, wenn der Raum stockdunkel ist. Außerdem sollte man es nicht einatmen.
  3. Fingerabdrücke sind nicht immer die ultimative Spur.
    • Sie sind oft verschmiert oder unvollständig. Deshalb müssen in Schottland immer zwei Experten unabhängig voneinander Abdrücke auswerten. Ein Skandal führte zu dieser Regel – eine Polizistin wurde fälschlicherweise eines Verbrechens beschuldigt, weil ihre Abdrücke falsch interpretiert wurden.

Teste dein Forensik-Wissen – Wahr oder Falsch?

Jetzt bist du dran! Was ist Fakt, was ist Fiktion?

1. Ermittler am Tatort tragen keine Masken, weil das nicht nötig ist.

  • Wahr oder falsch?

2. Ein Fingerabdruck auf einer Bierflasche bedeutet, dass die Person am Tatort war.

  • Wahr oder falsch?

3. Blutspuren kann man mit normaler Wandfarbe einfach überstreichen.

  • Wahr oder falsch?

(Antworten am Ende des Blogposts!)

Fazit – Wenn die Realität spannender ist als Fiktion

Nach diesem Workshop sehe ich Krimis mit ganz anderen Augen. Spurensicherung ist eine Wissenschaft für sich – oft akribisch, manchmal unspektakulär, aber immer entscheidend. Was uns Serien verschweigen? Die Geduld und Präzision, die es braucht, um echte Beweise zu sichern.

Antworten:

  1. Falsch – Masken sind unerlässlich, um Beweise nicht zu kontaminieren und sich selbt nicht zu gefährden.
  2. Falsch – Der Fingerabdruck könnte schon vor Tagen oder Wochen, z.B. im Laden auf die Flasche gelangt sein.
  3. Falsch – Nur eine komplett deckende Lackfarbe kann Blutspuren wirklich unsichtbar machen.

The Blue Hour – Paula Hawkins’ Buchvorstellung

Tag 2 beim Granite Noir Crime Festival in Aberdeen

Am Abend besuche ich eine weitere Veranstaltung. Paula Hawkins betritt die Bühne mit einer ruhigen, aber bestimmten Ausstrahlung. Man merkt sofort, dass sie an solche Veranstaltungen gewöhnt ist – sie spricht klar, nimmt ihr Publikum mit und vermittelt den Eindruck, als habe sie schon unzählige Male über ihre Bücher referiert. The Girl on the Train war ihr großer Durchbruch, ein psychologischer Thriller, der weltweit über 23 Millionen Mal verkauft wurde. Der Roman, in dem eine unzuverlässige Erzählerin im Mittelpunkt steht, begeisterte Millionen und wurde 2016 mit Emily Blunt in der Hauptrolle verfilmt.

Hawkins spricht über die Verfilmung mit einer Mischung aus Stolz und Distanz. Sie hatte keinen Einfluss auf die Umsetzung, was sie bedauert. Die Verfilmung war erfolgreich, doch sie hätte sich vielleicht mehr Kontrolle gewünscht. Emily Blunt, die die Hauptrolle der Rachel Watson spielte, wurde für ihre Darstellung gelobt – eine gebrochene, verzweifelte Frau, die sich an die Bruchstücke ihres Gedächtnisses klammert. Blunts Leistung machte den Film noch intensiver, doch Hawkins selbst scheint sich mit dem Medium Film nicht allzu sehr identifizieren zu wollen.

Die Macht des unzuverlässigen Erzählers und die Faszination der Außenseiterfiguren

In der Spannungsliteratur spielt der unzuverlässige Erzähler eine zentrale Rolle, um Unsicherheit und Nervenkitzel zu erzeugen. Wenn Leserinnen und Leser nicht wissen, ob sie der Perspektive der Hauptfigur trauen können, entsteht ein Gefühl der Ungewissheit, das die Geschichte umso fesselnder macht. Diese Technik erlaubt es, Informationen bewusst zurückzuhalten oder zu verzerren, wodurch eine vielschichtige Erzählstruktur entsteht, die das Publikum herausfordert, sagt Hawkins.

Besonders Außenseiterfiguren bieten eine tiefe emotionale Dimension. Menschen, die sich am Rande der Gesellschaft bewegen, haben oft eine einzigartige Perspektive auf die Welt – eine Perspektive, die von Einsamkeit, Schmerz, aber auch unerwarteter Stärke geprägt sein kann. Ihre Isolation macht sie zu idealen Protagonisten für Geschichten, die mit psychologischer Tiefe arbeiten und existenzielle Fragen berühren.

Ein weiteres klassisches Motiv ist der Erinnerungsverlust – insbesondere das Unvermögen, sich an die Ereignisse der vergangenen Nacht zu erinnern. Dieses Element sorgt für Unbehagen und Spannung: Was ist wirklich passiert? Wem kann man trauen? Und was, wenn die größte Gefahr in einem selbst liegt? Die Unsicherheit über die eigene Wahrnehmung führt zu einem ständigen Wechselspiel zwischen Wahrheit und Täuschung.

Schande und Verletzlichkeit ziehen sich als zentrale Themen durch viele Romane, denn sie verleihen Figuren eine besondere Tiefe. Wenn Protagonisten mit ihrer Vergangenheit oder ihren eigenen Fehlern ringen, entsteht eine emotionale Bindung zum Publikum, das ihre inneren Kämpfe mitverfolgt. Diese Motive treiben nicht nur die Handlung voran, sondern machen die Geschichten authentisch und nachvollziehbar.

Durch den Einsatz wechselnder Erzählperspektiven gelingt es, dasselbe Ereignis aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Dies ermöglicht nicht nur eine facettenreiche Darstellung der Handlung, sondern auch das bewusste Zurückhalten von Informationen, um Spannung zu erzeugen. So kann das Publikum nach und nach selbst die Puzzleteile zusammensetzen – oder sich von unerwarteten Wendungen überraschen lassen.

Paula Hawkins nutzt all diese Elemente meisterhaft in ihren Romanen und erschafft so packende, psychologische Thriller, die bis zur letzten Seite fesseln.

Ich frage mich, ob ich ähnliche Techniken in meiner Highland Crime Serie bereits nutze. Haben Issy und Robert genug gemeinsame Szenen? Oder sind die eine verpasste Chance für wechselnde Perspektiven? Wären mehrere Erzählperspektiven gut für den fünften Fall?

Nach der Veranstaltung denke ich darüber nach, warum ich eigentlich schreibe. Will ich Bestsellerautorin werden? Oder reicht es mir, Freude am Schreiben zu haben? Paula Hawkins ist vier Jahre jünger als ich – eine Autorin mit internationalem Erfolg. Ich bewundere ihren Weg, aber ich muss meinen eigenen finden.

Ich freue mich auf morgen – und darauf, meine Gedanken weiterzuentwickeln.

Cold Blooded Killers – Mörder ohne Reue

True Crime Fälle aus Schottlands Nordosten (1864 – 19639)

Was macht einen Mörder eiskalt? Fehlt es ihm an Reue? Ist es die absolute Berechnung, mit der er seine Tat plant und ausführt? Oder ist es die erschreckende Normalität, mit der er danach weiterlebt, als wäre nichts geschehen? Die AUSTELLUNG Cold Blooded Killers – True Crime Cases from the North East, 1864-1963 beim Granite Noir Cime Festival in Aberdeen führte mich in die tiefen Abgründe der menschlichen Psyche und zu einigen der berüchtigtsten Verbrechen Schottlands.

Der Mord an Ann Forbes (1864)

Ann Forbes lief 15 Meilen zu Fuß, um ihren Geliebten George Steven zu treffen. Statt eines romantischen Wiedersehens endete das Treffen in einem blutigen Verbrechen. Man fand Ann tot im Wald – mit einer Kopfwunde, das Gesicht nach unten gedrückt. Ein Zeuge hatte Steven mit einer Axt gesehen. Bei seiner Festnahme fand man gleich drei dieser Werkzeuge in seinem Besitz. Zunächst gestand er den Mord, doch seine Verteidigung plädierte auf geistige Unzurechnungsfähigkeit. Er wurde zwar zum Tode verurteilt, doch das Urteil nie vollstreckt. Stattdessen starb er wenige Jahre später in einer Anstalt.

Ein klassisches Beispiel eines Verbrechens aus Leidenschaft? Oder war es doch pure Berechnung?

Der Fall John Barclay Smith (1907) – Ein Mord aus Habgier

John Barclay Smith war Deserteur und suchte sich in Edinburgh ein neues Leben. Doch dann fand man ihn tot in seinem Zimmer – sein Gesicht wies schwere Verletzungen auf, aber es gab keine Anzeichen eines Kampfes. Ein anderer Deserteur wurde kurz darauf in Edinburgh mit Smiths Geld und einer Taschenuhr gefasst. Obwohl sich 7000 Menschen für seine Begnadigung einsetzten, wurde er hingerichtet.

Das Verschwinden von Betty Hadden (1945) – Ein ungelöster Fall

Betty Hadden genoss ihr Leben – bis sie spurlos verschwand. Wochen später tauchte ihr abgetrennter Unterarm auf. Doch mehr wurde nie gefunden. Ermittler experimentierten sogar mit Schweinebeinen, um herauszufinden, wo ihre Leiche ins Meer geworfen worden sein könnte. Die Nacht ihres Verschwindens war voller Schreie, die niemand deuten konnte. War es ein Mord? Ein Unfall? Niemand weiß es. Und das macht den Fall noch unheimlicher.

Fazit – Warum faszinieren uns eiskalte Morde?

Die Faszination für Cold Blooded Killers ist tief in unserer Psyche verankert. Sie sind das ultimative Gegenbild zu unseren eigenen Moralvorstellungen. Ihr Fehlen von Reue, ihr planvolles Vorgehen oder die Ungewissheit über ihre Motive machen sie so unheimlich. True-Crime-Veranstaltungen wie diese zeigen uns, dass das Grauen nicht nur in der Fiktion existiert – sondern mitten unter uns.

Die Archivarin, die spricht, ist eindeutig nicht daran gewöhnt, offiziell zu präsentieren. Nach ungefähr vierzig Minuten schnarchen die ersten Männer hinter mir. Während die einen gebannt zuhören, verlieren die anderen rasch das Interesse. Auf dem Nachhauseweg höre ich einer Gruppe Frauen zu, die sich lautstark über die Sprecherin beschweren. Sie wollten unterhalten werden, sagen sie, und sind nun enttäuscht.

Eine wertvolle Erkenntnis zur Erwartungshaltung des Publikums auf einem Crime-Festival: Es geht nicht nur um wahre Verbrechen, sondern auch um die Inszenierung. Die Faszination für Mord und Rätsel mag groß sein – doch wenn die Darbietung nicht mitreißt, verliert selbst das düsterste Kapitel der Geschichte an Reiz.

Highland Crime-Serie: Lebendige Charaktere durch AI-Technologie

„Lichtblaue See so weit das Auge reichte. Wie friedlich es hier war.  Das Meer atmete still im Rhythmus der Gezeiten. Von ihrem Aussichtspunkt am Ende der Sleat Halbinsel war davon nichts auszumachen. Aus der Ferne schien die See still an der Oberfläche, voller Leben und Bewegung, kam man näher. Die Farben des Meers, mal grau-silbrig schimmernd, strahlend in türkis, fast schon grün leuchtend, gelegentlich auch bedrohlich dunkel. Issy war glücklich.“

Mit dieser bildhaften Beschreibung tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Highland Crime-Serie, die ihre Leser tief in die mystische Landschaft Schottlands entführt. Die Geschichten leben nicht nur von der atemberaubenden Kulisse, sondern vor allem von ihren tiefgründigen Charakteren, die nun durch den Einsatz von AI noch lebendiger wirken.

Charaktere in der Highland Crime-Serie: Jetzt von KI zum Leben erweckt

Die schottischen Highlands, ein Ort voller Mythen und Geheimnisse, bieten die perfekte Kulisse für eine Krimi-Reihe, die ihre Leser nicht mehr loslässt. Die Highland Crime-Serie führt euch tief in die raue Landschaft und die komplexen Psychen ihrer Bewohner. Jetzt, dank AI-Technologie, können die Protagonisten in noch lebendigerem Licht erscheinen – und euch so nahekommen wie nie zuvor.

DI Robert Campbell – Der grüblerische Ermittler

Robert Campbell, leitender Ermittler aus Inverness, ist der personifizierte schottische Krimiheld: bärig, wortkarg und dennoch empathisch. Seine markante Erscheinung – bärtig, kräftig und immer ein wenig mürrisch – spiegelt die innere Zerrissenheit wider, mit der er die düsteren Abgründe des menschlichen Seins erkundet. Robert ist ein Mann, der von seiner Vergangenheit gezeichnet ist: Die Trennung von seiner Frau, sein Job und seine Einsamkeit belasten ihn. Seine moralischen Werte sind stark ausgeprägt, doch er ist kein typischer Frauenversteher, was ihn für Leser besonders interessant macht. Campbell ist der Typ Mann, den man in einer Notsituation an seiner Seite wissen möchte – ein Fels in der Brandung, der sich durch seine Entschlossenheit auszeichnet.

Isabel „Issy“ Hartmann – Die intuitive Übersetzerin

Issy Hartmann bringt eine erfrischende Perspektive in die Ermittlungen. Als deutsche Übersetzerin, die sich nach einer Auszeit in Schottland sehnt, taucht sie tief in die Geschehnisse der Highlands ein. Ihr scharfer Verstand und ihre Fähigkeit, Menschen zu lesen, machen sie zu einer wertvollen Verbündeten für Campbell. Issy ist eine unabhängige, selbstbewusste Frau, die sich ihrer Freiheit und ihrer feministischen Werte bewusst ist. Ihre Vergangenheit – insbesondere der Verlust ihrer Schwester – prägt ihre sensible und reflektierte Art. Sie mag Tee, hasst Messer und ist neuerdings Vegetarierin. Die Beziehung zwischen ihr und Robert entwickelt sich langsam, doch die emotionale Tiefe, die sie einbringt, verleiht der Serie eine besondere Note.

Auntie Lynne – Die Frau mit dem zweiten Gesicht

Auntie Lynne, eine der faszinierendsten Figuren der Serie, wird von vielen Lesern wegen ihrer mystischen Fähigkeiten geliebt. Mit ihrer „zweiten Sicht“ und ihrer tiefen Verbindung zur schottischen Kultur ist sie eine Schlüsselfigur in der Lösung der Rätsel. Ihr weises, manchmal unheimliches Auftreten, gibt den Geschichten eine übernatürliche Note, die perfekt zur geheimnisvollen Landschaft der Highlands passt. Auntie Lynne ist nicht nur eine Unterstützerin in den Ermittlungen, sondern auch ein emotionaler Anker für die anderen Charaktere.

Dr. Janne Asikainen – Der eigenwillige Pathologe

Dr. Janne Asikainen ist eine unverwechselbare Figur: Ein tätowierter, piercter Finne mit Vorliebe für Heavy Metal, der als Pathologe für die Polizei arbeitet. Mit seinen langen blonden Haaren und schwarzem Fingernagellack bricht er mit allen Klischees. Janne mag auf den ersten Blick unnahbar wirken, doch unter der Oberfläche verbirgt sich ein brillanter Geist, der ebenso leidenschaftlich Verbrechen aufklärt wie Campbell. Die ungewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden Männern bildet einen faszinierenden Kontrast: Campbell, der typische heterosexuelle Macho, und Asikainen, der offen homosexuelle Finne, ergänzen sich perfekt in ihrem gemeinsamen Streben nach Gerechtigkeit.

Kritiken und Leserzitate

Die Highland Crime-Serie hat bereits viele Leser in ihren Bann gezogen. Hier einige Eindrücke:

  • „Dank der bildreichen Sprache fällt es einem leicht, sich in die schottischen Highlands zu versetzen und jede Seite zu erleben, als wäre man Teil der Geschichte.“ – Clarissa Fray
  • „Klasse Auftakt einer neuen Krimireihe. Für Schottland-Fans ein Muss!“ – Paxter_Redwyne
  • „Die Düsternis eines einsamen Winters in den schottischen Highlands, aber auch die Faszination dieser Landschaft, hat die Autorin in bildhaften Worten für ihre Leser lebendig werden lassen.“ – Redrose

Die Highland Crime-Serie verspricht weiterhin spannende Geschichten und tiefgründige Charaktere, die dank neuer Technologien wie KI noch greifbarer und lebendiger erscheinen. Bleibt gespannt auf die nächsten Abenteuer in den schottischen Highlands! Ab Januar wird in der Schreibhütte wieder fleißig geschrieben.

Die deutsch-schottische Komponente in „Highland Crime“

In meiner Krimiserie „Highland Crime“ verbinde ich die besondere Atmosphäre der schottischen Highlands mit einem Hauch deutscher Akribie und Neugier. Die deutsch-schottische Verbindung von Isabel Hartmann und DI Robert Campbell verleiht meinen Geschichten eine einzigartige und spannende Dynamik, die die Leser auf jeder Seite in Atem hält. Das Duo ist international und landestypisch gleichermaßen. Als Fernsehserie könnte ich mir Highland Crime sehr gut vorstellen. Wer wären Eure Lieblingsschauspieler für Issy und Robert, für Dr. Janne Asikainen und PC Hamish MacFarlane? Wäre das nichts für doe Örrentlich-Rechtlichen?

Landschaft und Handlungselemente

Die malerischen Landschaften und die düstere Atmosphäre der schottischen Highlands bieten die perfekte Kulisse für mysteriöse Verbrechen und rätselhafte Geheimnisse und eine reiche Quelle der Inspiration für meine Geschichten. Gleichzeitig bringe ich eine deutsche Perspektive in meine Krimiserie ein, sei es durch die Einbindung deutscher Charaktere, die in die schottische Landschaft eintauchen, oder durch die Verwendung von deutschen Handlungselementen, die die Handlung vorantreiben und überraschende Wendungen ermöglichen.

Wurzeln und Visionen

Diese deutsch-schottische Verbindung spiegelt nicht nur meine eigenen kulturellen Wurzeln und meinen Lebensentwurf mit einem schottischen Partner in den Highlands wider, sondern bietet auch den Lesern eine faszinierende Mischung aus verschiedenen Kulturen und Perspektiven. Durch die Verbindung dieser beiden Welten schaffe ich eine besondere Leseerfahrung, die die Leser in ihren Bann zieht. Und versuche, mehr dieser Verbindungen im Laufe der Geschichte zu entdecken. So war mir zum Beispiel nicht bewusst, dass hier in Schottland im Zweiten Weltkrieg auch Deutsche zum Kampf gegen Hitler ausgebildet wurden. Wusstet Ihr das?

Allerdings sei betont, ich bin nicht Issy und Ewan ist nicht Robert. Auch wenn es nahe liegt, das anzunehmen.

Freut Euch auf weitere aufregende Abenteuer in meiner „Highland Crime“ Serie, die die deutsch-schottische Komponente auf ein neues Level heben! Issy und Robert werden in Band 3 endlich ein Paar!

„Die Toten von Avernish“ – Band 3 der Highland Crime Serie ist ab 1.9.24 bei Amazon erhältlich.

Die Toten von Avernish Highland Crime DI Robert Campbell 3 @nme Nellie Merthe Erkenbach

Die Feder ist mächtiger als das Schwert

Im April 2023 mache ich meinen inzwischen fünften Gälischkurs am Sabhal Mòr Ostaig College auf der Isle of Skye. Es ist in vielerlei Hinsicht jedes Jahr aufs Neue ein Erlebnis. Zwei Jahre habe ich ausgesetzt, wegen der Pandemie und weil dann die Termine nicht gepasst hatten. Die cùrsaichean goirid, die Kurzkurse für schottisches Gälisch, finden in den Oster- und den Sommerferien statt, wenn die regulären Studenten und Dozenten Ferien machen. Dann kommt eine ganz besondere kleine Gemeinde zusammen, um in die gälische Kultur einzutauchen und die Sprache zu lernen.

Knoydart von Sleat Isle of Skye @nme

Ersteres ins der pure Spaß, Letzteres manchmal ziemlich anstrengend, weil diese keltische Sprache eine eher ungewöhnliche Grammatik hat. Mir scheint aber, dass wir Deutsche damit weniger zu kämpfen haben als die Engländer und Schotten im Kurs, die mit Englisch als Muttersprache aufgewachsen sind. Sie haben in der Regel wenig Grammatik in der Schule vermittelt bekommen und kämpfen deshalb nicht nur mit der neuen Sprache, sondern auch mit der Frage, was ein Dativ ist.

Die Kurzkurse reichen von Level 1 bis Level 10. Danach sollte man fähig sein, auf Gälisch zu kommunizieren. Sie dauern jeweils fünf Tage und beinhalte Unterrichtseinheiten von 9:30 – 16:30 Uhr. Mittwochs und freitags sind die Tage kürzer. Mitte der Woche findet traditionell ein Cèilidh statt, denn Gesang, Tanz und Musik sind ein wichtiger Bestandteil der gälischen Kultur und soll so auch in den Kursen vermittelt werden. Jede Klasse tritt an dem Abend auf, jede mit einem Lied. Die Gesangsklasse von Christine Primrose trägt natürlich mehrere vor, wenn die Akkordeon- oder Geigenklassen stattfinden, gibt es Musik. In diesem Jahr gab es auch Stepptanz.

Unser Lied war Gur Tu Mo Chruinneag Bhoidheach (sprich: Gür tu mo chrunjägg wohjöchgg). Ein sogenannter waulking song, also ein traditionelles Lied, das Frauen beim Walken des nassen Tweeds gesungen haben. Gälisch 5 war mit vier Männern und zwei Frauen am Start. Wir haben also den waulking song entgendert. Wie progressiv! Der Abend war wie immer ein echtes Erlebnis, das sicher viele nachvollziehen können, denn ich bin nicht die einzige Deutsche, die die Lieder von Runrig und Capercaillie liebt und so gerne verstehen möchte, von was oder wem da so schön gesungen wird. Bei unserem Song ging es ganz romantisch darum, was ein Mann alles zu tun bereit ist, um das Herz seiner Geliebten zu gewinnen, also Sterne vom Himmel holen, den Herzog überzeugen und solche Dinge.

Stolz und glücklich wie ich war, hab ich das natürlich auch auf Social Media verkündet. Die Welt muss schließlich wissen, dass diese Autorin einen schottischen Gälisch-Kurs belegt hat. Ich habe also ein kleines Video mit dem Handy gedreht. Am ersten Tag strahlte die Sonne über dem Sound of Sleat, alles war klar und blau und wunderschön. Die weißen Gebäude des College, das direkt am Meer liegt, dahinter die Bergketten von Knoydart – es ist atemberaubend schön. Donnie Munroe, ehemals Leadsänger von Runrig vertritt die Rektorin, die in Urlaub ist und hält im Kreise des Lehrpersonals die Willkommensrede. Das muss man einfach teilen.

Ich teile das Reel auf Facebook und Instagram und erhalte einige Kommentare. Offensichtlich haben es einige in Deutschland ebenfalls in Erwägung gezogen, einen derartigen Kurs zu machen. Ein Kommentar fällt mit besonders auf, weil mir dort jemand schreibt, dass sie auch schottisches Gälisch lernt, aber in Bonn bei Michael Klevenhaus. Der ist ein international anerkannter Experte der gälischen Sprache und hat zu meiner unendlichen Erleichterung eine gälisch-deutsche Grammatik verfasst. Ich schreibe der Userin zurück und bitte sie, sich in meinem Namen bei ihm zu bedanken für die Erstellung des so hilfreichen Lehrwerks.

Sleat Isle of Skye @nme

Als ich am nächsten Tag die Nachrichten und Kommentare auf meinen Social Media Accounts checke, falle ich aus allen Wolken. Michael Klevenhaus hat sich persönlich ins Gespräch eingemischt: Gern geschehen. Ich sitze bei der Eröffnungsrede in einem Video übrigens ganz links, schreibt er. Er unterrichtet ebenfalls einen Kurzkurs. In der ersten Kaffeepause finden wir zusammen. Außer uns beiden sind noch zwei weitere Deutsche in den Kursen unterwegs.

In meinem sind ein Österreicher, der schon seit Ewigkeiten auf der Insel lebt, ein Schotte von der Black Isle und ein betuchter Engländer aus Shropshire, der im Norden der Insel ein Cottage gekauft hat. Und dann ist da noch die Rentnerin aus Fife, die im Turm wohnt. Der Turm ist der wunderbare Wohntrakt mit atemberaubendem Blick aufs Meer. Hm, denke ich. Genau, was ich brauche. Ich frage, ob ich mir mal ihr Zimmer ansehen dürfte. Sie schaut mich etwas verwirrt an und ich hole zu einer etwas längeren Erklärung aus.

Sabhal Mòr Ostaig College Haiptgebäude ACC und Turm @nme

„Ich bin Autorin und schreibe unter anderem Krimis. Gerade schreibe ich Band zwei meiner Highland Crime Reihe und der spielt genau jetzt und heute hier am College auf Skye. Eine der Hauptfiguren ist die deutsche Übersetzerin Isabel Hartmann, die hier auf einen mysteriösen Todesfall stößt. Sie wohnt im Zimmer einer Kursteilnehmerin, die verstorben ist und Isabel Hartmann glaubt im Gegensatz zu den Behörden nicht, dass es sich damals um einen natürlichen Todesfall gehandelt hat. Wäre es möglich, dass ich mir dein Zimmer mal genau ansehe, damit ich es im Buch auch korrekt beschreiben kann? Ich wohne ja nicht auf dem Campus, sondern komme täglich von zuhause.“

Skye Bridge view @nme

Ich kann es in ihrem Gesicht sehen. Sie ist alles andere als erfreut über mein Ansinnen und ich verfolge es nicht weiter. Ich kann verstehen, dass man keine Fremde auf seinem Zimmer haben möchte. Das ist schließlich ein privater Bereich. Vielleicht hat sie auch nicht aufgeräumt. Für den Rest der Woche erwähne ich mein Anliegen nicht mehr. Ich kann mir auch über die Bilder auf der Homepage einen Eindruck von den Räumlichkeiten verschaffen. Das ist gut, wenn auch nicht perfekt. Ein persönlicher Eindruck ist immer besser.

Als wir uns freitags verabschieden, wagt sie sich vorsichtig aus der Deckung.

„Du wolltest doch mein Zimmer sehen, für deinen Krimi, oder?“

„Ja gerne. Toll!“

Erfreut folge ich ihr zum Turm und aufs Zimmer. Alles ist so spartanisch wie ich es mir über die Bilder erschlossen habe, aber die Möbel sind relativ neu und der Blick ist in der Tat einfach fantastisch. Ich würde den ganzen Tag nur aus Meer starren, wäre ich in einem der Zimmer im Turm untergebracht. Ich bedanke mich herzlich und wir gehen gemeinsam wieder aus dem Zimmer. Doch ein Mittagessen in der Kantine, bevor sich unsere Wege wieder trennen. Ich mache noch ein letztes Foto von der Zimmertür und stecke das Handy ein. Sie sieht mich nachdenklich an.

„Und du schreibst genau über dieses Zimmer?“ fragt sie.

Ich nicke.

„Ja. Meine Hauptfigur wird genau hier wohnen. Soll ich deine Zimmernummer im Buch verwenden?“ frage ich. „Das ist dann ein kleiner Insider, nur für dich.“

Sie sieht mich entsetzt an.

„Auf keinen Fall. Ich habe die ganze Woche schlecht geschlafen, weil in dem Bett ja wohl jemand umgekommen ist“, sagt sie, ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei dem Todesfall um reine Fiktion handelt.

Ich lächle so leise wie weise.

The pen is mightier than the sword.

Die Feder ist mächtiger als das Schwert. Ganz besonders in der gälischen Kultur. 

Logo Nellie Merthe Erkenbach @nme

Coming soon: Highland Crime Band 2

Ich habe ein Leben lang leidenschaftlich gerne Krimis gelesen und 2021 meinen ersten geschrieben: Schatten über Skiary, Band 1 der Highland Crime Serie um DI Robert Campbell und die deutschen Übersetzerin Isabel Hartmann. Der Krimi spielt in Glenelg und an einem der abgelegensten Orte Lochabers – Skiary.

In Band 2 finden die Ermittlungen auf der Isle of Skye statt.

DI Robert Campbell genießt seinen Motorrad-Urlaub an der schottischen Westküste. Übersetzerin Isabel, Issy, Hartmann ist auf der Insel Skye, um Gälisch zu lernen. Am Sabhal Mòr Ostaig College stößt sie unvermittelt auf einen ungeklärten Todesfall.

Starb die Studentin wirklich eines natürlichen Todes? Issy hat ihre Zweifel und stellt Nachforschungen an. Wer im Sprachkurs könnte ein Motiv gehabt haben? Und wie war es gelungen, die Tat zu verschleiern?

Weil Isabel Hartmann ihn um Hilfe bittet, nimmt sich DI Robert Hartmann inoffiziell des Falls an. Doch dann gibt es einen weiteren Toten, der offensichtlich mit den ursprünglichen Ermittlungen in Verbindung steht. Unvermittelt wird Isabel von der Hobbydetektivin zu einer Verdächtigen.

Nellie Merthe Erkenbach

Korrektorat, Karte und Layout

Jedes Manuskript braucht ein Korrektorat. Ich habe zwar Deutsch studiert, neige aber zu Tipp- und Flüchtigkeitsfehlern und die Rechtschreibreform habe ich auch weitgehend ignoriert. Solange man für Fensehen und Radio arbeitet, ist das kein Problem. Ein falsches Komma hört man nicht.

Ein schlechtes Korrektorat verfolgt dich

Bei einem Buch sieht das schon wieder anders aus. Außerdem neige ich dazu, Dinge (und somit auch Fehler) zu überlesen. Ich scanne Texte mehr als dass ich sie wirklich lese. Das geht schneller. Kurz – ich wäre eine hoffnungslose Korrektorin und brauche dieses zweite paar Augen, das jedes überflüssige Blank und jeden fehlenden Buchstaben sofort erkennt. Und natürlich die Kommata.

Korrektorat Abenteuer Highlands 2.0 @nme
Korrektorat Abenteuer Highlands 2.0

Qualität ist nicht billig und kostet mehrere hundert Euro, je nach Länge des Manuskripts sind da schnell auch mal tausend Euro weg. Das vorzulegen ist ein ganz schönes Brett und die Ausgabe mit den Einnahmen aus dem Verkauf im Selbstverlag wieder reinzubekommen, ist schwer.

Dennoch halte ich die Position Korrektorat für die wichtigste überhaupt, denn es verärgert viele Leser, wenn sie Fehler in einem Buch finden, das sie gekauft haben. Ich hatte sogar einen Fall, da hat eine Autorin eines anderen schottischen Reiseführers die (inzwischen korrigierten) Schreibfehler in meinem (Schottland für stille Stunden) kritisiert. Ihre Rezension steht auf Amazon immer noch weit oben, obwohl die Fehler korrigiert wurden. Es ist die schlechteste unter den sonst wirklich sehr guten Bewertungen.

Das Büchlein enthält viele historische Infos, die eher unbekannt sind, und ist eine nette Lektüre für diejenigen, die die üblichen Touristen-Hotspots schon kennen. Allerdings sollte es noch einmal korrekturgelesen werden. Es ist voll von Rechtschreib- und Grammatikfehlern und lässt auch stilistisch etwas zu wünschen übrig.

Die anderen Rezensionen sind Gott sei Dank viel positiver. Was das Beispiel aber zeigt: Ein schlechtes Korrektorat verfolgt dich. Länger als dir lieb ist!

Kritiken zu Schottland für stille Stunden

Karte im Buch

Doch das sind nicht die einzigen Kosten, die auf hoffnungsvolle Bestsellerautoren zukommen. Bereits bei Schottland für stille Stunden hatte ich mich für eine Karte im Buch entschieden – macht Sinn, bei einem Reiseführer.

Für den Krimi schien es mir ebenso wichtig zu sein. Hier spielen unbekannte und sehr abgelegene Orte eine Rolle. Um meinen Lesern eine Orientierung mitzugeben, entschied ich mich auch für diese weitere Ausgabe. Fantasykarten kriegt man schon für wenig Geld, soll es aber die Zeichnung einer maßstabsgetreuen Karte sein, geht der Preis rasant nach oben. Mit 50€ muss man mindestens rechnen. Das Ganze ging in mehrere Korrekturschleifen, bis die endgültige Version verabschiedet war. Natürlich in schwarz-weiß, Farbduck ist unbezahlbar.

Ausschnitt aus der Krimi Karte @nme
Ausschnitt aus der Krimi Karte

Und dann war das Manuskript lektoriert, korrigiert und um eine Karte bereichert, aber immer noch nicht fertig. Das Layout stellt neue Herausforderungen.

Manuskript Layout – finde einen Formatierer

Ich veröffentliche meine Bücher als Taschenbuch und als e-Book bei Amazon. Ich brauche also eine Version samt passendem Cover für eines der digitalen Buchformate, z.B. .epub. Das Taschenbuch wird in der Regel in ein .pdf konvertiert. Das ist kein einfacher Prozess und ich source ihn gerne aus. Wenn man Glück hat, bleiben die Kosten unter 100 €.

Kommen die Manuskripte in der neuen Form zurück, müssen sie hochgeladen und online geprüft werden. Dann kann man Testkopien erstellen und sich die schicken lassen. Es dauert manchmal mehr als eine Woche, bis ein Testexemplar für das Taschenbuch im Briefkasten liegt. Auf dem Kindle Reader ist das natürlich einfacher. Es sind zwei Versionen und müssen beide geprüft werden. Die Erfahrung zeigt: Auch hier kann so viel schief gehen. Stimmt die Formatierung nicht, dann kann es z.B. falsche Worttrennungen geben.

Falsche Trennungen im Testprint von Abenteuer Highlands 2.0 @nme
Falsche Trennungen im Testprint von Abenteuer Highlands 2.0

Was als Erkenntnis übrig bleibt

Ein Krimi schreibt sich schnell. Ihn zu veröffentlichen dauerte doppelt bis dreimal so lang wie das Schreiben. Aber hey – ich habe es fast geschafft!

Testleserinnen – mein Zehn-Augen-Prinzip

Vor dem Korrektorat kommt das Lektorat und ich kann mich glücklich schätzen, Freundinnen zu haben, die gerne für mich testlesen. Für den Krimi hatte ich vier Frauen gefragt, ob sie nicht Zeit und Lust hätten, mein Manuskript zu lesen – ein Lektorat im Zehn-Augen-Prinzip.

Von ihnen erhoffte ich mir wertvollen Input zu Details wie: Sind die Charaktere stimmig? Ist es zu viel oder zu wenig Lokalkolorit? Wie überzeugend ist die Handlung? Ist es spannend?

Und, und, und.

Ich hatte viele Fragen, unter anderem auch: Kann ich überhaupt Krimis schreiben?

Schreibhüttenblick

Lehrerin, Leserin, Schulfreundin und Kollegin

Also ging das Manuskript an eine Leherin für Deutsch und Geschichte. Eine echte Fachfrau also, allerdings nicht gerade eine leidenschaftliche Krimileserin. Sie ist mehr in der großen Literatur zu Hause. Von ihr erhofte ich mir stilistischen Input, Hinweise auf sprachliche Mängel, Kritik an Struktur und Plot.

Die zweite ist nicht nur eine leidenschaftliche Leserin, sondern auch eine, die Krimis mag und meiner Einschätzung nach exakt die Zielgruppe darstellt. Da war mir vor allem wichtig, was bei ihr gut ankam und was sie weniger mochte in einem Krimi, also wie viel Blut, wie viel Emotion, mehr Sex oder lieber Land und Leute.

Die dritte Testleserin ist eine Schulfreundin, mit der ich gemeinsam Leistungskurse in Englisch und Deutsch besucht und in den Pausen Backgammon gespielt hatte. Letzteres ohne Einfluss auf meine literarischen Bemühungen, ersteres schon. Sie war nach dem Abitur in Richtung Kunstgeschichte und Design gegangen und konnte mir auch zum Cover gute Tipps geben.

Und dann war das noch die Kollegin, wie ich Journalistin, die als Mutter zweier Kinder ein ganz anders Leben führt als ich und mit der ich doch so viel gemeinsam habe. Unter anderem die Liebe zum Motorrad. Sie korrigiert täglich Texte, schnell, mit Übersicht und klugen Anmerkungen.

Bester Schreibplatz der Welt

Lektorat geteilt durch vier

Jede hatte ihre eigenen Schwerpunkte und Stärken und das würde mir helfen. Sie alle hatten von mir einen Monat Zeit bekommen, das Manuskript zu lesen. Mit dem Feedback würde ich in die erste Überarbeitung des Manuskripts gehen. Und wow, was für ein Feedback!

Jede der vier hatte eine ganz eigene Sicht der Dinge und alles war wertvoll: Es gab Hinweise zu Wortwiederholungen, Metaphern, Anschlussfehlern, charakterlichen Eigenheiten, Kulinarischem … Die Liste war lang und jeder waren ganz andere Dinge aufgefallen. Ich hatte jede Menge Punkte, die ich überarbeiten wollte und musste.

Und dann war da noch das große Fragezeichen: die Zeit. Ich hatte den ursprünglichen ersten Ertwurf im Präteritum geschrieben. Als ich dann das Manuskript wieder aufgenommen hatte, hatte ich alles ins Präsens umgeschrieben. Ich fand, damit wurde die Geschichte authentischer und die Spannung größer, weil es ja jetzt geschieht. Und doch waren sich alle einig – im Präteritum lässt es sich leichter lesen. Es störte nicht alle, aber das Präsens gefiel keiner.

Mist!

Aber die schönste Erkenntnis – das Buch hatte allen gefallen.

Puh!

Was tun mit den Hinweisen aus dem Lektorat?

Das komplette Manuskript in eine neue Zeit zu setzen ist eine Wahnsinnsarbeit. Aber wenn es die vier lieber mögen? Dann muss ich da wohl durch. Vielleicht hängt man als Journalistin zu sehr in der Sprache der aktuellen Berichtersttattung und schätzt es nicht richtig ein, wie es sich für andere anfühlt. Schließlich müssen sich meine Leser mit dem Buch wohlfühlen.

Acht Augen hatten entschieden und die letzten zwei, meine, gaben nach. Aus dem Präsens wurde das erzählerische Präteritum.

Und im Buch liest sich das dann so:

Ein Mann kam um die Ecke, nicht sonderlich groß, aber sehr kräftig, das Gesicht voller Ecken und Kanten. Der Kopf steckte in einer ausgeblichenen Wollmütze, die Füße in dreckigen Gummistiefeln, der Rest in Militärhosen und einem karierten Holzfäller-Fleece in der Farbe der Gummistiefel: grün und braun. Die waren das Einzige, das keine Löcher zu haben schien. Er roch nach Schweiß und Kuhscheiße und sein „WAS“ hatte ein Ausrufezeichen, kein Fragezeichen gehabt.

Nellie Merthe Erkenbach