My Heart‘s in the Highlands

Diesen Post schreibe ich nicht nur für mich, ich schreibe ihn vor allem auch für euch da draußen, die ihr mir schon so lange und mit so viel wunderbarem Feedback folgt. Wir alle haben jetzt zu kämpfen mit dem, was das Coronavirus mit unserem Leben macht und wir träumen von Schottland, weil es das Einzige ist, was wir im Moment tun können, träumen.

Isle of Skye

Schottland ist ein Traum. Wie oft habe ich das in der Vergangenheit so leicht gesagt, wenn ich Menschen davon erzählen wollte, wie wunderbar dieses Land ist. Ein Traum!

Jetzt ist es leider nur noch ein Traum für so viele von uns. Wir kommen nicht mehr hin. Ihr hattet Urlaube geplant, Reiserouten ausgearbeitet hin zum Meer, den Bergen und dem unglaublichen Licht. Und nun machen die Reisebeschränkungen, die Flugausfälle und die zu erwartenden Grenzkontrollen auf dem Weg ins Vereinigten Königreich die Einreise nach Schottland so gut wie unmöglich.

Isle of Skye

Auch für mich, denn auf dem Papier bin ich ja auch nichts anderes, als ein Tourist. Dass ich seit fast einem Jahrzehnt ein zweites Leben in den Highlands habe, das ich dort mit einem Schotten teile, hat auf die Einschränkungen keinen Einfluss. Auch ich komme nicht mehr hin. Und ich weiß nicht, für wie lange. Die Sorge um den Mann und die Familie nimmt täglich zu. Was, wenn sich der Mann infiziert? Ich könnte nicht bei ihm sein. Wie selbstverständlich hat man doch das alte Europa vor Corona genommen. Nun mit Brexit und Corona ist so vieles anders. 

Isle of Skye

Wie so viele Menschen in Deutschland (und ja, ich finde viele vernünftige Menschen mit voller Mitgefühl und Menschenverstand, auch das hat mir die Coronakrise gezeigt) habe nun auch ich ein Gefühl der Hilflosigkeit.

Was, wenn….?

Was, wenn ich nicht….?

Dabei geht es mir noch gut. Ich lese von einem Vater, der seine sterbende Töchter im Krankenhaus nicht sehen darf, weil das Krankenhaus abgeriegelt wurde und er bei seinem Sohn bleiben muss während seine Frau die Tochter auf dem letzten Weg begleitet. Furchtbar. 

Aber ich lese eben auch, dass es lange gehen kann, bis wir die Krise überwunden haben. Manche reden von zwei Jahren. Zwei Jahre! 

Der Mann ist in der Art und Weise wie er die Pandemie erlebt einige Tage hinter mir zurück, was die Erfahrungen und auch die Einschätzungen der Situation angeht. Bei den Glasgow Rangers wurde im vollen Stadion noch Fußball gespielt, da haben sie bei uns schon die Geisterspiele abgesagt. Deutschland schloss die Schulen Anfang der Woche, Schottland erst am Freitag. Ich kenne, was auf ihn zukommt.

Schottland hat eine starke und kluge Regierungschefin voller Empathie aber das Oberhaupt des Vereinigten Königreichs genießt eher nicht unser Vertrauen, schon gar nicht, wenn es um Krisenmanagement geht. Und das  Gesundheitssystem NHS ist zwar sehr sozial aber eben auch sehr unterbesetzt. Es wird mit der zu erwartenden hohen Zahl der medizinisch Hilfsbedürftigen nicht klar kommen. Seife, Desinfektionsmittel oder Nudeln sind auch in den Highlands nicht zu kriegen.

Das Land, das so sehr auf den Tourismus angewiesen ist, wird auf absehbare Zeit keine Touristen mehr sehen. Die Auswirkungen werden drastisch sein für viele in der Familie und im Bekanntenkreis. Allerdings gibt es jetzt die ersten Corona-Touristen, die sich in ihren Wohnwägen in den Highlands selbst isolieren. Wie lange gedenken die ohne ordnungsgemäße Toilettenleerung da auszuhalten? Wer kümmert sich um sie, wenn sie infiziert sind? Die medizinische Versorgung in den Highlands ist nicht auf große Zahlen ausgelegt. Diese Touristen helfen niemand. Allein in Glen Coe waren es gestern bereits mehr als zwei Dutzend. 

Ich hatte es kommen sehen und saß am Sonntag auf gepackten Koffern. Noch waren die Grenzen offen, noch flogen die Fluglinien einigermaßen nach Plan. Viel war weggebrochen, von dem, was ich normalerweise arbeite. Wäre es nicht besser schnell nach Schottland zu verschwinden anstatt im Sommer?

Ich fragte meinen Chef aber er antwortete erst, als ich den Flieger am Montag schon nicht mehr erreichen konnte. Der Chef bat mich zu bleiben, Journalisten werden gebraucht und viele Kollegen werden ausfallen, weil sie sich um ihre Kinder kümmern müssen. Das habe ich verstanden und bin geblieben. Aber nun kann ich nicht mehr weg. Wer weiß, für wie lange.

Immer wieder geht mir die Zeile aus dem Lied bzw. Gedicht von Robert Burns im Kopf herum. Er hat es 1789 geschrieben, vor weit über zweihundert Jahren.

Gedicht Robert Burns

Mein Herz ist in den Highlands, mein Herz ist nicht hier.

Mein Herz ist in den Highlands, wo auch immer ich bin.

Eures auch? 

 

 

19 Gedanken zu “My Heart‘s in the Highlands

  1. Liebe Nellie,
    Mir geht es genauso.
    Einerseits haben wir gerade fast nichts zu tun, so dass ich doch genauso gut in Schottland sein könnte – vereinzelte Flüge gehen ja noch und immerhin habe ich dort einen gemeldeten Wohnsitz- andererseits habe ich alle meine Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen heimgeschickt und ich mache hier allein die Notbesetzung.
    Mein Vertrauen in den NHS ist auch nicht besonders hoch – da sowohl in den letzten Jahren dort alles kaputt gespart wurde. Und vielleicht ist das Herrn Johnson jetzt gerade eingefallen, nachdem er erst alles verharmlost hatte und den Weg einer „Herdenimmunisierung“ zuerst gehen wollte.
    Ich fürchte die Verhältnisse in Italien werden dazu noch harmlos erscheinen, wenn die Epidemie allein im Großraum London richtig ausbricht. 14 Millionen Menschen!!! Wenn nur 5 Millionen dort erkranken und davon 4 % intensive medizinische Betreuung brauchen ergibt das 200.000 Notfälle – da kommt man mit ca. 5000 Beatmungsgeräten nicht sehr weit. Und bei weiteren 44 Millionen Briten darf man gar nicht weiter denken. Und wie wir wissen sind Krankenhäuser in den Highlands auch mich ewig weg, bei mir wären es 55 km. Was das dort für Erkrankte bedeutet. Der Vorteil ist nur dass durch die geringe Besiedelung eine Verbreitung erschwert wird.

    Und was dann nach der Epidemie wirtschaftlich los sein wird – auch in Schottland durch die jetzt fehlenden Touristen. Die Regierung in London hat sicherlich andere Probleme im Kopf als sich um den schon immer benachteiligten Norden zu kümmern. Fehlende Steuereinnahmen, wesentlich geringere Einnahmen aus der Ölförderung vor der schottischen Ostküste, der massive Wertverfall der Währung, hunderttausende von Eigenheimbesitzer, die ihre Hypothekenraten nicht mehr zahlen können… und dank Brexit ist kein Geld aus Brüssel zu erwarten.

    Schrecklich!

    Lass uns allen das beste hoffen
    Andy

    PS.: da ich mal in Chemie und Biologie sehr gut war:
    Der Hauptbestandteil von Desinfektionsmittel ist Ethanol – also Alkohol. Whisky hat reichlich davon (wäre aber schade drum, deswegen besser für innere Anwendung nehmen!!).
    Aber auch normaler Spiritus besteht aus Ethanol – da sind es 97 % (der Rest sind Vergällungsmittel die es unmöglich machen ihn zu trinken). Mit dem kann man alles hervorragend desinfizieren. Mit Wasser gut verdünnen (50%) kann man auch die Hände waschen – danach eincremen, sonst gibt es trockene Haut.

      • Kirschwasser?? 😂 also äußerlich damit eingesprüht und innen nachgespült?

        Ich habe auch anstatt Klopapier lieber meinen Whiskyvorrat aufgestockt.

        Jetzt habe ich – dank unseres Ministerpräsidenten (den ich sogar mal für sein konsequentes Handeln bewundere) leider keine Ausrede mehr um mich vor meinem Chaos am Schreibtisch zu drücken. Geht aber nur mit viel Whisky…

        LG

  2. Liebe Nellie,

    eine ganz einfache Antwort: Ja! Doch nicht nur in den Highlands, sondern auch bei meinen Freunden in Venedig, eigentlich bei allen Menschen, überall auf der Welt. Mir wird das Herz schwer, wenn ich an die Auswirkungen denke – sowohl gesundheitlich, als auch auch wirtschaftlich.
    Ich habe mein persönliches Zeichen gesetzt und unseren Urlaub, der eigentlich in zwei Wochen gestartet wäre, auf Oktober umgebucht. In der Hoffnung, dass dieser Wahnsinn dann ein Ende hat. Mir war es wichtig, den Menschen vor Ort – gerade in den kleinen B&Bs – ein Zeichen zu geben. Ich habe Umbuchungsgebühren und ähnliches angeboten. Tatsächlich wollte niemand (!) etwas sehen. Auch Unterkünfte, die ich nicht hätte stornieren können, wurden ohne Kosten umgebucht. B&Bs, die zum neuen Zeitpunkt eigentlich schon Saisonende habe, haben diesen für uns nach hinten geschoben, so dass wir erneut buchen konnten. Das ist es, was die Schotten so anders macht! Von überall liebe Grüße, gute Wünsche – einfach toll! Mache Antwort hat mir die Tränen in die Augen getrieben.
    Ganz anders die Reaktion eines deutschen Hoteliers, der trotz Reisewarnung auch innerhalb Deutschlands, bei einer Freundin die gesamte Zahlung verlangte. Schade, so bleiben die Kunden nicht!

    Wir müssen näher zusammenrücken – aber bitte nur virtuell! Und tatsächlich kann ich der ganzen Misere etwas Positives abgewinnen: Die Frage, geht es Dir gut, hat einen ganz neuen Stellenwert bekommen. Jeder interessiert sich für die Antwort des Anderen und schildert seine Erlebnisse. Oberflächliche Kontakte werden intensiver, persönlicher … man sorgt sich um das Gegenüber! Es ist keine leere Floskel mehr, wenn man sagt: Bitte bleib gesund!

    Bitte bleib auch Du gesund, Nellie und auch alle Leser des Blogs. Wir haben hier eine schöne Gemeinschaft, auch wenn wir uns nicht persönlich kennen, und wir brauchen jeden Einzelnen von Euch!

    LG
    Britta

    • Liebe Britta,

      vielen Dank für Deine Zeilen. Eigentlich ist das schon ein richtiger Gastbeitrag.

      Ja, wir sind hier eine schöne Gemeinschaft und ich hoffe für jeden von euch, dass ihr und eure Familien und Freund verschont bleibt.

      Die Erfahrungen, die du beim Umbuchen gemacht hast, sind so typisch für Schottland. Schön aber auch sehr rücksichtsvoll von dir.

      Genieß trotz allem einen sonnigen Sonntag.

      Liebe Grüße,

      Nellie

  3. Liebe Nellie,

    Ja, mein Herz ist in den Highlands und wird es bleiben auch wenn ich es noch nie betreten habe

    Für dich und dem Mann muss es noch unerträglicher sein
    Möge der Spuk ein schnelles Ende finden

    Es ist Endzeitstimmung auf der ganzen Welt, und alle Menschen müssen das aushalten

    Eine andere Art von Krieg in dem keiner weiß wo es hinführen wird

    Ich wünsche dir und dem Mann das ihr euch bald wieder in den Arm nehmen könnt

    An alle bleibt gesund und haltet durch

    Ich wünsche dir eine gute Woche und danke das du uns die Stärke gibst, die ein jeder braucht.

    Liebe Grüße und Grüße mir auch den Mann

    Kar

    • Liebe Kar,

      Ich wusste gar nicht, dass du noch nie in Schottland warst. Das sollten wir ändern.
      Wenn wir das alle heil überstehen, würde ich dich sehr gerne einladen in meinem Haus am Meer zwei Wochen Urlaub zu machen. Selbstverständlich kostenlos – es würde mir reichen wenn du mir dann einfach berichtest wie es dir gefällt und ein paar Fotos zeitweise schickst.
      Und falls du nicht ganz so mobil bist könnten wir es vielleicht so arrangieren, dass ich zu derzeit auch dort wäre. Dann könnte ich dir ein paar schöne Plätze zeigen. Platz ist genug im Haus.

      VG
      Andi

      • Oh, mir geht das Herz auf, Andi … so eine schöne Idee!

        Das ist es tatsächlich, was ich momentan so schön finde, die Menschen rücken näher aneinander! Schade, dass es immer solche Katastrophen braucht, damit dem ein oder anderen die Augen geöffnet werden … womit Du, Andi, ganz sicherlich nicht gemeint bist (bevor hier Mißverständnisse entstehen!).

        Danke dafür, Andi!

        Liebe Kar,

        mach das! Schottlandliebe erblüht erst richtig, wenn man einmal dort gewesen ist.

        LG
        Britta

      • Liebe Britta,

        ich habe in meinem Leben genug erlebt und bin den Menschen dankbar, die mir trotz schwieriger Zeiten zur Seite standen.
        Daran erkennt man wirkliche Freunde (nicht dieses „Facebook Zeug“…).
        Und ich finde, schöne Dinge zu teilen verdoppelt die Freude..
        Ich habe mir in diesem Zusammenhang auch überlegt, falls wirklich jemand das Angebot annehmen möchte und dafür einen Obolus entrichten will, dann sollte man das dort den Menschen, die es nötiger brauchen geben. Vielleicht könnte sich ja Nellie sich mal umhören wer sich dort über Unterstützung freuen würde (Das Problem ist natürlich, dass die Schotten ein sehr stolzes Volk sind und sich vermutlich weigern was anzunehmen. Aber vielleicht gibt es ja doch Möglichkeiten und da Nellie ja doch persönlich bedingt viel engere Kontakte hat als ich😉, wird sie sicherlich Ideen haben).

        Ich werde selbstverständlich das nächste Mal , wenn ich dort bin, mein Lieblingscafé massiv unterstützen, indem ich sämtliche Scones jeden Tag abkaufe – allerdings vermute ich, dass ich dann zwei Plätze beim Rückflug für mich buchen muss😝.

        In dieser Zeit sollten eigentlich alle Menschen – unabhängig von Grenzen und Kulturen – zusammenhalten und sich gegenseitig helfen.

      • Wunderbare Idee lieber Andi!
        Da finden wir bestimmt den richtigen Zweck. Ich werde mal meine guten Kontakte anzapfen. Und Scones zur Unterstützung finde ich sehr gut. Meinen Respekt für so viel Aufopferung!
        😂😂 LGN

  4. Lieber Andi,

    Ich bin geflasht, geplättet und einfach nur sprachlos, weiß gar nicht was ich sagen soll.
    Oder doch, Danke, für dein wahnsinnig tolles Angebot.
    Ich muss das erstmal sacken lassen, sowas ist mir in meinem ganzen Leben noch nicht untergekommen.
    Du bist ein toller Mensch!!!
    Es müsste mehr von dir geben.

    Ein neuer Ansporn für mich meine Krankheiten halbwegs in den Griff zu bekommen, und die Scheidung schnell hinter mich zu bringen, denn erst dann kann ich frei entscheiden und handeln.

    Ich wünsche dir einen schönen Abend und pass gut auf dich auf.
    Liebe Grüße
    Kar

    • Hallo Kar,

      das freut mich. – ich musste gerade mit Schrecken feststellen, dass es – laut Waage – momentan 4 kg zuviel von mir gibt.

      Ich kann dir aus persönlicher Erfahrung versprechen, dass die Luft dort einmalig und sehr heilsam ist.

      Ich verfluche gerade den Corona-Virus, weil ich aktuell dank meiner Allergie auf Birken- und Haselnusspollen asthmatische Anfälle habe und nur mit Cortisonspray so einigermaßen über die Runden komme.
      Wenigstens halten derzeit die Menschen dank meines ständigen Niesdbs freiwillig einen gewissen Sicherheitsabstand zu mir 😂.
      In Schottland wäre – dank der Nähe zum Meer – davon nichts zu spüren.

      Und somit wäre ein Aufenthalt dort auch für dich – bei Problemen mit der Lunge – sicherlich sehr von Vorteil. Als Nachteil – für die Hüften – gibt es leider zu viel gutes Essen dort..

      Also pass auf dich auf und lass uns hoffen, dass dieser momentane Wahnsinn bald vorbei ist. Vielleicht hast du ja eine gute Freundin oder – außer deinem zukünftigen Exmann – jemanden aus deiner Familie, der dich begleiten möchte. Oder – wie gesagt – wenn niemand mit Dir nach Schottland möchte (wäre verständlich wegen dem regnerischen Wetter, der Einsamkeit, der zu freundlichen Schotten und der langweiligen Natur😉) stehe ich gerne zur Verfügung.

      Also liebe Grüße und einen schönen Abend
      Andy

  5. Ich wollte Euch nur schnell sagen: trinkt Whisky und Kirschwasser lieber und nehmt Essigessenz (1:3 mit Wasser verdünnt) zum desinfizieren… Tip meiner Ärztin! Funktioniert natürlich nicht bei allen Bakterien (Siehe Essigmutter und Kombucha) aber bei Viren schon!
    Und, ja auch mein Herz ist in den Highlands… Bleibt gesund! 🍀

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