Nach Tagen des Sturms, den Stromausfällen und des Schneetreibens ist nun kalter, klarer Winter in den Highlands. Die tief stehende Sonne brennt die letzten Farben der Natur aus. Das Wiesenbraun hebt sich von den weißen Gipfeln ab wie alte Tage von neuen Kalendern.
Nur das Wasser wehrt sich. Kann Meer so blau sein?
Zeit zum wandern.
Ich denke und plane und bleibe ungefähr auf Meereshöhe. Zum einen, weil ich noch nie Eisklettern war, zum anderen weil jeden Tag Meldungen von Rettungsaktionen in den Bergen durch die Nachrichten geistern. Gespickt mit Warnungen vor Lawinen und weiteren unangenehmen Wintererscheinungen.
Weil ich lieber nicht in den Nachrichten auftauchen möchte (als Journalistin weiß ich ziemlich genau warum), mache ich also eine Wanderung ohne Berge, da braucht man schon das ganze Survival Equipment nicht mitnehmen.
Außerdem: Das Schöne an den Highlands und der Westküste Schottlands ist: großartiges Panorama gibt es hier auch auf Meereshöhe, ganz „safe“ und ohne Überraschungen.
Ohne Überraschungen? Von wegen!
Hier gibt es immer Überraschungen.
Ich wandere also so vor mich hin, es hat -4° und kein Wind stört das Wohlempfinden. Die Gier nach Sonne ist schier überwältigend und jeder Schritt ist Freude an der Natur. Vor mir das Meer und die großen und kleinen Inseln im Westen.
Und dann plötzlich, inmitten des Nichts aus trockenem Farn und entlaubten Bäumen ein Bahnhof.
Ein Schild, ein Gleis ein Bahnübergang und ein Telefon.
Aha.
Wofür ist das Telefon?
Ein Geräusch kündigt mir eine mögliche Antwort an. Das Postauto. Ich versuche zu erspähen, ob das unser John ist. Ist es aber nicht. Das ist Alastair, den ich noch nie in meinem Leben gesehen habe, der aber ganz genau weiß, wo ich wohne. Natürlich! Ich bin 45 Auto-Minuten von zu Hause entfernt.
Ich frage nach dem Telefon.
Damit ruft man in Inverness an, erklärt mir der Postler, der sich auskennt. Das muß man machen, bevor man die Gleise mit einem Auto oder mit Tieren überquert. Fußgänger können so rüber, sollen aber genau schauen, ob nicht ein Zug kommt.
Es kommt keiner. Kein Zug, keine Menschen. Auch nicht auf dem „Bahnsteig“. Ich würde so gerne dieses Telefon ausprobieren.
Ich schaue akribisch und überquere sicher, ohne telefoniert zu haben, so zu Fuß und ohne Tiere ist das Leben dann doch nicht so spannend. Ich überlege…..
Wo nehme ich Tiere zum überqueren her???
Jetzt ist mir klar, warum man in den Highlands nie ohne Seil wandern gehen sollte. Bisher dachte ich immer, das braucht man nur in den Bergen.
Jetzt aber weiß ich, wenn man mal telefonieren will (und deshalb Tiere dabei haben muß), dann wäre ein Seil auch bei Wanderungen in der Ebene ganz praktisch.
Hier geht es übrigens zur Wanderung: http://www.walkhighlands.co.uk/kintail/Duirinish.shtml