Generationen schottischer Kinder wurden mit mehr oder weniger einem Gemüse gross. Die Erbse. Klein, grün, rund und aus der Dose. Und so gesund. Aus den Kindern werden ausschliesslich Erbsen essende Männer. Jegliches andere Grün wird nur mit grosser Vorsicht verzehrt. Brokkoli, Bohnen, Zuckerschoten, Fenchel, Zucchini, Gurke. Alles problemlos im Supermarkt erhältlich. Auch hier in den abgelegenen Highlands. Platziert Frau es aber zu Hause auf dem Teller, dann ist viel Überzeugungsarbeit nötig. Und Geduld.
Das unbekannte Grün wird zunächst misstrauisch beäugt. Dann wird mit der Gabel ganz vorsichtig geprüft, ob es sich noch bewegt. Tut es das nicht, wird es ein wenig auf dem Teller hin und her geschoben. In der stillen, fast schon verzweifelten Hoffnung es möge durch Reibung an der Telleroberfläche schrumpfen oder vielleicht sogar ganz verschwinden. Erweist sich das geheimnisvolle Grün als reibungsresistent, dann kommt die vorwurfsvolle Frage: Was ist das für ein grünes Zeug? Eine Frage, die ich unweigerlich mit einem Seufzen und dem Gemüsenamen beantworte. Ohne einen Funken Hoffnung, dass ich sie beim nächsten Mal nicht wieder gestellt bekomme.
Ich lerne also, kein unbekanntes Grün auf den Teller zu tun. Es wird nur ausgesprochen widerwilig und allenfalls in minimalen Dosen (es könnte da grün ja unreif und somit giftig sein) verzehrt. Erfolgversprechender ist entweder eine ganzflächig üppige Käsesossentarnung oder die Verwendung von andersfarbigem Gemüse.
Und da stehe ich dann vor dem Gemüseangebot im Supermarkt und schiebe die Unbekanten mit einer geistigen Gabel auf meinem imaginären Teller umher. Essen kann man das alles, es wird schließlich an der Gemüsetheke angeboten. Nur wie bereitet man diese unbekannte und nichtgrüne Grünzeug zu? Schälen? Teile rausschneiden? Den Strunk dran lassen? Kochen? Blanchieren? Anbraten?
Ich schiele rechts und links und sehe einen Einheimischen (leicht zu erkennen an den Gummistiefeln), der sich eine Packung von den hellen Rüben, die aussehen wie Meerrettich, schnappt. Aha, denke ich, Männergemüse! und schnappe mir auch ein Tütchen. Dazu noch so ein lilafarbenes rundes Ding. Farblich hübsch. Der Gedanke an Google gibt mir kulinarische Zuversicht. Das krieg ich schon irgendwie auf den Teller.
Die Rerche zu Hause ergibt Überaschendes: die weisse Rübe ist Pastinake. Eine Pflanze, die ich bisher nur vom Namen her kannte. Das Wort Pastinake fällt unweigerlich im Zusammenhang mit Biogemüse vom Bauernhof und dem Trend zu altem Gemüse. Wer seine Pullover selbst strickt, isst Pastinake glaube ich. Das lila Ding ist eine Steckrübe, für die Ähnliches gilt und die ich von zu Hause her als Futterrübe für Vieh zu kennen glaube. Kuhgemüse sozusagen.
Die Pastinake wird in den Highlands mit viel Honig und Zucker glasiert serviert, die Steckrüben, im Schottischen neeps, gehen eigentlich nur in Begleitung von Kartoffeln also tatties. Dazu sollte man gefüllten Schafsmagen also haggis anbieten.
Ich kapituliere, werfe alles Gemüse in einen Topf und koche es weich. Dann nehme ich den Pürierstab und mixed die Gemüsesuppe, die nun eine sanfte Grünfärbung hat. Wenn ich da genügend Wurst reinschneide, dann fällt das gar nicht auf. Und wenn er es nicht isst, dann hab ich im Zweifel immer eine Dose Erbsen im Küchenregal. Für Gemüsenotfälle.
Das ist Diplomatie.
Habe einiges verpasst und arbeite mich nun langsam vor.
LG
Birgit
Hallo Birgit,
ja, es hat sich viel getan, bin auch schon fast 7 Wochen hier. Heute Morgen noch war ich früher auf als du und habe zwei Delfinen beim schwimmen zugesehen… 🙂
LG aus dem schottischen Sommer
Stelle es mir gerade vor…
Hätte nicht gedacht, dass ich je traurig ich sein kann, mal nicht „in Urlaub“ fahren zu können, obwohl es hier gerade auch sehr schön ist.
LG