Schottlandreise während Corona – Die letzten Meilen

Da war ich nun, endlich auf schottischen Boden. Als erstes verkrümle ich mich in die Toilette und wasche mir gründlich die Hände, was gar nicht so einfach ist in dem Land mit den zwei Wasserhähnen und Waschbecken in Kindergröße.  Das Ritual, das man sich in Deutschland seit Corona am Waschbecken antrainiert hat, muss nun den Bedingungen angepasst werden.

Waschbecken Schottland

Mit dem Mann hatte ich verabredet, dass er mich nicht im Terminal abholt, sondern im Auto draußen wartet. Als ich aus der Zollkontrolle komme, sehe ich, dass er das auch gar nicht gekonnt hätte. Man wird direkt zum Ausgang gelotst, die Halle ist dunkel, nichts hat geöffnet.

Draußen begrüßt mich zuerst der schottische Wind dann der Mann, wie schön, ihn nach fünf Monaten endlich wiederzusehen. Wir fahren gleich los, gemäß der Regularien muss ich unmittelbar zu dem Ort meiner Selbstisolation, darf unterwegs nicht aussteigen oder andere Dinge tun. Deshalb hat der Mann auch eingekauft, bevor er mich abgeholt hat. So gesehen haben die Einschränkungen auch ihr Gutes. Ich lehne mich entspannt zurück.

Kurz bevor wir aus Inverness raus sind, sehen wir, dass der Pizza Laden und das Take-Away aufhaben. Das war bislang nicht so, sagt der Mann, der sicherheitshalber Sandwiches für mich gekauft hat. Es ist schon 19 Uhr und wir haben noch zwei Stunden Fahrt vor uns, deshalb also zwei Pizzen zum Mitnehmen zum stolzen Preis von 19 Pfund. Die Kunden müssen im Freien warten. Wenigstens ist es nur windig aber der Regen kommt schnell.

Highlands

Dann essen wir mit Blick auf Loch Ness im Auto zu Abend und fahren nach Hause. Die Straßen sind sehr leer, aber sie füllen sich langsam wieder sagt der Mann. Ich hätte mehr Camper an den üblichen Touristenstellen erwartete, doch die sind weitgehend leer. Die Behörden haben alles getan, die Menschen vom wilden Campen in Schottland abzuhalten. Das Müllproblem stellt sie in Gebieten mit einem solchen Ausmaß vor große Probleme. Nur zwei Campingbusse sehen wir auf dem Heimweg.

wilde Katze

Dann sind wir zu Hause und die wilde Katze begrüßt mich mit lautem Miau. Von nun ab werde ich ihr viel Gesellschaft leisten können. Weil ich vor dem 10. Juli eingereist bin, muss ich noch 14 Tage in Selbstisolation. Ich darf nicht aus dem Haus und ich darf keinen Besuch empfangen. Auch nicht von der Familie. 14 Tage vollkommene Ruhe und der Blick aufs Meer. Schön!

 

Schottlandreise während Corona – going home

Ich wache vor dem Wecker auf. OK, ich bin ehrlich, ich habe ganze drei Wecker gestellt. Das ist vielleicht etwas übertrieben, nimmt mir aber die Sorge, die mir sonst den Schlaf rauben würde, dass der Wecker nicht funktioniert.

Meine Eltern sind so lieb und bringen mich in der Früh an den Bahnhof, öffentliche Verkehrsmittel gibt es in meinem kleinen Schwarzwaldort nicht, mit denen ich zeitnah an den nächsten größeren Bahnhof komme und so kann ich wenigstens den Familienhund noch einmal knuddeln, bevor ich mich wieder für gut 2 Monate nach Schottland verabschiede. Ich habe mich an die Straße gestellt und ihnen ausufernd zugewunken, als sie den Bergb herauf kamen, damit sie mich auch sehen und nicht die Auffahrt zum Haus nehmen. Allerdings war das gar ihr Auto. Der Mann wird sich vermutlich zu Recht gefragt haben, warum ihm morgens um kurz nach 6 Uhr eine Frau mit Koffer so freudig entgegen fuchtelt. Peinlich das.

Gleise

Es ist wenig los am Gleis und der erste ICE ist pünktlich, mit dem Comfort Check-in werde ich nicht einmal am Platz kontrolliert. Das ist wirklich sehr entspanntes Reisen mit Sicherheitsabstand. Jeder trägt Maske, ein Geschäftsmann mit überheblichem Blick trägt sie unter derm Kinn aber der ist wahrscheinlich schlauer als wir anderen.

Bahnhof Frankfurt

Schwuppsdiwupps bin ich bei meinem ersten Umstieg angekommen, pünktlich und völlig ohne Stress. Und der nächste ICE wartet in der Tat schon ein paar Gleise weiter. Hach ist das entspannt!

Noch vor der Abfahrt kommt ein junger Mann in Klamotten der deutschen Bahn ins Abteil. Er trägt kurze Hosen und seine mageren Beine sind übersät von alten Einstichflecken. Frankfurter Drogenszene denke ich und gebe ihm die 2,70 €, die er für ein angebliches Ticket nach Irgendwo will. Ich schätze er ist vielmehr ein Kandidat für ein Ticket nach Nirgendwo aber ich will mir kein Urteil erlauben. Das Leben meint es nicht mit allen gut. Er bedankt sicherlich freundlich und verlässt den Zug. Immerhin hat er eine Maske getragen.

Auch in diesem ICE ist wenig los, die Toiletten sind sauber, es gibt Seife und Desinfektionsmittel. Inzwischen bin ich froh, dass ich (wenn auch gezwungenermaßen) keinen Mietwagen genommen habe. Die gespenstische Leere am Zwischenhalt Frankfurt Flughafen Fernbahnhof spricht Bände über die Anzahl der Flüge, die die Lufthansa derzeit anbietet.

Rolltreppen Utrecht Central

Zweiter Wechsel dann in Utrecht. Alles sehr sauber hier in den Niederlanden.  Ich komme auf Gleise 5 an und der Schnellzug zum Flughafen Schiphol fährt auf Gleise 7 ab. Also, schließen ich messerscharf muss ich auf einen anderen Bahnsteig.

Gleisanzeige Bahnhof Utrecht Central

Nicht in Holland, wie ich feststelle, da liegen Gleis 5 und 7 am selben Bahnsteig gegenüber. Also wieder zurück. Macht nix, so eine Rolltreppe ist auch was Schönes. Dafür hat der letzte Zug eine nette Sitzecke.

Abflughalle Amsterdam Schiphol

Ich bin 4 Stunden vor meinem Abflug am Flughafen und gehe gleich durch den Sicherheitscheck. Bei der Passkontrolle werde ich von einem gutaussehenden Zollbeamten gefragt, wohin es geht.

 “Inverness”, sage ich.

Are you going home?

Ich zögere kurz bevor ich ihm antworte.

Yes, I am going home!

Montag: Über den Wolken