Die Linkshänderfamilie

Der Teviot ist ein deutlich kleinerer Fluss als der mächtige Tweed, der über Jahrhunderte die Grenze markierte. Über ihm ragen die Cheviot Hills auf. Wie auch der Fluss ist das Tal enger als der Tweed und etwas wilder: Teviotdale (Dale ist im Süden Schottlands und im Norden Englands der oft verwendete Name für Tal.). In den Highlands ist das das Wort Glen.

Die Ruine von Cessford Castle ragt zwischen Jedburgh und Kelso über dem Wasser auf. Die Burg stammt aus dem 15. Jahrhundert, erbaut von der Familie Ker (manchmal auch Kerr), deren Clanoberhaupt der Duke of Roxburghe ist. Ab dem 18. Jahrhundert residierte der dann im sehr beeindruckenden Floors Castle, etwas 7 Meilen nördlich der Ruine. Ein weiterer aber weniger glanzvoller Familiensitz war Ferniehurst Castle.

Die Kerrs waren eine außergewöhnliche Familie, denn sie waren fast ausschließlich alle Linkshänder. Das war so auffällig, dass es sprichwörtlich wurde. Wenn man also jemanden als kerry-pawed (oder carry-pawed) bezeichnet, dann meint man, er ist Linkshänder. Wahrscheinlich bedeutete der Nachname das bereits, er stammt aus dem Gälischen, wo  cearragach (sprich: kiarragach) linkshändig bedeutet.

Angeblich wurden die Treppen der Wehrtürme der Burgen der Kers entgegen dem Uhrzeigersinn statt im Uhrzeigersinn nach oben drehend gebaut, damit die Linkshänder, die ihr Schwert dann natürlich rechts trugen, beim hinauflaufen nicht behindert wurden.

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ein Vogelnest und eine Hochzeit

Der Mann ist ja so etwas wie die ultimative Herausforderung für eine Frau wie mich, eine Journalistin, die Fragen stellt und solange bohrt, bis sie glaubt die richtige Antwort zu haben. Mir tun ja die Kollegen in Schottland leid, wie machen die das denn, mit den Schotten am Mikrofon? Ich jedenfalls kriege von meinem nie zu hören, was ich will. Klare Aussagen? Never! Ein hunderprozentiges dies oder das, ein Definitivum, eine Entscheidung, etwas zum festhalten, da beißt man bei dem Schotten nicht auf Granit sondern auf Treibsand. Nur nicht festlegen lassen, immer schön ausweichen, vage bleiben, keine klare Richtung oder gar Formulierung verwenden, sie könnte sie gegen einen verwendet werden.

Deshalb mag der Schotte (und speziell der aus Glasgow) so gerne den rhyming slang. Das heißt er sagt nicht, was er meint, sondern etwas, das klingt wie das was er meint.

Ist man beispielsweise genervt über Hund, Katze oder Kleinkinder und würde sie am liebsten als eine „Pest“ bezeichnen, dann nennt man sie bird’s nest, Vogelnest.

Du bist ein Vogelnest ist damit eine nett gemeinte aber kleine Rüge für nervige Zeitgenossen.

Schwalbe Schottland Abenteuer Highlands

Und wenn die Kinder, Hunde oder Katzen trotz des Sprachwitzes immer noch nicht hören, dann kann man auch gerne mal fragen, ob sie denn corned beef also deaf = taub sind. Deaf spricht sich im schottischen Englisch so, dass es sich reimt, deif. 

Und wenn man Lust auf Andy Murray hat, dann nicht auf den Tennisspieler sonder auf ein indisches Abendessen, Curry. 

Übertragen würden wir sagen es schmeckt Boris Becker, wenn wir was lecker finden und wir essen einen Schinken statt in der Kneipe zu trinken.

Naja, auf Deutsch funktioniert es eben nicht so richtig.

Eigentlich alles sehr lustig aber manchmal kann diese Ausweicherei aber auch sehr anstrengend sein, besonders dann, wenn man wirklich etwas wissen will.

Nellie Merthe Erkenbach Abenteuer Highlands Vogelnest und Hochzeit

Die Nachbarn zum Beispiel. Sie sind nur gelegentlich da, haben das Haus nebenan gekauft und vermieten es an die Touristen. Wenn sie aber mal da sind (eigentlich leben sie in England), dann wohnen sie in zwei kleinen Hütten im Garten. Und dieses gelegentlich anwesende nicht mehr ganz junge Paar hat nun beschlossen zu heiraten (ganz ohne Aufwand, am Strand vor dem Haus) und uns den Termin mitgeteilt. Einen an dem ich in Deutschland bin. Also hat der Mann ein Geschenk gekauft und nicht weiter darüber nachgedacht. Der Termin kam, der Termin ging und keiner hatte sich am Strand ewige Treue geschworen geschweige denn Ringe getauscht. Nichts bewegte sich in den Gartenhütten.

Was war los, fragte ich mich. War einer von beiden abgehauen? Hatten sie sich getrennt? Hatte der Mann es nur nicht mitbekommen? Dann müssten wir gratulieren aber wenn nicht…

„Was ist denn nun?“ frage ich auf Skype.

Der Mann zuckt mit den Schultern.

„Keine Ahnung. Ich kann sie ja wohl kaum fragen.“

„Warum um Himmels willen kannst du sie denn nicht fragen, wie sollen wir es denn sonst heraus finden. Wir müssen ja gratulieren aber falls sie die Hochzeit abgesagt haben, möchte ich nicht in diese peinliche Falle tappen.“

„Naja, das ist ja wohl ein bisschen direkt…“

Wieso ist das direkt, sie hatten uns doch eingeladen.  Es erschließt sich mir nicht aber wahrscheinlich fällt dem Mann nur nichts passendes ein, was er fragen könnte, das sich auf Hochzeit (wedding) reimt… bedding (betten) shredding (zerkleinern) wrecking (zerstören)..??

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Wäre ich vor Ort, ich würde wie in der Mixed Zone das Mikro über den Zaun halten und ganz einfach fragen: Habt ihr jetzt geheiratet oder nicht? Und dann hätte ich die gewünschte Antwort. Wir Journalisten haben es einfach.

Der Mann nicht, deshalb denkt nach. Wohl vor allem über die Folgen einer derartigen Zaunbefragung, sollte seine direkte Deutsche und die rätselhaften Engländer mal wieder zur gleichen Zeit anwesend sein. Hätte für ihn auf der Peinlichkeitsskala (1–10) mindestens eine 8.

„Ich habe mit den Nachbarn gesprochen.“ sagt er bei unserem nächsten Skype Gespräch.

„Und?“ sage ich gänzlich erstaunt.

„Naja, ich hab gesagt, dass du wissen willst, ob sie nun geheiratet haben oder nicht. Ich hab so getan, als ob es mich nicht interessiert. Sie wissen ja, das du Journalistin bist.“

Aha. Ich überlege, was sich auf schwarzen Peter reimt.

„Und haben sie nun?

„Nein. Die Braut war krank. (the bride was not well).

Ob das nun die Wahrheit ist? Oder auch wieder rhyming slang? Ist die Braut gefallen (fell) hat sie ihn zur Hölle geschickt (hell) oder wollten sie es nicht sagen (tell)?

Ich bin verwirrt und irgendwie kein bisschen Mike Krüger.