James of the Glen

Die Geschichte von James Stuart  erzählt von Macht, Politik, Betrug und Ungerechtigkeit. Sie ist so grausam wie wahr und einige Aspekte werden wohl  nie ans Licht kommen. Viele glauben, dass der Appin-Mord einer der größten, wenn nicht der größte Justizfehler in der Geschichte Schottlands war. Das Gesetz machte James of the Glen zu einem Mörder, die Legende machte ihn zum Opfer. Seine Knochen ruhen auf dem alten Friedhof von Keil in Appin. Er starb in Ballachulish am Ufer des Loch Leven am 8. November 1752.

 

Auf dem kleinen Hügel über dem Pier der ehemaligen Fähre (heute verbindet eine Brücke die beiden Ufer) wurde ein Galgen errichtet. Der 50-jährige James Stewart, auch bekannt als Seaumas a ‚Ghlinne, James of the Glen, wurde hier hingerichtet. Er wurde wegen Mordes gehängt, den er höchstwahrscheinlich nie begangen hat. Der mutmaßliche Mörder wurde nicht nicht gerichtet wer wurde ermordet. Auf dem Hügel, auf dem der Galgen stand, ist eine Gedenkstädte aber man muss danach suchen, um sie oberhalb der Brücke zu finden. Parken ist schwierig.

James of the Glen war ein ruhiger und beliebter Mann, er war gebildet, konnte in beiden schottischen Sprachen lesen und schreiben. Er war mit seiner Cousine Margaret verheiratet, die beiden hatten drei Kinder und lebten auf einer Farm in Glen Duror, ein paar Meilen südlich von Ballachulish. Er hatte auf dem Feld von Culloden gekämpft und den Kampf überlebt, um schließlich zu Hause getötet zu werden.

James of the Glen war ein Stewart of Appin und damit natürlich auch ein Anhänger von Charles Edward Stuart. Die Campbells waren Anhänger des englischen Königs und taten sich besonders damit hervor, so viele Stewarts wie möglich von ihrem Land zu vertreiben.  James of the Glen und Colin Campbell, den sie „den roten Fuchs“ nannten, hatten sich in einer Kneipe wegen dieser Vertreibungen geprügelt. Dafür gab es jede Menge Zeugen.

Colin Campbell hatte Räumungsbefehle bei sich, als man ihn am 14. Mai 1752, wenige Tage nach der Kneipenschlägerei, auf dem Weg nach Duror erschossen fand. Ein Mann mit einer Muskete war im Wald verschwunden hatten Augenzeugen behauptet. Wer war dieser Mann? Und wo war er?

Alan Breck, der Pflegesohn von James Stewart, war der offensichtlichste Verdächtige, und sein Pflegevater wurde beschuldigt, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein. Breck floh nach Frankreich,  James Stewart wurde  gefangen genommen. Einen Rechtsbeistand gestand man ich erst 36 Stunden vor dem Prozess zu. Richter war der Duke of Argyll, Chef des Clans Campbell. Elf der fünfzehn Geschworenen waren ebenfalls Campbells. Von einer unabhängigen Einschätzung war dieses Gericht weit entfernt. Justitia war nicht blind und James Stewart hatte keine Chance. Er hat sich nie wirklich verteidigt, wahrscheinlich nicht, weil er schuldig war, sondern weil er keinen seiner Verwandten gefährden wollte.

Sie hängten ihn auf, legten ihm dann Eisenketten um seinen Körper und ließen ihn drei Jahre am Galgen hängen. Als der Leichnam abfiel, sammelte seine Frau Margaret ein, was von ihm übrig war und beerdigte die Knochen in der Ruine der Kirche von Keil. Eine kleine Gedenktafel erinnert  daran.

Der ermordete Colin Campbell wurde im Kloster Ardchattan beigesetzt. Dessen Geschichte folgt am nächsten Sonntag.

Die blutige Flagge der Stewarts of Appin

In Lochaline auf der Morvernhalbinsel auf einem Friedhof namens Kiel oder Cille Cholumchille stehen die Überreste der Kirche des Heiligen Columba, die den Sound of Mull überblickt. Sie stammt aus dem Mittelalter, uralte Steine, Zeugen einer bewegten Geschichte.

Der Heilige Columba aus Iona gründete in der Gegend ein Kloster. Lochaline ist heute eine verschlafene Ansammlung von Häusern, im Mittelalter war dies eine betriebsame Gegend, die geschützten Hänge des Landes erlaubten Landwirtschaft, die Fischerei war einträglich. Im Old Session House  steht eine Sammlung wunderschön er Grabsteine ​​aus dem 8. Jahrhundert, ältere aus dem 13. und später. Zeit, Gedanken und Vorstellungskraft flossen in diese kunstvollen Werke ein. Die Steinmetze  der Umgebung waren zu ihrer Zeit bekannte Handwerker. Ihre Muster sind außerordentlich natürlich.

An diesem uralten Ort endet die bewegende Geschichte eines jungen Mannes. 1746 rettete der erst 18-jährige Donald Livingstone (Domnhull Molach) das Banner des Regiments der Stewart of Appin in der Schlacht von Culloden und lebte, um seine Geschichte zu erzählen, obwohl er mehrere Male angeschossen wurde.

Die Livingstones waren nicht die traditionellen Fahnenträger für die Stewarts of Appin. Diese Ehre gehörte Carmichaels und wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Die Livingstones waren Leibwächter der Stewarts of Appin, alle drei Clans waren Jacobites, sie kämpften auf Seiten Schottlands gegen die Engländer.

Auf dem folgenschweren Schlachtfeld von Culloden, auf dem so viele Jakobiten bei dem Gemetzel im Moor ihr Leben ließen, wurden acht der Carmichael-Fahnenträger, die alle den Vornamen Donald trugen (in Schottland ist es heute noch üblich, dass die männlichen Familienmitglieder über Generationen hinweg denselben Namen tragen), entweder getötet oder schwer verwundet. Es blieb keiner übrig, um das Banner zu tragen, das mitten im Blut der sterbenden Männer auf dem Boden lag.

Von den 5400 Anhängern von Prinz Charles Edward Stuart, die in Culloden kämpften, starben mehr als die Hälfte, wurden verletzt oder inhaftiert. Der junge Soldat Donald Livingstone hatte die Tapferkeit der Jugend, er war mutig und forsch,  fühlte sich wahrscheinlich unbesiegbar. Er nahm das blutige Banner auf und wúrde so der neunte, der es trug in dieser Schlacht. Er nahm es ab und wickelte es um seinen Körper. Die Schlacht war verloren aber er wollte wenigstens das Banner retten.

Das Appin-Banner zeigt ein gelbes Andreaskreuz auf hellblauer Seide, es befindet sich im Militärmuseum im Edinburgh Castle und hängt neben dem Banner des englischen Truppenregiments (King’s Own Royal), das vom Appin-Regiment angegriffen wurde. Dunkle Flecken zeugen vom Blut seiner Fahnenträger, Einschusslöchern belegen die Gefahr, der die Fahnenträger ausgesetzt waren.

Der junge Mann wurde fast sofort von einer Kugel getroffen, doch es gelang ihm, ein herumirrendes Pferd zu ergreifen, einen Dragoner zu töten und einem zweiten zu entkommen. Unter normalen Umständen wäre auch er in Culloden gestorben aber das Banner der Stewarts of Appin, das um seinen jugendlichen Körper gewickelt war, muss ihn beschützt haben, so heißt es. Es gelang ihm, nach Argyll zurückzukehren. Die Engländer aber verfolgten ihn. Und nicht nur ihn. Das Land musste von Aufständischen gesäubert werden und sie machten sich an die Arbeit.

Am 10. März 1746 strömen Soldaten von einem der bekanntesten englischen Kriegsschiffe, der HMS  Terror, an Land. Was folgte war eine Orgie der Zerstörung, an einem einzigen Tag brannten rund vierhundert  Häuser und Scheunen, das Vieh, das nicht mit verbrannt war, wurde erschossen.

Donald Livingstone, der Mann, der die Stewart-Farben rettete, lebte weitere 70 Jahre bis zum hohen Alter von 88 Jahren. Er wurde ion Lochaline beigesetzt.  Er hatte sechs Söhne und zwei Töchter. Bei seinem Tod wurden verschiedene Schusswunden (der Legende nach waren es bis zu 9) an seinem Körper entdeckt. Donald Livingstones Geschichte wurde zur Legende und das Überleben des Banners ein Hoffnungsschimmer in den dunklen Tagen der Niederlage und der englischen Vergeltung.

Die blutige Flagge war das Wahrzeichen eines ebenso stolzen wie verzweifelten schottischen Kampfes um Unabhängigkeit und nicht nur deshalb für die Stewarts of Appin und alle, die der jakobitischen Sache folgten, von höchster Wichtigkeit.