Es war alles schon gebucht gewesen. Mitte Mai wollte ich wie immer zurück nach Schottland fliegen. Ich hatte Ende Januar dem Mann tschüss gesagt gehabt und war in den Flieger nach Deutschland gestiegen. Doch ganz so leicht wie es all die Jahre zuvor mit der Fernbeziehung im Ausland war, sollte es 2020 nicht mehr werden. Das Virus hat uns einen gehörigen Strich durch die Beziehungsrechnung gemacht.
Als im März die ersten Schreckensmeldungen aus Italien eintreffen, mache ich mich zur vorzeitigen Abreise bereit, sitze ein Wochenende auf meinem Koffer und glühenden Kohlen, um dann montags wieder auszupacken. Der Chef will, dass ich bleibe, keiner kann absehen, wie sich die Situation entwickelt. Journalisten werden als systemrelevant eingestuft und gebraucht. Ergo: kein Urlaub. Ich bleibe. Wenige Tage später tritt die Reisewarnung in Kraft.
Als die Meldung durchsickert, dass Mitte Juni das Reisen wieder möglich sein wird, beginne ich zu planen. Bis Ende Juni bin ich in ein Corona Projekt eingebunden. Über die Sommermonate wird dann erwartet, dass die Mitarbeiter Urlaub nehmen. Gerne Chef! Aber nur, wenn ich nach Schottland reinkomme. Das Schlimmste, was mir jetzt passieren kann ist, dass ich Urlaub nehmen muss, ohne ihn in Schottland beim Mann verbringen zu können. Das würde nämlich bedeuten, dass aus der Gleichung Urlaubszeit = Beziehungszeit nichts wird und die Beziehungszeit 2020 sich dem Faktor 0 nähert.
Ich muss unter allen Umständen irgendwie nach Schottland! Ich muss einfach!
Also mache ich einen Plan.
Ab 15. Juni sollen die Grenzen wieder auf sein. Ich buche einen Flug und reise zum Mann. Mein ursprünglicher Flug im Mai war ausgefallen und Easyjet hatte angekündigt, die Kosten zu erstatten. Was sie allerdings noch immer nicht getan haben. Umbuchen wäre auch schwierig, es gibt keine Flüge, auf die man umbuchen könnte.
Bei der Reise will ich ganz besonders darauf achten, sie so sicher und kontaktarm wie möglich zu gestalten. Damit kommt eine Anreise mit dem Auto nicht in Frage, denn auch wenn man auf den ersten Blick im eigenen Auto kontaktarm unterwegs ist, ändert sich das beim weiteren Nachdenken. An Autobahnraststätten, an den Mautstellen in Frankreich, bei der Übernachtung in einem Hotel (bei 1.600 km Fahrstrecke nötig) und auf der Fähre, überall Menschen. Außerdem müsste man so durch England nach Schottland einreisen. Kein kluger Plan, während des Lockdowns wurden zahlreiche Engländer an der Grenze zu Schottland abgewiesen. Warum sollten sie eine Deutsche reinlassen?
Bleibt also nur Flug, möglichst einer ohne Zwischenlandung an einem der internationalen Drehkreuze Amsterdam, London oder Paris.
Eigentlich ganz einfach…….
Morgen: Finde einen Flug
Hallo Nellie,
schön auch von dir mal wieder was zu lesen..
Ich wusste gar nicht, dass du es irgendwie zwischenzeitlich nach Schottland geschafft hattest.
Ich werde heute Abend die Fähre von Calais nach Dover für nächste Woche Samstag buchen Und zumindest von Dover bis zu meinem Haus die 900 km dann durchfahren.
Danach habe ich ja erst mal zwei Wochen Zwangsaufenthalt in meinem Häuschen. Aber nach sechs Monaten gibt es sicher mehr als genug zu tun und schließlich muss ich ja auch von dort aus Home-Office machen. Das dürfte allerdings angenehmer als hier in München sein weil sowohl die Umgebung als auch der Blick aufs Meer erheiternder sind. Und schließlich plane ich auch erst Anfang September nach München zurück zu fahren so dass noch genügend Zeit ist um mal eine touristenfrei Gegend zu genießen.
VG
Andi
PS: Die Schnappschüsse vom Mann waren schon wirklich hervorragend…