Die Krönung und der Stein

Die BBC hat im Vorfeld Dokumentationen, Filme, Fotos und Artikel über Artikel zur Krönung veröffentlicht. Infos zum offiziellen Gericht (Pie), zur Musik, der Kleidung, der Anzahl der Soldaten, wer an der Zeremonie teilnimmt und so weiter und so weiter. Auf Blogs, Vlogs und Social Media sehe ich unzählige Menschen viele Tage zuvor die Straßen in London säumen und Tee trinken, von überall weht der Union Jack.

Was mich als Wahlschottin aber interessiert, ist der Stein von Scone (sprich Skuhn). Zu dem schrieben die Kollegen der BBC in London Folgendes:

Der stone of destiny, der Stein des Schicksals oder der Bestimmung, kehrt zum ersten Mal seit mehr als einem Vierteljahrhundert nach England zurück, wo er unter strengen Sicherheitsvorkehrungen eine Schlüsselrolle bei der Krönung spielt. Im Edinburgh Castle fand am Donnerstag vor der Krönung eine besondere Zeremonie statt, um den legendären Stein zu feiern, der zu einem Symbol der schottischen Nation geworden ist, aber 700 Jahre lang in der Westminster Abbey untergebracht war.  Seine Reise nach Süden begann mit einer Prozession, angeführt vom Lord Lyon King of Arms, dem Vertreter des Monarchen in Schottland und von First Minister Humza Yousaf in seiner Eigenschaft als Hüter des Großen Siegels von Schottland.

Interessante Interpretation, denke ich. In Schottland sieht man das eher anders.

Der stone of destiny, der Stein des Schicksals, wird seit Jahrhunderten bei der Krönung von Monarchen und der Amtseinführung schottischer Könige verwendet. Traditionell reisten die Monarchen nach Scone, um dort gekrönt zu werden.

Die früheste Verwendung des Steins und wie und wann genau er zur Investition von Königinnen und Königen in Verbindung gebracht wurde, ist unbekannt. Unzweifelhaft aber ist, dass er stark mit dem Königtum und der Entstehung Schottlands als Nation in Verbindung steht. Der letzte schottische König, der in Scone auf dem Stein gekrönt wurde, war John Balliol im Jahr 1292. Danach beschlagnahmte ihn in der englische König Edward I von England und nahm ihn mit nach London als Kriegstrophäe und Zeichen über seine Herrschaft über Schottland.

Somit erneuert jeder englische König, der auf dem Stein gekrönt wird, seinen Anspruch auf Schottland. In London.

Aber was wäre ein bedeutender schottischer Krönungs-Stein, ohne ein paar abenteuerliche Geschichten, die sich um ihn ranken.

Am Weihnachtstag 1950 war er in einer rebellischen Nacht-und-Nebel-Aktion von den Studenten Ian Hamilton, Gavin Vernon, Kay Matheson und Alan Stuart aus der Abtei von Westminster entwendet und heimlich zurück nach Schottland und in die Abtei von Arbroath gebracht worden. Natürlich holte man ihn wieder nach London. Erst im November 1996 wurde der Stein nach siebenhundert Jahren offiziell an Schottland zurückgegeben.

Doch ist der Stein wirklich „der“ Stein? Viele glauben, dass es sich nur um eine Kopie handelte. Die Mönche in der Abtei von Scone sollen, so die Theorie, dem englischen Eroberer einen simplen Sandstein aus ihrem Steinbruch übergeben und den echten Stein des Schicksals, wahrscheinlich aus Basalt oder Marmor, versteckt haben. Leider auch unauffindbar versteckt, weil Edward I alle Mönche nach der Übergabe töten ließ. Ob er wusste, dass sein Stein eine Kopie war? War das der Grund für die totale Vernichtung aller möglichen Zeugen? Möglich aber zugegeben hätte er es nie.

Briefumschlag mit Krönungs-Stempel @nme Abenteuer Highlands

Apropos zugeben. Als Staatsanlass wird die Krönung von der britischen Regierung bezahlt. In der aktuellen Situation (nach Brexit und in der Lebenshaltungskostenkrise, der sogenannten cost of living crisis) unter Druck, wird erwartet, dass die Regierung die Zeremonie als wichtige diplomatische Gelegenheit nutzt, um das Vereinigte Königreich der Welt zu präsentieren. Der Betrag, den es die Regierung kosten wird, wird erst nach der Veranstaltung bekannt gegeben, heißt es bei der BBC.

Der Betrag, den es die Regierung kosten wird? Ich ersetze das Wort Regierung mit Steuerzahler. Die königliche Familie ist der größte Grundbesitzer der Welt und die Krönung zahlt das Volk?

Ich mag den Gedanken an Könige, an schottische Könige der Vergangenheit, wo das Sozialgefüge ein anderes war. Ich liebe Macbeth, nicht zuletzt wegen Shakespeares Drama. Ich bin fasziniert von William I und seiner Frau, von Alexander III, der auf dem Weg zu seiner jungen Frau in der Nacht mit dem Pferd von den Klippen stürzte, vom heldenhaften Robert, The Bruce und dem unglückllichen Charles. In diesem Falle Charles Edward Stuart, den zähle ich mal mit und natürlich von der tragischen Mary, Queen od Scots. Alles Königinnen und Könige Schottlands. Alle Geschichte.

Der Mann und ich werden jedenfalls keine Fähnchen schwingen oder gar Wimpel aufhängen. Und wenn ich mich hier bei den Nachbarn umschaue, sind wir nicht die einzigen, die so denken.

Und der Stone of Destiny?

Ich habe meine eigenen „Schicksalssteine“ am Strand, in den Bergen und Tälern. Auf die setze ich mich gerne mit einem Kaffee in der Hand, und schaue aufs Meer und in die Natur. Friedlich und kostengünstig. Glück und Frieden sind so viel mehr wert als eine Königskrone.

Alba gu bràth!

Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf!

Nach den ersten Erfahrungen mit den Highlands habe ich das erste Buch geschrieben: Abenteuer Highlands – mein etwas anderes Leben im schottischen Hochland. Damals noch ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es vielleicht mehrere geben könnte. 

Die Jahre gingen ins Land und die Abenteuer wurden nicht weniger. Deshalb, und weil ich immer wieder gefragt wurde, ob es nicht bald einen zweiten Teil von Abenteuer Highlands gäbe, habe ich ihn geschrieben. Abenteuer Highlands 2.0 – zwischen Schwarzwald und Schottland – alles, was ein Doppelleben in zwei Ländern aufregend und erzählenswert macht. 

Nun ist Abenteuer Highlands offiziell eine Serie und der nächste Band in Arbeit: Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf! Ende 2023 als Taschenbuch und eBook bei Amazon verfügbar. 

Nellie Merthe Erkenbach