Ich wache vor dem Wecker auf. OK, ich bin ehrlich, ich habe ganze drei Wecker gestellt. Das ist vielleicht etwas übertrieben, nimmt mir aber die Sorge, die mir sonst den Schlaf rauben würde, dass der Wecker nicht funktioniert.
Meine Eltern sind so lieb und bringen mich in der Früh an den Bahnhof, öffentliche Verkehrsmittel gibt es in meinem kleinen Schwarzwaldort nicht, mit denen ich zeitnah an den nächsten größeren Bahnhof komme und so kann ich wenigstens den Familienhund noch einmal knuddeln, bevor ich mich wieder für gut 2 Monate nach Schottland verabschiede. Ich habe mich an die Straße gestellt und ihnen ausufernd zugewunken, als sie den Bergb herauf kamen, damit sie mich auch sehen und nicht die Auffahrt zum Haus nehmen. Allerdings war das gar ihr Auto. Der Mann wird sich vermutlich zu Recht gefragt haben, warum ihm morgens um kurz nach 6 Uhr eine Frau mit Koffer so freudig entgegen fuchtelt. Peinlich das.
Es ist wenig los am Gleis und der erste ICE ist pünktlich, mit dem Comfort Check-in werde ich nicht einmal am Platz kontrolliert. Das ist wirklich sehr entspanntes Reisen mit Sicherheitsabstand. Jeder trägt Maske, ein Geschäftsmann mit überheblichem Blick trägt sie unter derm Kinn aber der ist wahrscheinlich schlauer als wir anderen.
Schwuppsdiwupps bin ich bei meinem ersten Umstieg angekommen, pünktlich und völlig ohne Stress. Und der nächste ICE wartet in der Tat schon ein paar Gleise weiter. Hach ist das entspannt!
Noch vor der Abfahrt kommt ein junger Mann in Klamotten der deutschen Bahn ins Abteil. Er trägt kurze Hosen und seine mageren Beine sind übersät von alten Einstichflecken. Frankfurter Drogenszene denke ich und gebe ihm die 2,70 €, die er für ein angebliches Ticket nach Irgendwo will. Ich schätze er ist vielmehr ein Kandidat für ein Ticket nach Nirgendwo aber ich will mir kein Urteil erlauben. Das Leben meint es nicht mit allen gut. Er bedankt sicherlich freundlich und verlässt den Zug. Immerhin hat er eine Maske getragen.
Auch in diesem ICE ist wenig los, die Toiletten sind sauber, es gibt Seife und Desinfektionsmittel. Inzwischen bin ich froh, dass ich (wenn auch gezwungenermaßen) keinen Mietwagen genommen habe. Die gespenstische Leere am Zwischenhalt Frankfurt Flughafen Fernbahnhof spricht Bände über die Anzahl der Flüge, die die Lufthansa derzeit anbietet.
Zweiter Wechsel dann in Utrecht. Alles sehr sauber hier in den Niederlanden. Ich komme auf Gleise 5 an und der Schnellzug zum Flughafen Schiphol fährt auf Gleise 7 ab. Also, schließen ich messerscharf muss ich auf einen anderen Bahnsteig.
Nicht in Holland, wie ich feststelle, da liegen Gleis 5 und 7 am selben Bahnsteig gegenüber. Also wieder zurück. Macht nix, so eine Rolltreppe ist auch was Schönes. Dafür hat der letzte Zug eine nette Sitzecke.
Ich bin 4 Stunden vor meinem Abflug am Flughafen und gehe gleich durch den Sicherheitscheck. Bei der Passkontrolle werde ich von einem gutaussehenden Zollbeamten gefragt, wohin es geht.
“Inverness”, sage ich.
Are you going home?
Ich zögere kurz bevor ich ihm antworte.
Yes, I am going home!
Montag: Über den Wolken