Im hinteren Teil des Gartens, ganz oben in der Nähe des Waldrands, ist im Sommer Morgens oft das Gras niedergedrückt. Als hätte ein Riese eine Picknick-Pause gemacht.
Die Rehe haben sich da eine Kuschelecke eingerichtet, wo sie auch schlafen. Morgens frühstücken sie dann im Garten, was man gerade frisch angepflanzt hat und ziehen sich wieder in die weiten, einsamen Hügel von Kintail zurück, bis die Dunkelheit anbricht.
Überhaupt macht der Sommer das Rotwild recht wagemutig. An heißen Tagen kann man sie baden sehen. Das Wasser willkommene Kühlung und Flucht zugleich. Die „midges“, die winzigen, in den Wahnsinn treibenden Mücken, sind überall.
Auch im Winter kommen das Rotwild gerne in die Gärten. Ihre Spuren im Schnee verraten sie. Der Hunger treibt sie sogar bis zum Vogelfutter, ganz nah am Haus. Die kahlen Hügel im Hochland bieten jetzt keine Nahrung mehr. Wenn ein ausgewachsener Hirsch direkt vor einem steht, wenn man die Haustür öffnet, dann kann das einem schon einen ziemlichen Schrecken einjagen. Ein riesiges Tier mit spitzen Geweih vor einem. Das ist dann ein gefühlter Elch.
Kein Wunder nennt man den Hirsch auch „Monarch of the Glen“, den Herrscher des Tals.
Kürzlich wurde in der Nähe sogar eine Touristin von einem Hirsch angegriffen. Der war auf einem Gartengrundstück in die Falle gelaufen und der gefährlichen Enge blindlings und pnaisch am einzigen Ausweg, dem Gartentor, entflohen. Da aber stand die Frau und plauderte mit Freunden, die mit ihr Urlaub machten. Der Hirsch trampelte sie nieder und verletzte sie mit seinem Geweih. Sie hatte tiefe Fleischwunden im Hals und eine Wirbelsäulenverletzung. Sie musste ernsthaft verletzt nach Glasgow ins Krankenhaus geflogen werden.
In der Regel ist Rotwild scheu und vorsichtig. Manchmal sieht man Herden über die Berge ziehen. Man muss genau hinsehen, aus der Ferne verchmelzen sie mit der braunen Heide. Nur Bewegung oder Grasflächen machen sie sichtbar.
Etwa 300.000 Hirsche und Rehe gibt es in Schottland. Und wenn im Herbst die Brunftschreie der Hirsche durchs Tal hallen, hört man förmlich die Einsamkeit der Berge. Bis der Magen knurrt und man sich verstohlen Gedanken über Reh in Rotweinsauce macht.