gut und böse

Es ist die Zeit der Corona Krise und Schottland zum Zufluchtsort vieler geworden, die Angst haben sich da, wo sie leben, mit dem Virus anzustecken. Nicht jeder lebt so sicher wie wir hier in den Highlands, die jedem die Möglichkeit geben, Raum zu schaffen zwischen sich selbst und anderen Menschen.

Indian Summer scotland

An der Westküste und im Inneren der Highlands empfinde ich die Zahl derer, die sich hierher zurückziehen als sehr groß. Weil die meisten Campingplätze geschlossen haben, campen die Corona-Flüchtlinge wild und hinterlassen manchmal leider auch eine Verwüstung auf den Ausweichbuchten der Single Track Roads und an den anderen Stellplätzen. In Gegenden, in denen man tatsächlich auch auf etwas Grün sein Zelt aufschlagen kann, riecht es inzwischen oft unangenehm. Es gibt so gut wie keine öffentlichen Toiletten und die wilden Camper erledigen offensichtlich ihre Geschäfte direkt vor Ort.

wild campers

 

Ganz besonders ist mir das am Loch Loch Duntelchaig aufgefallen, wo normalerweise viele Angler den Tag verbringen. Nun sind die Camper da und man riecht sie. Ich kam an einem dieser aufgemotzten Opel Corsa mit auswärtigem Kennzeichen vorbei, da räkelte sich gerade ein junger Kerl im Versuch aufzuwachen. Um das Auto herum lagen ein halbes Dutzend Plastiktüten voll mit Müll. Prima dachte ich. Wenigstens nehmen sie ihren Müll mit. Als ich am Nachmittag nochmals vorbei komme sehen ich einen großen verbeulten Camper mit Kanu auf dem Dach an der Stelle parken. Im Cockpit hat der Fahrer eine Reihe knöcherne Tierschädel gelegt, die hat er wohl gefunden. Am Beifahrersitz lehnt eine große Schaufel. Wahrscheinlich seine mobile Toilette. Sieht alles in allem mehr nach Aussteiger als nach Camper aus.

Loch Duntelchaig

 

Ein groß gewachsener Endzwanziger mit langen Rasta Haaren klaubt die Tüten zusammen, die die jugendlichen Engländer zurückgelassen haben. Sie hatten wohl keinen Bock mehr auf Entsorgung.

„Räumst du anderer Leute Müll weg?“ frage ich den Rastamann.

Er nickt: „Dieses Land ist viel zu schön, um es so zu verschandeln. Ich muss sowieso noch zum Supermarkt. Da werfe ich es ein.“

„Du willst gar nicht hier campen?“

„Nein, ich wollte nur sauber machen,“ sagt er und sein australischer Akzent ist unüberhörbar.

Als ich ein paar Minuten später mit dem Auto nochmal an derselben Stelle vorbei komme, spielen drei Kinder da, wo eben noch der Müll lag. Ihre Eltern schauen zufrieden hinaus aufs Wasser.

Loch Duntelchaig

 

 

 

 

 

 

 

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Schottlandreise während Corona – Die letzten Meilen

Da war ich nun, endlich auf schottischen Boden. Als erstes verkrümle ich mich in die Toilette und wasche mir gründlich die Hände, was gar nicht so einfach ist in dem Land mit den zwei Wasserhähnen und Waschbecken in Kindergröße.  Das Ritual, das man sich in Deutschland seit Corona am Waschbecken antrainiert hat, muss nun den Bedingungen angepasst werden.

Waschbecken Schottland

Mit dem Mann hatte ich verabredet, dass er mich nicht im Terminal abholt, sondern im Auto draußen wartet. Als ich aus der Zollkontrolle komme, sehe ich, dass er das auch gar nicht gekonnt hätte. Man wird direkt zum Ausgang gelotst, die Halle ist dunkel, nichts hat geöffnet.

Draußen begrüßt mich zuerst der schottische Wind dann der Mann, wie schön, ihn nach fünf Monaten endlich wiederzusehen. Wir fahren gleich los, gemäß der Regularien muss ich unmittelbar zu dem Ort meiner Selbstisolation, darf unterwegs nicht aussteigen oder andere Dinge tun. Deshalb hat der Mann auch eingekauft, bevor er mich abgeholt hat. So gesehen haben die Einschränkungen auch ihr Gutes. Ich lehne mich entspannt zurück.

Kurz bevor wir aus Inverness raus sind, sehen wir, dass der Pizza Laden und das Take-Away aufhaben. Das war bislang nicht so, sagt der Mann, der sicherheitshalber Sandwiches für mich gekauft hat. Es ist schon 19 Uhr und wir haben noch zwei Stunden Fahrt vor uns, deshalb also zwei Pizzen zum Mitnehmen zum stolzen Preis von 19 Pfund. Die Kunden müssen im Freien warten. Wenigstens ist es nur windig aber der Regen kommt schnell.

Highlands

Dann essen wir mit Blick auf Loch Ness im Auto zu Abend und fahren nach Hause. Die Straßen sind sehr leer, aber sie füllen sich langsam wieder sagt der Mann. Ich hätte mehr Camper an den üblichen Touristenstellen erwartete, doch die sind weitgehend leer. Die Behörden haben alles getan, die Menschen vom wilden Campen in Schottland abzuhalten. Das Müllproblem stellt sie in Gebieten mit einem solchen Ausmaß vor große Probleme. Nur zwei Campingbusse sehen wir auf dem Heimweg.

wilde Katze

Dann sind wir zu Hause und die wilde Katze begrüßt mich mit lautem Miau. Von nun ab werde ich ihr viel Gesellschaft leisten können. Weil ich vor dem 10. Juli eingereist bin, muss ich noch 14 Tage in Selbstisolation. Ich darf nicht aus dem Haus und ich darf keinen Besuch empfangen. Auch nicht von der Familie. 14 Tage vollkommene Ruhe und der Blick aufs Meer. Schön!

 

Schottlandreise während Corona – going home

Ich wache vor dem Wecker auf. OK, ich bin ehrlich, ich habe ganze drei Wecker gestellt. Das ist vielleicht etwas übertrieben, nimmt mir aber die Sorge, die mir sonst den Schlaf rauben würde, dass der Wecker nicht funktioniert.

Meine Eltern sind so lieb und bringen mich in der Früh an den Bahnhof, öffentliche Verkehrsmittel gibt es in meinem kleinen Schwarzwaldort nicht, mit denen ich zeitnah an den nächsten größeren Bahnhof komme und so kann ich wenigstens den Familienhund noch einmal knuddeln, bevor ich mich wieder für gut 2 Monate nach Schottland verabschiede. Ich habe mich an die Straße gestellt und ihnen ausufernd zugewunken, als sie den Bergb herauf kamen, damit sie mich auch sehen und nicht die Auffahrt zum Haus nehmen. Allerdings war das gar ihr Auto. Der Mann wird sich vermutlich zu Recht gefragt haben, warum ihm morgens um kurz nach 6 Uhr eine Frau mit Koffer so freudig entgegen fuchtelt. Peinlich das.

Gleise

Es ist wenig los am Gleis und der erste ICE ist pünktlich, mit dem Comfort Check-in werde ich nicht einmal am Platz kontrolliert. Das ist wirklich sehr entspanntes Reisen mit Sicherheitsabstand. Jeder trägt Maske, ein Geschäftsmann mit überheblichem Blick trägt sie unter derm Kinn aber der ist wahrscheinlich schlauer als wir anderen.

Bahnhof Frankfurt

Schwuppsdiwupps bin ich bei meinem ersten Umstieg angekommen, pünktlich und völlig ohne Stress. Und der nächste ICE wartet in der Tat schon ein paar Gleise weiter. Hach ist das entspannt!

Noch vor der Abfahrt kommt ein junger Mann in Klamotten der deutschen Bahn ins Abteil. Er trägt kurze Hosen und seine mageren Beine sind übersät von alten Einstichflecken. Frankfurter Drogenszene denke ich und gebe ihm die 2,70 €, die er für ein angebliches Ticket nach Irgendwo will. Ich schätze er ist vielmehr ein Kandidat für ein Ticket nach Nirgendwo aber ich will mir kein Urteil erlauben. Das Leben meint es nicht mit allen gut. Er bedankt sicherlich freundlich und verlässt den Zug. Immerhin hat er eine Maske getragen.

Auch in diesem ICE ist wenig los, die Toiletten sind sauber, es gibt Seife und Desinfektionsmittel. Inzwischen bin ich froh, dass ich (wenn auch gezwungenermaßen) keinen Mietwagen genommen habe. Die gespenstische Leere am Zwischenhalt Frankfurt Flughafen Fernbahnhof spricht Bände über die Anzahl der Flüge, die die Lufthansa derzeit anbietet.

Rolltreppen Utrecht Central

Zweiter Wechsel dann in Utrecht. Alles sehr sauber hier in den Niederlanden.  Ich komme auf Gleise 5 an und der Schnellzug zum Flughafen Schiphol fährt auf Gleise 7 ab. Also, schließen ich messerscharf muss ich auf einen anderen Bahnsteig.

Gleisanzeige Bahnhof Utrecht Central

Nicht in Holland, wie ich feststelle, da liegen Gleis 5 und 7 am selben Bahnsteig gegenüber. Also wieder zurück. Macht nix, so eine Rolltreppe ist auch was Schönes. Dafür hat der letzte Zug eine nette Sitzecke.

Abflughalle Amsterdam Schiphol

Ich bin 4 Stunden vor meinem Abflug am Flughafen und gehe gleich durch den Sicherheitscheck. Bei der Passkontrolle werde ich von einem gutaussehenden Zollbeamten gefragt, wohin es geht.

 “Inverness”, sage ich.

Are you going home?

Ich zögere kurz bevor ich ihm antworte.

Yes, I am going home!

Montag: Über den Wolken

Schottlandreise während Corona – Ich bin vorbereitet!

Ich zähle die Tage bis ich in Schottland bin. Endlich wieder! Jetzt gibt es schließlich ein Datum. Morgen ist es so weit, wenn alles gut geht und sie mich reinlassen ist wieder Licht am Horizont.

Sonnenuntergang

Ich mache mir viele Gedanken darum, ob ich eventuell den Mann gefährde, wenn ich zu ihm reise und ganz ausschließen lässt sich dieses Risiko nicht. Auf der anderen Seite sind wir in Deutschland soviel besser dran als die Menschen im Vereinigte Königreich. Wobei, in Schottland steht es dank der Umsicht von First Minister Nicola Sturgeon viel besser als in Prime Minister Boris Jonhnsons England. Schottland hat den Lockdown deutlich ernster genommen als die Nation im Süden. Aber die Vorstellung, das Virus vielleicht unwissentlich einzuschleppen ist beunruhigend.

Handgepäck

Ich habe FFP2 Masken bestellt, drei Stück für die Reise liegen schon im Koffer, dazu Reinigungstücher, Alkoholpads, Desinfektionsspray, Ersatzmasken, Einmalhandschuhe, alles was mir einfällt, um eine Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten. So einen seltsamen Koffer habe ich noch nie gepackt in all den Jahren, in denen ich zwischen Schottland und Deutschland hin und her pendle.

Und ich habe begonnen das Formular auszufüllen, ohne das man nicht ins Vereinigte Königreich einreisen kann, die Public Health Passenger Locator Form. Sie dient dazu, die Regierung mit Kontaktdaten (wann reise ich ein, wo wohne ich, wer ist mein Kontakt und unter welchen Telefonnummern bin ich wann zu erreichen) zu versorgen, damit ich informiert werden kann, sollte es auf meinem Flug einen bestätigten Infektionsfall gegeben haben, heißt es im Text zum Formular. Gerne gebe ich der Regierung all diese Daten nicht, aber was will ich machen, ohne darf man nicht einreisen. Ich fülle es so weit es geht aus und speichere es ab. Man bekommt einen Link, mit dem man das Formular dann innerhalb einer Woche vervollständigen und abschicken kann, aber eben erst 48 Stunden vor Einreise. Einchecken bei KLM für den Flug kann ich 30 Stunden zuvor. Bis dahin muss ich in Deutschland aushalten.

Schwarzwald

Der Mann hat derweil in Schottland die Vorbereitungsphase gestartet, die Küche geputzt und alle Zimmer gesaugt. Wir haben über die mögliche Gefahr gesprochen, die meine Reise zu ihm darstellen könnte. Gemeinsam haben wir beschlossen, dass wir dieses Risiko in Kauf zu nehmen bereit sind. Wir haben uns fast ein halbes Jahr nicht mehr gesehen. Wir wollen damit nicht warten, bis es einen Impfstoff gibt.

Der Countdown hat begonnen. Morgen ist der große Tag.

Morgen: Bis zur Grenze

 

 

Schottlandreise während Corona – Zügig zum Ziel

Nach dem Mietwagen-Aus stelle ich die gesamte Reise nach Schottland in Frage. Soll ich nicht vielleicht doch lieber mit dem Auto fahren? Braucht es eine Planänderung? 

Ich könnte ja den Eurotunnel nehmen, da kann man im Auto sitzen bleiben. Aber der hat inzwischen auch die Preise angezogen und so richtig ist der auch nicht im Einklang mit den Einreiseregeln. Ich muss schließlich 14 Tage in Selbstisolation und auf direktem Weg von der Grenze zu meinem Bestimmungsort. Das sind von der Südküste Englands aus knappe 1000 Kilometer und von zu Hause bis zum Ärmelkanal nochmal knapp 700. Das schaffe ich nicht ohne Schlaf und Schlaf in einem Hotel beißt sich irgendwie mit direktem Weg und nur an einem Ort aufhalten. Streng genommen müsste ich durchfahren oder im Auto übernachten.

Der Mann runzelt die Stirn als ich ihm das erzähle. Im Auto übernachten sieht die Polizei auf der Insel generell nicht gerne, unabhängig von Corona. Also irgendwie ist das alles nicht so super.

Dann also Zug, eingesperrt mit vielen anderen Menschen, die alle dieselbe Luft atmen. Genau wie im Flieger, aber da wird sie ja angeblich alle 3 Minuten ausgetauscht. Im ICE kann man kein Fenster aufmachen.

Allerdings gibt es eine sehr gute Verbindung mit nur 2x umsteigen direkt zum Flughafen in Amsterdam. Und die Preise in der 1. Klasse sind mit 90,- € wirklich gut. Da kann man eigentlich nicht nein sagen. Ich hoffe, dass die Züge nicht zu voll sein werden. Zusammengepfercht mit vielen anderen möchte ich nämlich nicht sein. Schon gar nicht über 6 Stunden. Aber es scheint mir die sinnvollste Lösung im Moment. Schließlich ist fast nichts mehr so, wie es vor Corona war.

Ich buche also einen Zug, um zügig zum Ziel zu kommen. Sparpreis. Wenn was dazwischenkommt, bekomme ich mein Geld nicht zurück. Egal. Es kommt nichts dazwischen.

Es kommt ganz bestimmt nichts dazwischen!

Morgen: Ich bin vorbereitet!

Schottlandreise während Corona – Ich habe einen Plan

Es war alles schon gebucht gewesen. Mitte Mai wollte ich wie immer zurück nach Schottland fliegen. Ich hatte Ende Januar dem Mann tschüss gesagt gehabt und war in den Flieger nach Deutschland gestiegen. Doch ganz so leicht wie es all die Jahre zuvor mit der Fernbeziehung im Ausland war, sollte es 2020 nicht mehr werden. Das Virus hat uns einen gehörigen Strich durch die Beziehungsrechnung gemacht.

Als im März die ersten Schreckensmeldungen aus Italien eintreffen, mache ich mich zur vorzeitigen Abreise bereit, sitze ein Wochenende auf meinem Koffer und glühenden Kohlen, um dann montags wieder auszupacken. Der Chef will, dass ich bleibe, keiner kann absehen, wie sich die Situation entwickelt. Journalisten werden als systemrelevant eingestuft und gebraucht. Ergo: kein Urlaub. Ich bleibe. Wenige Tage später tritt die Reisewarnung in Kraft.

Als die Meldung durchsickert, dass Mitte Juni das Reisen wieder möglich sein wird, beginne ich zu planen. Bis Ende Juni bin ich in ein Corona Projekt eingebunden. Über die Sommermonate wird dann erwartet, dass die Mitarbeiter Urlaub nehmen. Gerne Chef! Aber nur, wenn ich nach Schottland reinkomme. Das Schlimmste, was mir jetzt passieren kann ist, dass ich Urlaub nehmen muss, ohne ihn in Schottland beim Mann verbringen zu können. Das würde nämlich bedeuten, dass aus der Gleichung Urlaubszeit = Beziehungszeit nichts wird und die Beziehungszeit 2020 sich dem Faktor 0 nähert.

Ich muss unter allen Umständen irgendwie nach Schottland! Ich muss einfach!

Also mache ich einen Plan.

Ab 15. Juni sollen die Grenzen wieder auf sein. Ich buche einen Flug und reise zum Mann. Mein ursprünglicher Flug im Mai war ausgefallen und Easyjet hatte angekündigt, die Kosten zu erstatten. Was sie allerdings noch immer nicht getan haben. Umbuchen wäre auch schwierig, es gibt keine Flüge, auf die man umbuchen könnte.

Bei der Reise will ich ganz besonders darauf achten, sie so sicher und kontaktarm wie möglich zu gestalten. Damit kommt eine Anreise mit dem Auto nicht in Frage, denn auch wenn man auf den ersten Blick im eigenen Auto kontaktarm unterwegs ist, ändert sich das beim weiteren Nachdenken. An Autobahnraststätten, an den Mautstellen in Frankreich, bei der Übernachtung in einem Hotel (bei 1.600 km Fahrstrecke nötig) und auf der Fähre, überall Menschen. Außerdem müsste man so durch England nach Schottland einreisen. Kein kluger Plan, während des Lockdowns wurden zahlreiche Engländer an der Grenze zu Schottland abgewiesen. Warum sollten sie eine Deutsche reinlassen?

Bleibt also nur Flug, möglichst einer ohne Zwischenlandung an einem der internationalen Drehkreuze Amsterdam, London oder Paris.

Eigentlich ganz einfach…….

 

Morgen: Finde einen Flug

Schottlandsehnsucht – Foto Challenge

Abenteuer Highlands Wunder der Technik Fernbeziehung Skype Coulin Estate, Torridon ©nme

Sehnsucht nach Schottland?

Ich habe sie, ihr habt sie und weil ich so wunderbare Leser mit inspirierenden Ideen habe, starten wir jetzt gemeinsam eine Aktion gehen den Daheimbleib-Frust. Jeder darf mitmachen.

Ein paar von euch mussten ihre Schottland-Urlaube verschieben, andere haben sie ganz abgesagt, wieder andere hoffen noch und auch ich weiß nicht, wann und für wie lange ich wieder zurück in meine zweite Heimat kann.

Das Corona Virus hat für so viele Menschen wirklich grausame Folgen und natürlich ist die Sehnsucht nach Schottland ein kleines Übel im Vergleich zum Verlust von Existenzen und Menschenleben. Uns bleibt die Hoffnung auf bessere Zeiten.

Um die Zeit der Ungewissheit und der Ferne zu überbrücken, kramt nun der ein oder andere seine Schottland Fotos aus. Und hier kommt Andys Idee: Lasst sie uns hier teilen. Eine Foto-Challenge auf Abenteuer Highlands. Hurrah!!!

Hier ist der Plan:

Schickt mir 5 eurer Lieblingsfotos aus Schottland auf die Adresse ErkenbachNellieMerthe@gmail.com als .jpg in einer Göße, die das Versenden per Mail erlaubt. Ja, ihr könnt auch mehrfach 5 schicken.

Ich stelle sie hier aus und wir können alle gemeinsam in Schottlandsehnsucht schwelgen. Wenn ihr noch eine kleine Geschichte zu den Bildern habt – umso besser. Es kommt also auch auf die Kombination an.

Die Fünferkollektion mit den meisten Likes bekommt einen Preis: schottisches Siegerminz, eine handsignierte Kopie meines nächsten Buchs Schottland für stille Stunden, das im Sommer erscheint und natürlich ein special feature auf Abenteuer Highlands. Macht das Lust?

Die Foto-Challenge ist hiermit eröffnet.

Fotos könnt ihr bis  zum 30.06.2020 einsenden. Jeder kann mitmachen, sofern er mindestens 18 Jahre alt ist. Ihr müsst die Rechte an den Fotos besitzen. Ich brauche euren Namen und den Ort, den das Foto zeigt. Am besten branded ihr sie.  Dann poste ich die Bilder als Beitrag auf dem Blog.

Ich freu mich auf eure Bilder. Legt los!

Nellie

 

 

My Heart‘s in the Highlands

Diesen Post schreibe ich nicht nur für mich, ich schreibe ihn vor allem auch für euch da draußen, die ihr mir schon so lange und mit so viel wunderbarem Feedback folgt. Wir alle haben jetzt zu kämpfen mit dem, was das Coronavirus mit unserem Leben macht und wir träumen von Schottland, weil es das Einzige ist, was wir im Moment tun können, träumen.

Isle of Skye

Schottland ist ein Traum. Wie oft habe ich das in der Vergangenheit so leicht gesagt, wenn ich Menschen davon erzählen wollte, wie wunderbar dieses Land ist. Ein Traum!

Jetzt ist es leider nur noch ein Traum für so viele von uns. Wir kommen nicht mehr hin. Ihr hattet Urlaube geplant, Reiserouten ausgearbeitet hin zum Meer, den Bergen und dem unglaublichen Licht. Und nun machen die Reisebeschränkungen, die Flugausfälle und die zu erwartenden Grenzkontrollen auf dem Weg ins Vereinigten Königreich die Einreise nach Schottland so gut wie unmöglich.

Isle of Skye

Auch für mich, denn auf dem Papier bin ich ja auch nichts anderes, als ein Tourist. Dass ich seit fast einem Jahrzehnt ein zweites Leben in den Highlands habe, das ich dort mit einem Schotten teile, hat auf die Einschränkungen keinen Einfluss. Auch ich komme nicht mehr hin. Und ich weiß nicht, für wie lange. Die Sorge um den Mann und die Familie nimmt täglich zu. Was, wenn sich der Mann infiziert? Ich könnte nicht bei ihm sein. Wie selbstverständlich hat man doch das alte Europa vor Corona genommen. Nun mit Brexit und Corona ist so vieles anders. 

Isle of Skye

Wie so viele Menschen in Deutschland (und ja, ich finde viele vernünftige Menschen mit voller Mitgefühl und Menschenverstand, auch das hat mir die Coronakrise gezeigt) habe nun auch ich ein Gefühl der Hilflosigkeit.

Was, wenn….?

Was, wenn ich nicht….?

Dabei geht es mir noch gut. Ich lese von einem Vater, der seine sterbende Töchter im Krankenhaus nicht sehen darf, weil das Krankenhaus abgeriegelt wurde und er bei seinem Sohn bleiben muss während seine Frau die Tochter auf dem letzten Weg begleitet. Furchtbar. 

Aber ich lese eben auch, dass es lange gehen kann, bis wir die Krise überwunden haben. Manche reden von zwei Jahren. Zwei Jahre! 

Der Mann ist in der Art und Weise wie er die Pandemie erlebt einige Tage hinter mir zurück, was die Erfahrungen und auch die Einschätzungen der Situation angeht. Bei den Glasgow Rangers wurde im vollen Stadion noch Fußball gespielt, da haben sie bei uns schon die Geisterspiele abgesagt. Deutschland schloss die Schulen Anfang der Woche, Schottland erst am Freitag. Ich kenne, was auf ihn zukommt.

Schottland hat eine starke und kluge Regierungschefin voller Empathie aber das Oberhaupt des Vereinigten Königreichs genießt eher nicht unser Vertrauen, schon gar nicht, wenn es um Krisenmanagement geht. Und das  Gesundheitssystem NHS ist zwar sehr sozial aber eben auch sehr unterbesetzt. Es wird mit der zu erwartenden hohen Zahl der medizinisch Hilfsbedürftigen nicht klar kommen. Seife, Desinfektionsmittel oder Nudeln sind auch in den Highlands nicht zu kriegen.

Das Land, das so sehr auf den Tourismus angewiesen ist, wird auf absehbare Zeit keine Touristen mehr sehen. Die Auswirkungen werden drastisch sein für viele in der Familie und im Bekanntenkreis. Allerdings gibt es jetzt die ersten Corona-Touristen, die sich in ihren Wohnwägen in den Highlands selbst isolieren. Wie lange gedenken die ohne ordnungsgemäße Toilettenleerung da auszuhalten? Wer kümmert sich um sie, wenn sie infiziert sind? Die medizinische Versorgung in den Highlands ist nicht auf große Zahlen ausgelegt. Diese Touristen helfen niemand. Allein in Glen Coe waren es gestern bereits mehr als zwei Dutzend. 

Ich hatte es kommen sehen und saß am Sonntag auf gepackten Koffern. Noch waren die Grenzen offen, noch flogen die Fluglinien einigermaßen nach Plan. Viel war weggebrochen, von dem, was ich normalerweise arbeite. Wäre es nicht besser schnell nach Schottland zu verschwinden anstatt im Sommer?

Ich fragte meinen Chef aber er antwortete erst, als ich den Flieger am Montag schon nicht mehr erreichen konnte. Der Chef bat mich zu bleiben, Journalisten werden gebraucht und viele Kollegen werden ausfallen, weil sie sich um ihre Kinder kümmern müssen. Das habe ich verstanden und bin geblieben. Aber nun kann ich nicht mehr weg. Wer weiß, für wie lange.

Immer wieder geht mir die Zeile aus dem Lied bzw. Gedicht von Robert Burns im Kopf herum. Er hat es 1789 geschrieben, vor weit über zweihundert Jahren.

Gedicht Robert Burns

Mein Herz ist in den Highlands, mein Herz ist nicht hier.

Mein Herz ist in den Highlands, wo auch immer ich bin.

Eures auch? 

 

 

Corona macht mich fertig!

Irgendwie kommt man an dem Thema dieser Tage ja nicht vorbei. Ausgerechnet jetzt kämpfe ich mit einer sehr hartnäckigen Erkältung. Ja, einer normalen Erkältung, ohne Fieber, ohne Atemnot. Das muss man in diesen Tagen ja laut dazu sagen.

Nun bin ich also zu Hause, versuche mich zu schonen und gesund zu ernähren. Ich habe Zeit, die Zeitung ausführlich zu lesen, Social Media durchzukämmen und die Talkshows im TV zu verfolgen. Ich bin in Sachen Corona up to date. Ich habe mir sogar bei Amazon Gesichtsmasken und Desinfektionsspray bestellt. Zu horrenden Preisen in Übrigen.

Atemmaske und Desinfektionsspray

Und der in schottischen Schulen durch hustende Schülerhorden gestählte Mann, schickt mir lustige gifs und Fotos zum Thema Coronavirus. Wie kann man den Unterschied zwischen Schotten und Deutschen besser verstehen als in unserem Umgang mit der Pandemie – er sammelt Witze, ich kaufe Desinfektionsmittel.

Desinfektionsmittel horten

Lustig eigentlich, wenn da nicht dieses ungute Gefühl im Magen wäre. Als ob der Brexit unsere Fernbeziehungssituation nicht schon unsicher genug gemacht hätte.

Was ist, wenn es im Sommer ein Reiseverbot gibt, wenn ich wieder zurück in die Highlands möchte?

Was, wenn ich nicht mehr aus Schottland zurück nach Deutschland kann am Ende des Sommers?

Ok, mit letzterem könnte ich leben. Sorry Chef, ich hab alles gegeben aber ich schaffe es nicht.“ Ja, damit könnte ich zumindest eine Zeit definitiv leben. Sorry Chef! Aber der andere Fall? In Deutschland bleiben zu müssen, weil ich nicht nach Schottland reisen darf. Das wäre furchtbar.

Tragfläche Flugzeug

So oft habe ich die Grenzen zwischen unseren beiden Ländern passiert, ohne nachzudenken. Und nun? Nun ist Corona passiert und zwingt mich dazu. Es sind echte Grenzen und die kann man schließen. Ich und mein Partner leben nicht im selben Land und das kann im Falle einer Pandemie ein echtes Problem werden. Ein Schatz, ich habe alles gegeben aber ich schaffe es nicht würde ich nur sehr schwer über die Lippen bringen.

Heute Morgen hat er mir ein Foto von einem Chinesen mittleren Alters geschickt, der sich eine Damenbinde anstelle einer Gesichtsmaske an die Nase geklebt hat. Hat der Mann wohl auf Twitter oder Facebook gefunden.

Ich glaube, ich muss wieder weniger deutsch werden und die schottische Seite der Dinge sehen lernen.

Weg mit den Desinfektionsmitteln – her mit den Damenbinden!