Der Mann und ich machen Sommerurlaub. Gerade bin ich von Deutschland gekommen, da reisen wir auch schon weiter. Unser Ziel: die Insel Lewis, die nördlichste Insel der Äußeren Hebriden.
Die Fähre führt uns auf die Insel Harris, der südliche Teil der Insel Lewis – ein Eiland (manchmal auch the Long Isle genannt) aber zwei Inseln. Das geht zurück auf die zwei unterschiedlichen Eigentümer vor langer Zeit und ist auf den ersten Blick ungewöhnlich. Es soll nicht das einzige bleiben, was anders ist auf Lewis.
Auf einer Fahrt durch halbdunkle Nachmittagstrübe und frischen 8° Celsius mag das richtige Sommergefühl zwar nicht aufkommen, die Urlaubsfreude aber wohl: Das Meer, die Strände, die Dramatik der Wolken!
Erste Schwierigkeiten haben wir beim Suchen der Ferienunterkunft. Die Beschreibung des Vermieters, die an der Buchungsbestätigung hing, führt uns unmittelbar auf den Flughafen. Wir sind uns einig, dass das nicht richtig sein kann. Also weitersuchen, prompt landen wir in der richtigen Straße, wie suchen aber eine Hausnummer, die deutlich niedriger ist als alle, die wir in der Straße finden können. Ich entdecke einen fleißigen Insulaner, der im kalten Sommerwind (geschätzt ca. 80 km/h) seinem Haus einen neuen Anstrich gibt.
„Feasgar math. Tha ceist agam.“ Guten Tag, ich habe eine Frage.
Natürlich packe ich mein Gälisch aus, wo, wenn nicht hier am äußeren Ende Schottlands, wo Gälisch tatsächlich für Viele noch die erste Sprache ist. Den Rest der Unterhaltung aber führen wir auf Deutsch, mein Gälisch ist noch nicht ganz so weit. Super nett die Menschen hier und sehr hilfsbereit. Stellt sich heraus, unser Ferienhaus liegt direkt an der Hauptstraße, obwohl die eigentlich anders heißt aber für einen Abschnitt eben nicht. Google hatte keine Ahnung.
Wir finden also das Haus und den Parkplatz und verstehen nach einer Weile auch, wie wir den Schlüssel aus dem Safe bekommen. Die Beschreibungen des Vermieters waren auch da etwas irreführend aber wie schaffen es, irgendwann.
Drinnen beginne ich gleich mit dem Auspacken, der Mann startet die Heizung. Im Eifer des Gefechts merken wir es zuerst nicht aber die Heizkörper werden einfach nicht warm. Also nochmal an den Regler, rumspielen, warten, verschiedene Knöpfe drücken – nichts. Niente. Nothing. Keine Heizung. Draußen sinkt die Temperatur in den einstelligen Bereich. Drinnen ist es nicht viel besser. Und die Heizung will einfach nicht anspringen. Ich überlege, den Ofen in der Küche anzumachen, entscheide mich dann aber für einen Telefonanruf bei unserem Vermieter.
Ja hallo. Hier ist Nellie. Wir sind ihre Mieter und wir bekommen die Heizung nicht zum laufen.
Es folgt eine längere und etwas komplizierte Erklärung. Ich habe Schwierigkeiten, ihn zu verstehen. Muss wohl am Hebridenakzent liegen. Ich berichte dem Mann von den Anweisungen des Vermieters. Er versucht es – immer noch keine Heizung. Der Schalter an der Wand scheint mir ein eher kompliziertes System zu sein. Heizung geht am besten für eine Stunde hatte der Vermieter erklärt. Nun aber geht nichts. Gar nichts. Nada. Niet. Der Mann meint die Heizung kriegt sich wieder ein. Wir gehen einfach essen und wenn wir zurück kommen ist es warm.
Nach einem wunderbaren Essen in Stornoway und für mich den größtenTeil einer Flasche Wein sind wir wieder zurück, die Heizung ist immer noch nicht an.
Ihr könnt mich jederzeit anrufen, wenn ihr ein Problem habt, hatte der Vermieter gesagt. Also rufe ich nochmal an, denn wir haben ja ein Problem.
„Ja, hallo. Hier ist nochmal Nellie. Die Heizung geht immer noch nicht.“
„Hbst er ppohbieert den Schaalter zu drüggen?“
So oder so ähnlich klingt es aus dem Handy. Ich stelle fest, das es nicht an meiner mangelnden Kenntnis des Inseldialekts liegt, dass ich ihn nicht verstehe, sondern an der Tatsache, dass er schlicht und einfach stockbetrunken ist.
„Äh ok,“ sage ich. „Das funktioniert aber nicht.“
„Okkeh.“ sagt er und murmelt weiter: „Isch ruhfe ein Tagsi und kohme vohrbei.“
Ich kichere fröhlich, weil es zwar frostig im Haus ist aber ich ja ebenfalls dem Wein schon kräftig zugesprochen habe. Der Mann holt nun mit dem Wein auf, der Kühlschrank funktioniert tadellos und unser Weißwein hat die perfekte Temperatur. Wir warten auf den Vermieter und sein Taxi. Und warten… und warten ..
Plötzlich klingelt mein Handy.
„Ahlloh. Wo bischd duh denn? Ich waarde.“
„Äh, ich reiche sie mal weiter.“ sage ich und gebe dem Mann mein Telefon. Er ist aus Glasgow und kennt sich deshalb aus mit den Folgen des Alkohols.Ich habe das Gefühl ich höre nur noch Quatsch.
Zwischen den beiden entwickelt sich ein interessantes Gespräch.
Mann: „Hallo. Alles klar?“
Vermieter: „Wahn koms duh denn ähndlich?
Mann: „Wollen sie, dass ich sie abhole?“
Vermieter: „Waaas? In welchem Zuschdand isch das Taxi?“
Mann: „In welchem Zustand ist das Taxi?“ Er macht eine Pause und denkt. „Außen dreckig innen sauber.“
Vermieter: „Verdammt n‘ mal. Das isch nu wirklich nicht wihtzig.“
Inzwischen finden der Mann und ich aber sehr wohl, dass diese Unterhaltung sogar sehr witzig ist. Ich muss mich vor lauter Lachen aufs Bett legen, Und auch der Mann lacht sich kaputt während er dem betrunkenen Vermieter am anderen Ende zu erklären versucht, dass er nicht das Taxiunternehmen ist und der Vermieter bei der falschen Nummer auf Rückruf gedrückt hat.
Kurz vor 23 Uhr taucht schließlich ein Taxi vor der Tür auf, der Vermieter schwankt heraus. Herzliche Begrüßung, der Versuch einer Erklärung und dann lachen wir alle drei. Der Vermieter checkt die Steuerungseinheit an der Wand, schnappt sich eine Leiter und versucht in den Speicher zu klettern. Ich machen mir Sorgen um sein Genick aber er schafft es unversehrt, von der Leiter wieder herunter zu kommen. Was genau er im Speicher gesucht hat, erschließt sich mir auch nicht aber egal.
Inzwischen habe ich mein Gälisch ausgepackt und wir sprechen. Funktioniert prima in dem Zustand. Am Ende schraubt er irgendetwas an Boiler und wwruumm, die Heizung funktioniert endlich.
Das Taxi hat geduldig gewartet, in welchem Zustand auch immer, der Vermieter verschwindet in die dunkle Nacht und wird sich am nächsten Morgen gefragt haben, was zum Teufel das gestern eigentlich war.
Der Man und ich lachen immer noch darüber. Es muss nur einer sagen „In welchem Zustand ist das Taxi?“ und schon kichern uns in einen Lachkrampf, der nur ganz schwer wieder zu stoppen ist.
Liebe Nellie
Herrlich, dass ist zum brüllen, und ich hatte schon Angst heute nicht lachen zu dürfen
Hier kommt ganz klar zum Vorschein:
Ich brauche keine Therapie, ich muss nur nach Schottland!!!😁😁😁😁
Dann fehlt mir nur noch die Adresse des Vermieters und ein Taxi 😎😎😉😉
Danke dir für meinen geretteten Sonntag
Ich wünsche euch einen wunderschönen Sonntag und liebe Grüße
Kar
Liebe Kar,
Vielen Dank für deine Zeilen!
Es war wirklich sehr lustig. Wir lachen heute noch darüber.
Dir auch einen wunderbaren Sonntag, liebe Grüße,
Nellie
Hallo Nellie,
Ich hatte schon Panik, dass du uns treue Leser heute vergessen hast.
Aber es ist eine wunderbare humorvolle Geschichte, die ich allmählich auch wieder genießen kann. (Die Rippen lassen ein dezentes Kichern zu – aber nächste Woche sollte es wieder ganz normal funktionieren).
Ich finde es einfach immer wieder schön, welchen Humor die Schotten haben. Das letztendlich auch aus nervigen Situationen (defekte Heizung) kein Drama gemacht wird.
Im Gegensatz zu nervigen Airbnb-Gästen aus England, die sich über das Wetter beklagen oder dass mein Cottage trotz Ankündigung keinen Fernseher hat. (Was soll man da den ganzen Tag machen falls es regnet? – Gibt es keine Regenschirme oder Regenklamotten in England???)
Ich war selbst vor zwei Jahren auf Lewis/Harris und ich muss sagen, die Landschaft war unvergleichlich. Die schönsten Strände, die ich je gesehen habe (angeblich wurden Fotos dieser sogar teilweise mal für einen Werbeprospekt für karibische Strände verwendet).
Leider hatte ich ein wenig Pech, weil es von den fünf Tagen so ziemlich vier Tage die meiste Zeit geregnet hatte. Und sogar mir wurde der Wind ein wenig zuviel. Aber trotzdem möchte ich noch mal dorthin.
So, ich wünsche dir nun einen wunderschönen geruhsamen Sonntag. Ich genieße derweil den Regen hier in München. Erinnert mich ein bisschen an mein Lieblingsland
Liebe Grüße
Andi
Lieber Andi,
Natürlich habe ich euch nicht vergessen! Obwohl ich mir sehr überlegt habe, ob ich das deinen Rippen antun kann. Aber es scheint ja gut gegangen zu sein. Schön zu hören, dass du auf dem Weg der Besserung bist.
Die Strände dort sind wirklich atemberaubend und das Wetter ist genau wie du beschrieben hast, manchmal zu windig. Wind strengt irgendwie ziemlich an. Liebe Grüße aus deinem Lieblingsland und noch einen schönen Sonntag,
Nellie
Hallo Nellie,
danke der Nachfrage. Ich soll ja meine Rippen auch schon ein bisschen trainieren (beziehungsweise den Brustkorb) und solche Geschichten sind natürlich ideal dafür geeignet. Da kann ich über die bisschen Schmerzen locker hinwegsehen.
Ich glaube auch mein Bedürfnis endlich wieder nach Schottland zu kommen beschleunigt die Heilung. Ich hoffe dass ich wirklich Ende August wieder soweit bin das ich rüber reisen kann. Und außerdem gibt es ja jemanden der unbedingt schaut man kennen lernen möchte, und ich glaube ich bin kein schlechter Reiseführer. Jetzt muss ich nur noch schauen wo überall Harry Potter gedreht wurde (ich gestehe, dass ich darüber überhaupt keine Ahnung habe – es stand nicht auf meinen literarischen Plänen…)
LG
Andi
Hallo Andi,
ich hoffe und drücke dir die Daumen, dass es im August klappt. Ich glaube ich habe einmal eine Karte gesehen, die alle Filmorte von Outlander und Harry Potter gezeigt hat. Das muss es bestimmt auch im Internet geben.
LGN