Die drei Tage in Turin sind in Hochgeschwindigkeit an uns vorbeigeflogen, das hat man nun von all den dolce vita. Die Tage des Nichtstuns vergehen schneller als die mit Arbeit.
Als wir unser Auto nach drei Nächten wieder aus der Tiefgarage fahren, ist der Kofferraum voll. Wir waren ja shoppen. Nun also einen kleinen Abstecher in die Schweiz, Familienbesuch.
Ich prüfe vorab, ob man den Monte Bianco denn auch in knapp zweitausend Meter Höhe passieren muss aber stelle erleichtert fest, dass die Passage diesmal weniger schneegefährdet ist, als die Anfahrt über den Großen Sankt Bernhard.
„Tanken!“ sage ich zu dem Mann und navigiere aus der Turiner Innenstadt Richtung autostrada und den Alpen.
„Wir sollten tanken solange wir noch in Italien sind.“ Da war Diesel soweit ich mich erinnere immer deutlich billiger als in der Schweiz. Irgendwie ist in Italien alles deutlich billiger als in der Schweiz.
Der Mann nickt. Tanken bevor es in die Berge geht ist ihm nichts neues, in die Highlands fährt man auch nicht mit leerem Tank.
Ich habe den Masterplan und alles gegoogelt. Sighteeing, dann Supermarkt in Aosta: Käse, Grissini, Wein und alles, was noch an essentials ins Auto passt. Dann noch tanken, im Ort, nicht an der Autobahn und rüber in die Schweiz, mit einem kleinen französischen Intermezzo unterwegs. Der Plan ist perfekt und klappt zunächst ohne Probleme, Parkplatz, Ortsbesichtigung, dann weiter zum riesigen Supermarkt gleich neben der Autobahn. Und dann ist da nebenan auch gleich eine Tankstelle, an der der Liter Diesel gute 15 Cent billiger ist als an der Autobahn. Perfekt.
Ich fahre an die Zapfsäule, steige aus, stecke den Stutzen in den Tank und nichts passiert. Nur mit Karte am Automaten. Ich hasse Tankstellen mit Tankautomaten. Irgendwas geht immer schief.
Ich ziehe den Tankstutzen wieder heraus und nicke dem Mann zu wieder einzusteigen. Wir fahren zurück ins Zentrum von Aosta. Da waren mindestens drei Tankstellen unterwegs. Ist ja nicht weit.
Wenn man die richtige Ausfahrt nimmt! Sonst landet man wieder auf der Autobahn Richtung Turin. Aber auch das ist irgendwann korrigiert und wir navigieren in den Ort. Erste Tankstelle – chiuso. Zweite Tankstelle – chiuso. Dritte Tankstelle … In Aosta machen alle Mittagspause.
Also zurück zum großen Supermarkt und der Automatentankstelle.
Ich also mit Auto an der Zapfsäule, Stutzen im Tank, die Aufforderung an den Mann den Kampf mit der Maschine aufzunehmen. Er mag Zahlen und Computer, er ist also wie geschaffen für diese Aufgabe. Der Mann tippt ein wenig hilflos auf den Tasten herum. Er mag Maschinen, kann aber kein Italienisch. Nichts passiert. Dann steckt er einen Zwanziger in den Geldschlitz. Der Automat schluckt ihn, spuckt aber kein Diesel aus. Mehr vorsichtiges tippen auf der Tastatur. Ich stecke den Stutzen wieder zurück und überlege. Die Tankstelle gehört zum Supermarkt und der hatte einen Informationsschalter. Hier an der Tankstelle ist keiner, den man um Hilfe fragen könnte.
Ich navigiere durch das komplizierte Zufahrtssystem wieder hinaus und rüber zum Supermarkt, parke und mache mich auf den Weg zum Informationsschalter. Ich radebreche mich so durch und der nette Italiener erklärt mir, dass neben der Tankstelle eine Gastankstelle sei, da ist jemand und kann uns das Geld wiedergeben.
Ich kurve also wieder durch das kurvige Ausfahrtssystem in das komplizierte Einfahrtssystem der Tanke, finde den Gasteil und das kleine Häuschen. Eine Frau tritt heraus mit 20 € in der Hand. Sie macht mir Vorwürfe auf Italienisch und ich schweige und fahre wieder an den Tankstellenteil mit dem Diesel und dem Automaten. Also nochmal von vorne. Stutzen in den Tank, Mann tippt, Automat schluckt 20 €. Kein Diesel. Der Mann zuckt mit den Schultern. In Schottland wäre schon längst jemand gekommen und hätte geholfen, da glaubt man noch mehr an zwischenmenschliche Begegnungen als in Italien.
Wie eine Irre kreisle ich mich wieder raus aus dem Automatenteil und zurück zu der Signora.
Die zetert mir bereits entgegen. Stupido kann ich verstehen. Ich koche innerlich, während der Mann so tut als sei er unsichtbar. Mit großem Drama fragt Signora ein nicht vorhandenes Publikum wie es denn sein kann, dass sich diese Deutschen so unfassbar dämlich anstellen.
Wir fahren also zum vierten Mal an dieselbe Säule und ich mache nichts mehr. Bleibe einfach sitzen.
„Siehst du,“ sagt der Mann „du darfst den Stutzen erst in den Tank machen, wenn der Automat bereit ist. Nicht zuerst.“
„Ich soll auf einen Automaten warten??“
Ihm wäre das alleine nie passiert, er hat nicht diese germanische Eile Dinge schnell zu erledigen. Der Schotte an sich hat eine andere Lebensgeschwindigkeit.
Ich würde am liebsten genauso ein Drama veranstalten, wie die Signora eben aber ich belasse es beim innerlich kochen. Ich denke an den Film Terminator und Maschinen, die die Herrschaft übernommen haben.
Mein Masterplan für das nächste Mal tanken steht. Autobahnraststätte, egal ob der Liter Diesel 2,90 kostet oder nicht. Hauptsache man muss nicht mit Maschinen kämpfen. Aber letztendlich sind wir in einer Zukunft angekommen, in der die Maschinen die Macht übernommen haben.
Vor meinem geistigen Auge sehen ich den Tankautomat lichterloh brennen wie den Tanklaster in Terminator. Hasta la vista, baby!
Der Mann lächelt unbeeindruckt. Zu Hause in den Highlands ist es unvorstellbar, dass die Maschinen die Macht übernehmen. Das würden die sich gar nicht trauen.
demnächst: fortune 1. Vermögen 2. Glück
Hallo, ach wie herrlich, eure Abenteuer zu lesen (und an meine Reisen zu denken!). Du hast mich wieder zum Lachen gebracht…und nun kann ich dir auch was erzaehlen, was „unglaublich“ ist – es kamen soeben deine Bemerkungen zu meinen Bemerkungen auf – zurueck bis zum Jahr 2014 – danke fur alle! Manchmal sehe ich, dass ich vom Internet keine Ahnung habe – wahrscheinlich muss ich etwas an meinen Settings aendern.
Aber nun zu eurem Tank“erlebnis“ – ich bin direkt immer mitgefahren – hin und her und noch einmal… einfach HERRLICH, und dann zu denken: „das muss ich alles nicht mehr haben in meinem Lealt-Leben, in dem man sich nur ueber Schlagloecher aergern kann…..
Bist du eigentlich auf Facebook?
Habt ein wunderschoenes Highland Wochenende in der Sonne!
Wunderbar, dann hast du ja jetzt auf einen Schlag vier Jahre Unterhaltung erlebt.
Ja, du findest mich auch auf Facebook, Abenteuer Highlands hat dort eine eigene Seite. Oder@NellieMertheErkenbach
Bin derzeit wieder im Schwarzwald aber da scheint die Sonne.
Liebe Grüße auf die Isle of Skye, ich hoffe du hattest nicht zu viele Probleme mit dem Stromausfall
Hallo meine Liebe!, ich habe sicher schon kommentiert und bedanke mich jetzt fuer die aufklaerende Mail. Ich habe nun 2 Menschen in meinem Leben, die jung sind und MEIN Leben in die Tat umsetzen – ich war zu „dumm“ dazu – wollte PhotoJournalistin werden, hatte aber Eltern, die meinten, ein Maedchen braucht keine „hoehere Bildung“, sie wird heiraten und muss lieber kochen lernen. Ich versuchte es auf meine eigene Art und machte nach dem MittelschulAbschluss eine Verlagslehre, traf aber mit 20 DEN jungen Mann und dann ging’s leider so, wie das frueher ueblich war. Heirat, Kinder, bis ich vor ca. 40 Jahren endlich meinen Mann verliess, die Kinder allein auf den Weg brachte und IMMER SCHRIEB, sonst waere ich verrueckt geworden.
Vielleicht hast du ja mal Zeit – dann kannst du ueber mein turbulentes Leben auf „karin’s homepage“ etwas lesen, wo ich nur die Wunder beschreibe, die mir geschehen sind.
Bis dann – viele liebe Gruesse von karin x