Kulinarische Entdeckung: Vegetarische Optionen in England

Der Mann und ich freuen uns jedes Mal, wenn wir unterwegs sind. Nicht nur wegen der Landschaft, der Geschichte oder der Abenteuer – nein, auch wegen des Essens. Oder besser gesagt, wegen der Herausforderung, etwas zu essen zu finden. Denn die kulinarische Reise in England kann eine ganz eigene Erfahrung sein.

Unterwegs gibt es zwei sichere Häfen für uns: Costa’s für mich und McDonald’s für den Mann. Dieses Mal landen wir bei McDonald’s. Die vegetarischen Optionen sind – sagen wir mal – überschaubar. Also bestelle ich mir ein Porridge. Das gibt es wahlweise mit Zucker, mit Marmelade oder mit Golden Syrup, geschmacklich irgendwo zwischen Honig und Ahornsirup. Sehr fein und mit sehr viel Kalorien. Ich löffle glücklich mein Porridge, aber kurz danach ist mir seltsam. Ob es am Porridge liegt? Ich hatte keine Wahl, es war die einzige Nicht-Fleisch-Option auf der Frühstückskarte ist.

Für den Mann ist Porridge keine Option. Er würde lieber verhungern. Ich hingegen würde lieber verhungern, als diesen Double Sausage Bacon McMuffin zu essen, den er sich mit Genuss einverleibt. Wir haben also einen Konsens gefunden: Ich bleibe bei meinem Haferbrei, er bleibt bei seinen Frühstückswürstchen, und so starten wir gestärkt – oder zumindest gesättigt – in den Tag.

Abendessen – Ein Hoch auf die Pubs

Das Abendessen hingegen ist eine ganz andere Geschichte. Am ersten Abend kehren wir in einen klassischen Pub ein – und ich bin begeistert. Die Auswahl an vegetarischen Gerichten ist fantastisch: vegetarischer Burger, Risotto, Rote-Bete-Bällchen, Salate – alles super. Der Mann ist glücklich mit seinem Steak, ich bin glücklich mit meinem Essen, und wir stoßen zufrieden mit unseren Getränken an. So geht’s doch!

Am zweiten Abend geht es in ein Fischrestaurant. Der Mann liebt Fisch, also bin ich natürlich dabei. Die Speisekarte sieht vielversprechend aus, und ich entdecke ein Zucchini-Pilz-Risotto. Perfekt! Als das Essen kommt, stelle ich allerdings schnell fest: Das ist kein Risotto. Das ist einfach nur Reis mit Zucchini und Pilzen. Risotto lebt von seiner cremigen Konsistenz, von der Geduld, es langsam zu rühren, bis der Reis genau die richtige Bissfestigkeit hat. Das hier ist einfach nur … na ja, Reis.

Später plaudert der Chef und Koch mit uns. Ich frage ihn, ob er Italiener ist, weil ich seinen Akzent nicht genau zuordnen kann. Er lacht und sagt: „Nein, Portugiese.“ Dann frage ich nach dem Risotto. Er winkt ab. „Nee, mach ich nicht. Dauert ja viel zu lange, wenn man es richtig kocht.“ Aha. So kann man es natürlich auch sehen.

Frühstück im Hotel – Voll Englisch und eingedeckt

Wir haben das Zimmer ohne Frühstück gebucht – ganz bewusst, damit wir flexibel bleiben. Doch nun, am Morgen, überkommt uns doch der Hunger, und wir beschließen, im zum Hotel gehörenden Pub nach Frühstück zu fragen.

Als ich eintrete, ist der Raum fast leer. Nur ein Ehepaar sitzt da, begleitet von zwei Hunden, die unter dem Tisch dösen. Der Mann raucht sicherheitshalber draußen. Nicht, dass er noch etwas fragen muss – das wäre ihm viel zu unangenehm.

Die Bedienung begrüßt mich freundlich. Irgendwas Ostdeutsches klingt in ihrem Akzent mit, aber genau deuten kann ich es nicht. Sie ist höflich und fragt, ob sie mir helfen kann. „Gibt es vielleicht Frühstück für uns?“, frage ich vorsichtig. Sie überlegt kurz, nickt dann und weist mich an, mich an den allerersten Tisch neben der Bar zu setzen. Direkt neben das Ehepaar mit den zwei Hunden.

Der Pub ist riesig. Unfassbar viele Tische. Doch aus irgendeinem Grund muss ich genau dort sitzen, als wäre es die letzte verbliebene Sitzgelegenheit. Das Ehepaar sieht nicht begeistert aus. Ich frage mich, warum man Gäste in einem fast leeren Raum zwingend nebeneinandersetzen muss. Vielleicht erfahre ich es noch.

Für das Frühstück im Hotel gönne ich mir dann doch mal ein Full English – vegetarisch natürlich. Gebratene Tomaten, vegetarische Würstchen, weiße Bohnen in Soße, gebratene Riesenpilze und ein Ei. Das Ei gebe ich dem Mann, den Rest esse ich mit braunem Toast und fühle mich tatsächlich ganz und gar zu Hause. Aber auch nach all den Jahren hier gibt es Dinge, an die ich mich nie gewöhnen werde. Und andere, die ich absolut liebe.

Als wir fertig sind, kommt die Bedienung zurück und fragt mit ernstem Blick: „Wollen Sie vielleicht morgen auch wieder hier frühstücken? Nur damit ich es weiß, wegen dem Eindecken.“

Ich blicke mich um. Auf den anderen Tischen steht genau das, was auch bei uns steht: ein Salzstreuer, ein Pfefferstreuer und zwei in Servietten eingewickelte Besteckteile. Ich frage mich, wie groß der logistische Aufwand wohl sein kann, diese gegenstände auf die Tischplatte zu legen. Ich schaue die Bedienung fragend an, sie hebt nur die Schultern und sagt: „Naja, ich muss ja eindecken.“

Ja, natürlich. Ich lächle verständnisvoll und sage: „Morgen nicht. Morgen sind wir unterwegs.“


Entdeckung der Gezeiteninseln: Lindisfarne und seine Geheimnisse

Lindisfarne, Northumbria

Gezeiteninseln – ein harmloser Begriff für eine potenzielle Todesfalle, wenn man nicht aufpasst. Also, für alle, die sich nicht täglich mit maritimen Begriffen befassen: Eine Gezeiteninsel ist eine Insel, die bei Ebbe mit dem Festland verbunden ist und bei Flut plötzlich – schwupps – wieder im Meer verschwindet. Klingt spannend, oder? Oder eher gruselig. Denn genau das ist mein Problem mit diesen Inseln.

Mir fallen sofort all die Horrorgeschichten von Kollegen ein, die sich nur knapp vor der Flut auf der Passage du Gois in Frankreich retten konnten. Die Passage du Gois verbindet das französische Festland mit der Île de Noirmoutier und ist nur bei Ebbe befahrbar. Das Problem? Die Straße verschwindet bei Flut vollständig unter Wasser – und das schneller, als man denkt. Es gibt genug Berichte von Autos, die mitten auf der Strecke einfach stehen bleiben und dann von der aufkommenden Flut eingeschlossen werden. Keine schöne Vorstellung! Es gibt sogar Rettungstürme, auf die sich Fußgänger retten können, falls sie sich mit der Zeit verschätzt haben.

Ich erinnere mich auch vage an einen Urlaub in Irland, gefühlt vor 200 Jahren, als wir eine Gezeiteninsel besucht haben, deren Name mir partout nicht mehr einfallen will. Aber was ich noch weiß: Wir sind rübergefahren – nicht gelaufen – und haben unterwegs die letzten Spaziergänger eingesammelt, während das Wasser langsam, aber bedrohlich zurückkam. Gruselig.

Lindisfarne – Die heilige Insel

Nun also Lindisfarne. Der Mann ist tapfer und organisiert. Er checkt die Gezeitenliste. Ich hätte sie garantiert wieder falsch gelesen und wäre auf der Insel geblieben – mit einem langsam versinkenden Auto und einer panischen Sprachnachricht an die Küstenwache. Aber dank des Mannes wissen wir: Um 8:15 Uhr können wir rüber, müssen aber spätestens um 13:15 Uhr zurück. Sonst ist es vorbei mit dem trockenen Heimweg.

Dementsprechend angespannt beginnen wir unsere Reise und stehen früh morgens um 8:15 Uhr tatsächlich am Causeway, der die Insel mit dem Festland verbindet. Noch liegt ein bisschen Wasser auf der Straße – nur Pfützen, aber für mich natürlich das ultimative Katastrophensignal. Der Mann fährt gelassen los, während ich aufgeregt filme und innerlich feiere, dass ich diese tödliche Überquerung überlebt habe. Natürlich nur dank des Mannes.

Ein Friedhof mit Geschichte

Kaum angekommen, erwartet uns direkt das nächste Abenteuer: der Parkplatz. Ich zahle für vier Stunden, länger geht nicht, wegen der Flut. Dass alle außerhalb des Dorfes parken sollen ist verständlich, schließlich werden die armen Insulaner der Holy Isle von Touristen überrannt. Da will man sie nicht auch noch mit parkenden Autos im Dorf belästigen. Außerdem ist die Heilige Insel so klein, dass man wirklich alles zu Fuß machen kann.

Und wo führt unser erster Weg hin? Natürlich auf den Friedhof der Abtei. Für mich nichts Ungewöhnliches, und auch für den Mann ein bekanntes Spiel. Hat hat sich über die Jahre mit meiner Friedhofsbegeisterung arrangiert.

Der Friedhof ist schön – wenn auch leider so touristisch, dass man gezwungen wird, auf den vorgegebenen Wegen zu bleiben. Kein freies Herumstreifen. Die Abtei selbst ist noch geschlossen. Sie scheint sich nicht groß für die Gezeiten oder unsere Besuchszeiten zu interessieren. Aber vom Tor aus sieht man eigentlich alles, was man sehen will.

Lindisfarne, auch als Holy Island bekannt, ist einer der wichtigsten spirituellen Orte Englands. Die Abtei wurde im Jahr 635 von dem irischen Mönch Aidan gegründet, der von Iona aus kam, um das Christentum in Northumbria zu verbreiten. Die Insel wurde zu einem der bedeutendsten Klöster der angelsächsischen Welt und brachte eine der berühmtesten mittelalterlichen Handschriften hervor: die Lindisfarne-Evangelien. Doch die Idylle hielt nicht lange. Im Jahr 793 wurde die Abtei Ziel eines der ersten dokumentierten Wikingerräuberzüge. Die plündernden Nordmänner metzelten die Mönche nieder, raubten Schätze und machten damit den Auftakt zur Wikingerzeit in England.

Trotz aller Zerstörung wurde das Kloster mehrfach wieder aufgebaut, bevor es schließlich im Zuge der Auflösung der Klöster durch Heinrich VIII. im 16. Jahrhundert endgültig verfiel. Heute sind die Ruinen ein beeindruckendes Zeugnis dieser bewegten Geschichte – und der perfekte Ort für ein bisschen Friedhofsromantik. Also tauchen wir ein in die Geschichte von Lindisfarne und lassen den mystischen Zauber der Insel auf uns wirken.

Bamburgh Castle und Skelette: Eine Reise nach Northumbria

Ein Winterwochenende voller Abenteuer und Geschichte – genau das erwartete uns auf unserer Reise nach Northumbria. Anlass ist mein Geburtstag, und der Mann und ich haben beschlossen, mit dem Auto nach Bamburgh (spricht sich bamborra) zu fahren. Während er die Burg sehen will, die eine Rolle in den schottischen Unabhängigkeitskriegen spielte, habe ich einfach Lust, einmal eine andere Ecke Großbritanniens zu erkunden. Schließlich liegt die englisch-schottische Grenze nur wenige Kilometer weiter nördlich.

Eine Fahrt durch wechselnde Landschaften

Obwohl Winter, strahlt die Sonne am Himmel, und bei knapp 3°C ist es erstaunlich angenehm. Die Straßen sind ruhig, und wir genießen die Fahrt. Über Spean Bridge und Dalwhinnie geht es zur A9, dann um Edinburgh herum und entlang der Küste nach England. Mit jeder Stunde wandelt sich die Landschaft – von den schroffen Highlands mit schneebedeckten Gipfeln über sanfte Lowland-Hügel bis hin zur offenen Weite der Küstenregion Northumbrias.

Northumbria hat eine bewegte Geschichte. Einst eines der mächtigsten angelsächsischen Königreiche, war es ein Zentrum von Kunst und Gelehrsamkeit. Die berühmten Lindisfarne-Evangelien entstanden hier, bevor das Kloster von Lindisfarne von Wikingern überfallen wurde. Die Region wurde zudem immer wieder Schauplatz der Konflikte zwischen England und Schottland – und Burgen wie Bamburgh Castle spielten dabei eine Schlüsselrolle.

Bamburgh Castle – imposant, aber nicht ganz authentisch

Nach einer ausgedehnten Autofahrt erreichten wir schließlich Bamburgh Castle. Die Burg thront spektakulär auf einem Felsen mit Blick aufs Meer – ein beeindruckender Anblick. Doch drinnen machte sich eine leicht angestaubte Atmosphäre breit. Vieles wirkte rekonstruiert, was uns unweigerlich zur Frage brachte: Warum zahlen wir dem aktuellen Burgherrn eigentlich so viel Eintritt und Parkgebühren? Stolze Preise für ein Stück Geschichte!

Trotzdem machen wir das Beste daraus, gönnen uns einen Kaffee und einen sündhaft guten Brownie im Burg-Café und tauchen ein wenig in die Historie des Ortes ein.

Die Skelette von Bamburgh

Richtig spannend wird es aber in der Krypta von St. Aidan’s Church. Dort erfahren wir von den „Bamburgh Bodies“ – über 110 Skelette, die zwischen 1998 und 2007 südlich der Burg entdeckt wurden. Diese Menschen lebten im 7. und 8. Jahrhundert und stammten aus verschiedenen Regionen der Britischen Inseln und darüber hinaus. Ein faszinierender Beweis dafür, dass Bamburgh einst ein bedeutendes Zentrum für Handel und kulturellen Austausch war.

„Schon verrückt, dass sie das alles aus Knochen herauslesen können“, murmele der Mann, während er auf eine Stele mit Gesichtsrekonstruktionen einiger Skelette zeigt. Die Überreste sind heute in einem kunstvoll gestalteten Ossuarium beigesetzt, das wir durch ein kunstvoll geschmiedetes Gitter bewundern. Der lokale Schmied Stephen Lunn hatte es mit keltischen Knotenmustern und stilisierten Tiersymbolen verziert – ein Symbol für die Mischung aus angelsächsischer und keltischer Kunst. Die Atmosphäre ist ruhig, fast meditativ, und wir fühlten uns für einen Moment mit der Vergangenheit verbunden.

„Irgendwie krass“, meine ich. „Diese Menschen haben hier vor über tausend Jahren gelebt. Und jetzt stehen wir hier und schauen uns ihre Gebeine an.“

Ein perfekter Abschluss am Meer

Zurück in der Sonne lassen wir den Blick über das endlose Meer schweifen. Der Strand von Bamburgh erstreckte sich kilometerweit mit feinem Sand und Dünengras – ein krasser Kontrast zu den felsigen Buchten Schottlands. Diese Weite und Ruhe fühlten sich wie die perfekte Abrundung unseres ersten Tages in Northumbria an.

Fazit: Bamburgh Castle ist sehenswert, aber noch spannender ist das, was darunter verborgen war.

Schottlandreise während Corona – Die letzten Meilen

Da war ich nun, endlich auf schottischen Boden. Als erstes verkrümle ich mich in die Toilette und wasche mir gründlich die Hände, was gar nicht so einfach ist in dem Land mit den zwei Wasserhähnen und Waschbecken in Kindergröße.  Das Ritual, das man sich in Deutschland seit Corona am Waschbecken antrainiert hat, muss nun den Bedingungen angepasst werden.

Waschbecken Schottland

Mit dem Mann hatte ich verabredet, dass er mich nicht im Terminal abholt, sondern im Auto draußen wartet. Als ich aus der Zollkontrolle komme, sehe ich, dass er das auch gar nicht gekonnt hätte. Man wird direkt zum Ausgang gelotst, die Halle ist dunkel, nichts hat geöffnet.

Draußen begrüßt mich zuerst der schottische Wind dann der Mann, wie schön, ihn nach fünf Monaten endlich wiederzusehen. Wir fahren gleich los, gemäß der Regularien muss ich unmittelbar zu dem Ort meiner Selbstisolation, darf unterwegs nicht aussteigen oder andere Dinge tun. Deshalb hat der Mann auch eingekauft, bevor er mich abgeholt hat. So gesehen haben die Einschränkungen auch ihr Gutes. Ich lehne mich entspannt zurück.

Kurz bevor wir aus Inverness raus sind, sehen wir, dass der Pizza Laden und das Take-Away aufhaben. Das war bislang nicht so, sagt der Mann, der sicherheitshalber Sandwiches für mich gekauft hat. Es ist schon 19 Uhr und wir haben noch zwei Stunden Fahrt vor uns, deshalb also zwei Pizzen zum Mitnehmen zum stolzen Preis von 19 Pfund. Die Kunden müssen im Freien warten. Wenigstens ist es nur windig aber der Regen kommt schnell.

Highlands

Dann essen wir mit Blick auf Loch Ness im Auto zu Abend und fahren nach Hause. Die Straßen sind sehr leer, aber sie füllen sich langsam wieder sagt der Mann. Ich hätte mehr Camper an den üblichen Touristenstellen erwartete, doch die sind weitgehend leer. Die Behörden haben alles getan, die Menschen vom wilden Campen in Schottland abzuhalten. Das Müllproblem stellt sie in Gebieten mit einem solchen Ausmaß vor große Probleme. Nur zwei Campingbusse sehen wir auf dem Heimweg.

wilde Katze

Dann sind wir zu Hause und die wilde Katze begrüßt mich mit lautem Miau. Von nun ab werde ich ihr viel Gesellschaft leisten können. Weil ich vor dem 10. Juli eingereist bin, muss ich noch 14 Tage in Selbstisolation. Ich darf nicht aus dem Haus und ich darf keinen Besuch empfangen. Auch nicht von der Familie. 14 Tage vollkommene Ruhe und der Blick aufs Meer. Schön!